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https://doi.org/10.11588/diglit.8262#0261
Beilage zum wahren Jacob
Nummer 946 Stuttgart, 3. November !922 39. Jahrgang
Zwei Jubiläen
Vor vierhundert Jahren entdeckte MaMhaens den Weg um die Erde.
Vor vier Jahren entdeckte Wilhelm den Weg nach toolland.
Europa
Von Max Barthel
Europa, alte Mutter und Amme der neuen Welt,
Milch von deinen Brüsten haben wir alle ge-
trunken,
Australien ist in deinem Schosse versunken,
Das schwarze Afrika hast du erhellt.
Indianer und Neger, die Leute von Seeland,
Der Mongole, dem sibirischen Schneeland,
Lappen, Kirgisen, Polynesier, Kabylen
Vor deiner Macht in die Knie fielen.
Europa, jahrtausendalte heilige Flamme,
Grosse Mutter, Säugerin, Amme.
Kind, genährt an reiferen Brüsten,
Schönheit umspülte Afrikas Küsten,
Indische Weisheit, ägyptische Kunst.
Griechenlands Götter lächelten Gunst.
Was du empfangen, hast du gegeben,
Stürmisch gegeben, dass die Erdfesten beben,
Assyrien zerfiel, Ägypten verging,
Rom die Krone des Lebens empfing,
Um sie mit Adlern und erznen Kohorten
Nach Frankreich zu tragen, nach Deutschlands
Norden,
Das Zinn aus Englands Erde entriss,
Den Bernstein holte aus Finsternis,
Die Völker aufwühlte wie Bernstein und Zinn,
Nach dem Lorbeer, den Göttern, der Sonne hin.
Da sind die Barbaren mit ihren Schildern
Zu Sonne und Lorbeer und Götterbildern
Die steilen Alpen hinabgefahren,
Sahen die Götter dje Sonne, den Lorbeer und
haben empört,
Barbarische Heiden, die Tempel zerstört,
Die Gärten geplündert, verwüstet, beraubt,
Die Seelen bestaubt.
Frassen sich voll in Rom wie die Schweine,
Schissen auf Götter und Sonne und Lorbeer-
Den besudelten Kranz [haine.
Heb aus dem Staub Byzanz.
Was ist die Weisheit, die in sich ruht?
Das Blut, das nicht durchs Herz geht, ist kein
Rom zerfiel in tausend Scherben, [Blut.
Aber sein Sterben war kein Sterben.
Rom ist das Leben, unendlich verjüngt.
Mit seinen Soldaten wurde das wüste Europa
gedüngt.
Rom und seinen fliegenden Adlern gebührt der
Ruhm
Und nicht dem Kreuz und dem Christentum.
Hier ist Erkenntnis, dort ist Lüge.
Klirrende Zeit der Kreuzfahrerzüge.
Die grüne Fahne von Mohammed
Über Sizilien weht, wird zertreten, vergeht.
Mit Morgensternen fleht in dieser Zeit zu Gott
das Gebet.
Die Völker, wandernde Büffelherden, sind zahm,
Priester und Pfaffen scheren sie ohne Scham.
Irgendwann wird der Seeweg nach Indien ent-
deckt,
Kolumbus findet Amerika, wird in Ketten ge-
worfen, verreckt.
Giordano Bruno ist in verzehrender Flamme
unsterblich geworden,
Der heilige Franz gründet den Bettlerorden.
Hus wird gerichtet. Die Hussiten marschieren.
Luther verrät die Bauern, die sich verbünden
Und die Schlösser der Ritter und Herren an-
zünden
Und Schlachten gewinnen, ehe sie die Schlacht
verlieren.
Europa, du Grab, das in Blut und Tränen
schwimmt,
Europa, Wiege der Welt, darin ein Held sein
Jauchzen anstimmt.
Kreuzspinne, verfluchte, die die Welt umnetzt
Und alle Schätze an sich fetzt.
Wenn deine Schiffe nach Indien fahren,
Die Räuberschiffe mit wüsten Soldaten,
Kanonen, Branntwein, Mönchen, Prälaten,
Fliehen die sanften und wilden Völker entsetzt.
Dein Gott ist das Gold,
Es hat alle anderen Götter ahgesetzt.
Nummer 946 Stuttgart, 3. November !922 39. Jahrgang
Zwei Jubiläen
Vor vierhundert Jahren entdeckte MaMhaens den Weg um die Erde.
Vor vier Jahren entdeckte Wilhelm den Weg nach toolland.
Europa
Von Max Barthel
Europa, alte Mutter und Amme der neuen Welt,
Milch von deinen Brüsten haben wir alle ge-
trunken,
Australien ist in deinem Schosse versunken,
Das schwarze Afrika hast du erhellt.
Indianer und Neger, die Leute von Seeland,
Der Mongole, dem sibirischen Schneeland,
Lappen, Kirgisen, Polynesier, Kabylen
Vor deiner Macht in die Knie fielen.
Europa, jahrtausendalte heilige Flamme,
Grosse Mutter, Säugerin, Amme.
Kind, genährt an reiferen Brüsten,
Schönheit umspülte Afrikas Küsten,
Indische Weisheit, ägyptische Kunst.
Griechenlands Götter lächelten Gunst.
Was du empfangen, hast du gegeben,
Stürmisch gegeben, dass die Erdfesten beben,
Assyrien zerfiel, Ägypten verging,
Rom die Krone des Lebens empfing,
Um sie mit Adlern und erznen Kohorten
Nach Frankreich zu tragen, nach Deutschlands
Norden,
Das Zinn aus Englands Erde entriss,
Den Bernstein holte aus Finsternis,
Die Völker aufwühlte wie Bernstein und Zinn,
Nach dem Lorbeer, den Göttern, der Sonne hin.
Da sind die Barbaren mit ihren Schildern
Zu Sonne und Lorbeer und Götterbildern
Die steilen Alpen hinabgefahren,
Sahen die Götter dje Sonne, den Lorbeer und
haben empört,
Barbarische Heiden, die Tempel zerstört,
Die Gärten geplündert, verwüstet, beraubt,
Die Seelen bestaubt.
Frassen sich voll in Rom wie die Schweine,
Schissen auf Götter und Sonne und Lorbeer-
Den besudelten Kranz [haine.
Heb aus dem Staub Byzanz.
Was ist die Weisheit, die in sich ruht?
Das Blut, das nicht durchs Herz geht, ist kein
Rom zerfiel in tausend Scherben, [Blut.
Aber sein Sterben war kein Sterben.
Rom ist das Leben, unendlich verjüngt.
Mit seinen Soldaten wurde das wüste Europa
gedüngt.
Rom und seinen fliegenden Adlern gebührt der
Ruhm
Und nicht dem Kreuz und dem Christentum.
Hier ist Erkenntnis, dort ist Lüge.
Klirrende Zeit der Kreuzfahrerzüge.
Die grüne Fahne von Mohammed
Über Sizilien weht, wird zertreten, vergeht.
Mit Morgensternen fleht in dieser Zeit zu Gott
das Gebet.
Die Völker, wandernde Büffelherden, sind zahm,
Priester und Pfaffen scheren sie ohne Scham.
Irgendwann wird der Seeweg nach Indien ent-
deckt,
Kolumbus findet Amerika, wird in Ketten ge-
worfen, verreckt.
Giordano Bruno ist in verzehrender Flamme
unsterblich geworden,
Der heilige Franz gründet den Bettlerorden.
Hus wird gerichtet. Die Hussiten marschieren.
Luther verrät die Bauern, die sich verbünden
Und die Schlösser der Ritter und Herren an-
zünden
Und Schlachten gewinnen, ehe sie die Schlacht
verlieren.
Europa, du Grab, das in Blut und Tränen
schwimmt,
Europa, Wiege der Welt, darin ein Held sein
Jauchzen anstimmt.
Kreuzspinne, verfluchte, die die Welt umnetzt
Und alle Schätze an sich fetzt.
Wenn deine Schiffe nach Indien fahren,
Die Räuberschiffe mit wüsten Soldaten,
Kanonen, Branntwein, Mönchen, Prälaten,
Fliehen die sanften und wilden Völker entsetzt.
Dein Gott ist das Gold,
Es hat alle anderen Götter ahgesetzt.