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10665

Das politische Übergewicht

Die Deutsche Volkspartei hat
auf ihrer letzten Konferenz in
Breslau eine engere Zusammen-
arbeit der bürgerlichen Parteien
angeregt, „um gegenüber dem
verstärkten sozialdemokratischen
Einfluß das Gleichgewicht der
Kräfte herzustellen".

Wenn ein Politiker „Gleich-
gewicht" sagt, so meint er natür-
lich Übergewicht. Dies zahlen-
mäßig aufzubringen, ist aussichts-
los. Das weiß Herr Stresemann.

Es geistig zu erobern, ist schon
deshalb unmöglich, weil die
volksparteilichen Gehirnkästen
nicht aus der industriellen Pro-
fitmaschinerie entfernt werden
können, ohne die Dividende zu
drücken.

Bleibt nur noch ein Weg: den
politischen Einfluß nach dem phy-
sischen Bruttogewicht zu vertei-
len. Darum bereitet die Deutsche
Bolkspartei einen neuen Wahl-
gesetzentwurf vor:

§ 1. Alle Wahlen zu politi-
schen Körperschaften finden nach
Gewicht statt.

§ 2. Wahlberechtigt sind alle
Deutschen, die wenigstens 150
Pfund wiegen. (Mindergewich-
tige haben keine Stimme.)

§ 8. Für je 25 Pfund Mehrgewicht erhält
der Wahlberechtigte eine weitere Stimme. An-
gefangene Viertelzentner gelten als voll.

ß 4. Wählbar zu Abgeordneten sind nur
Deutsche, die nicht unter zwei Zentner wiegen.
Pelze, Orden und Aktien werden mitgewogen.

tz 5. Geldschränke allein sind nicht wählbar.

Gegen den letzten Paragraph wird heftig
opponiert. Herr Stresemann ist jedoch mit Ent-
schiedenheit dafür, daß die Deutsche Bolkspartei
ihre liberale Grundtendenz aufrecht erhalte.

Das empfohlene System wird selbstverständ-
lich auch auf die Abstimmungen in den Parla-
menten übertragen. So soll zum Beispiel in
den Reichstag eine große Wage mit einer Ja-
und einer Neinschale eingebaut werden. Statt
des bisherigen sogenannten „Hammelsprungs"
findet dann ein Hammelwiegen statt.

Daß die Deutsche Volkspartei auf diese Weise
endlich das politische Übergewicht erlangt, daran
zweifelt sie nicht. Wir auch nicht. i>.

Das Tischgebet

„Wird bei Ihne» auch bei Tisch gebetet, liebe Frau?"

„Jawohl, Lerr Pastor. Erst heute beim Mittag sagte mein Mann:
Lieber Iott, is das wieder een Schlangenfraß!"

Der Berliner Gotteslästerungsprozeß

Einstein (bitte, nicht der relative.

Aber auch so einer, des Motive
Jeder Pfaff perhorresziert)

Lat das Christusbild der werten Schieber
And das Lerzeken auch der Gebrüder
Piefke stark ironisiert.

Aus des Schiebers Evangelienglauben
Sollst du keine faulen Witze klauben.
Dulde, leide, schweige halt!

Ditto über PiefkeS Gottesminne
Äußre dich in eben diesem Sinne,

Denn es wacht der Staatsanwalt!

Ach, ja ja, man möckt' auf Bäume reisen.
Wenn Berliner Schöffen Gott beweisen
And ins Lirn dir die Beweise bleun!
Teuer zwar natürlich find die Tage,

Aber amüsant auch ohne Frage-

Lasset drum der Republik uns freun! w.

Aus tiefer Not. ..

Ein Pfarrer kl»gte über seine
Not. Die Teuerungszulagen seien
zu gering. Außerdem stehe im
Hintergründe drohend die Tren-
nung v on Kirche und Staat. Dann
werde der Psörrerstand gänzlich
im Elend versinken.

So jammerte der Pfarrer.
Plötzlich meinte einer der Um-
stehenden: „Ja, Herr Pfarrer,
weshalb wenden Sie sich nicht
an Gott?"

Der Geistliche lenkte das Ge-
spräch sofort auf ein anderes
Thema.

Katzenjammer

In Amerika werden immer
wieder große Mengen beschlag-
nahmten Alkohols, die in Spa-
zierstöcken , Fahrradschläuchen
und Füllfederhaltern über die
Grenze wollten, ins Meer ge-
gossen.

Der Atlantische Ozean ent-
. spricht in seiner Zusammenset-
zung schon ungefähr dem deut-
schen Monopolschnaps. Der ge-
samte Fischbestand ist alkoholisch
verseucht, und aufmerksame For-
scher wollen turbulente Fami-
lienszenen unterm Wasserspiegel
beobachtet haben.

Eine allgemeine Degeneration wird befürch-
tet. Nur die Walfische entwickeln sich gut, weil
sie immer im Tran sind.

Die deutschen Agrarier denken mit Schrek-
ken daran, daß die alkoholischen Golfströme
bis in die Ostsee Vordringen könnten. Sobald
sie erst Pommerns Küsten bespülen, ist's mit
der Fuselbrennerei Essig, und das Korn wird
womöglich im Brot verbacken!

Vorläufig hat die Flut erst das Tyrrhenische
Meer erreicht.

Die Folgen machen sich bereits bemerkbar.
Den Fischen ist spottschlecht geworden. Der
katzenjämmerliche Abfall ist in die Meeres-
tiefe gesunken — und der Vulkan Stromboli
fängt heftig an zu spucken. Die Umwohner
flüchten.

Das graue Elend ist auf dem Marsche. Der
Katzenjannner wird zur internationaten Ein-
richtung.

Lloyd Georges Sturz von der Entenlebrücke

And schon ist er auf der Brücke — Kracks! Die Brücke bricht in Stücke
 
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