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- 10634

❖ Herbst ❖

Der Herbst ist da. Der Sommerdreck
Weicht anderem naffen Schweinewetter.
Das Sterben scheint des Lebens Zweck.
Es fallen (bunt" und weiße) Blätter.

Der Sommer brachte viel Beschwerde,
Weil er mit Sonnenschein gegeizt.

Doch dann hat Mars der alten Erde
Fest eingeheizt...

Der Herbst ist da. In wildem Zorn
Zerzaust der Sturm die armen Bäume.
Nur Lorbeer grünt am Goldnen Horn,
Sonst wachsen nur — Erob'rungsträume.
Der Kriegstrompete Ruhmgetöse
Der Menschheit Ohren wild umgellt.
Mars steckt sein Schwert in das Gekröse
Der armen Welt.

Der Herbst ist da. Die Ernte ruht
In großen wohlgefüllten Speichern;

Es ist der Allgemeinheit Gut
And wird nur Wenige bereichern.

Indes in alter Hungerplage
Wir frieren am erloschnen Herd.

Rings klingt" s wie Surren alle Tage:
Mars schleift sein Schwert.

Der Herbst ist da. Die Frucht ward reis
Der Politik von Blut und Eisen.

Du einig Arbeitsvolk, begreif
Die Zeit, dich selber zu erweisen!

Wie sie den Weg zurHöh" verrammeln,—
Bleib fest! Dann ist die Ernte nah".
Bald gilt es, Früchte einzusammeln:

Der Herbst ist da! Der Wahre Jacob

Beim Lolzhacker von Doorn

Ein naher Verwandter machte dem Exkaiser
Borwürfe wegen seiner Wiederverheitratung-
„Was willst du," verteidigte sich Wilhelm. „Der
Mensch nmß seine Unterhaltung haben. Am
Tage geht es ja, aber in der Nacht, in der
Nacht kann man doch nicht Holz hacken!"

Maro

Kriegserinnerungen

Wo alles schreibt, kann Eitel Fritz nicht
schweigen. In einem „Erinnerungsblatt" sagt
er unter anderem: „Während das Artillerie-
feuer ohrenbetäubend raste und gelbgrüne eng-
lische Lyddit-Granaten vor und hinter dem
Graben einschlugen, große Sandfontänen zum
Himmel aufwerfend, standen die Leute, gemäch-
lich die Pfeife rauchend, auf dem Grabenrand!
Sie rollten ihre Mäntel, schliffen die Seiten-
gewehre und prüften, ob die Dinger für den
kommenden Nahkampf auch fest auf der Knarre
säßen,..." So sehen Heldenaugen! So schrei-
ben Prinzen, die bekanntlich geborene Helden
sind, und darum die Feder mit derselben eher-
nen Unerschrockenheit führen wie das Schwert.
Sie können nicht anders: die Kühnheit liegt
ihnen im Blute sowohl wie in der Tinte.
Darum hätte unter ihrer Führung eigentlich
alles ganz anders kommen müssen. Dennoch
haben einige Leute die Nerven und andere
das Leben verloren. Die kaltblütigen Prinzen
standen als Letzte auf dem Grabenrand, roll-
ten ihre Mäntel — und blieben uns erhalten.

i>.

Schon wieder eine Verfehlung!

Ein des Deutschen nur unvollkommen mäch-
tiger französischer Berichterstatter hört im
Kaffeehaus, wie ein Deutscher einem Bekannten
erzählt, der General Soundso sei nun auch
zur großen Armee abgegangen.

Hochbefriedigt notiert sich der Gallier für
sein Blatt, er habe soeben in Erfahrung ge-
bracht, daß in Deutschland eine geheime
große Revanche-Armee existiere.

Die kommende Mode

Meister Zwirn: Na, lassen Sie sich ooch
mal wieder sehn?

Kunde: Schlechte Zeiten, Meister.

Zwirn: Die Zeiten sind jut.

Kunde (packt ein Paket aus): Ich habe hier
zwei alte Anzüge von ziemlich gleicher Farbe.
Etwas ramponiert. Läßt sich daraus vielleicht
ein neuer zusammenstoppeln?

Zwirn: Ick stoppele überhaupt nich.

Kunde: Bitt' um Entschuldigung... Also ...

Zwirn: Jeb'n Se mal her. (Hält die Klei-
dungsstiicke gegen das Licht.) Det nennt man trans-
parent, versteh'n Se? Bei dem eenen scheint
det Licht durch, und der andere hält ooch nich
dicht.

K un d e: Wenn man beide zusammenlegte...?

Zwirn: Ooch ne Idee. Jloben Se denn,
wenn zwei Scheiben Schweizerkäse uff'nander-

Kegelbruders Leimkehr

kommen, die Ham keene Löcher mehr? (Wirst
die Anzüge verächtlich zurück.) Nich zu machen,
mein Lieber.

Frau Zwirn: Mit so was befassen wir
uns überhaupt nich mehr. (Tritt heftig die Ma-
schine.) Wo die Butter hundert Dhaler kost' und
der Schweinebauch uff 'n Blitzableiter klettert
und —

Zwirn (versöhnlich zum Kunden): Lassen Se
sich man ruhig 'n neuen anmessen.

Kunde: Hm. Kostenpunkt?

Zwirn: Dreißigtausend.

Kunde (mit vorguellenden Augen): He?

Zwirn: Dreißigtausend — der billigste.

Kunde (fällt in Ohnmacht).

Frau Zwirn: Siehste! Das ist deine noble
Kundschaft von früher!

Zwirn (ist vom Tisch gesprungen): Bring lieber
'n Jlas Wasser . . . Also, mein oller Freund,
weil Sie et sind: fünf Prozent Rabatt! Hören
Se nich? Ick jede Ihnen fünf —

Frau Zwirn (mit Wasser): Du kommst im
Leben zu nischt.

Kunde (ermuntert sich allmählich): Was halten
Sie von der Nacktmode, Frau Zwirn?

Frau Zwirn: Mit solche unmoralischen
Sachen befaß ick mir nich. Pfui Deibel!

Kunde: Machen Sie mir nur aus den alten
Anzügen lauter Badehosen, Meister Zwirn.

Frau Zwirn: Det tuste nich!

Zwirn: Badehosen mach ick keene, und
durchbrochene schon jar nich!

Kunde (packt seine Sachen zusammen): Dann
muß ich es wo anders versuchen. (Mit erhabener
Stimme.) Die Zeit der Schneider ist vorbei!
Wir werden nackt gehen, Meister Zwirn! Wie
Adam und Eva im Paradiese. Das soll die
neueste Mode werden, und ich will ihr Pro-
phet sein!

Zwirn: Ich jede Ihnen zehn Prozent!

Kunde: Und wenn Sie mir hundert bieten
— Schluß damit! Ich gehe nackt! (Ab.)

Zwirn (besorgt): Wat meenste dazu?

Frau Zwirn: In der Republik is allens
müchlich. Aber vielleicht kommt Willem wie-
der. Der leid't det nich. -g-
 
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