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- . 1069 !

•so Weihnacht 1922

Morgen, Rinder, wird's was geben.
Morgen werden wir uns frenn.
welche Wonne, welches Leben
wird im deutschen Hause sein!
harding kommt als Weihnachtsmann
Mit 'nem Zack voll Gaben an.

Und er läßt sich mal nid)t lumpen
will dem Michel kräftig pumpen.

Morgen, Rinder, wird's was geben:
Morgen unterm Weibnachtsbaum
wird Mariannes Zinn umschweben
Christlich frommer friedenstraum.
Schnell ergreift sie Michels Hand,
Heide eint des Friedens 6and,
friede kommt auf Erden allen
Und der Welt ein Wohlgefallen.

Morgen, Rinder, wird's was geben:
Morgen, wenn der Pfarrer spricht,
packt die Wucherer ein heben
vor dem göttlichen Gericht.

Sie verrichten frommen Sinns
Huf den Sold des vlutgewinns.

Und Ke werden fid) nun schämen,

Don den Hrmften Zins zu nehmen.

Morgen, Rinder, wird's das geben —
Morgen, aber nur nicht heut!
heute herrscht der Mammon eben
Trotz dem frömmelnden Geläut.

Die Gewalt fitzt auf dem Thron
Und verlacht den Menschensohn,
his die Völker sich bereiten
Selbst die rechten „Weihezeiten"!

Weihnachtswmrsch

„Wir wollten ja auf den Weihnachtsbesnch
von Königen aus dein Morgenlande gern ver-
zichten, wenn nur ein Onkel aus dem Dollar-
lande auf Besuch käme!"

Gedanken über das Kabinett Cuno

Herr Cuno, hat man uns gesagt, hat die
eigentlichen Köpfe deutscher Wirtschaft zusam-
mengeholt — jetzt weiß n>an also endlich, wer
die Spezialtechniker der Pleite sind!

Die „Deutsche Zeitung" pries das blaue Auge
des Herrn Cnno. Das war aber vor der Affäre
Müller-Köln.

Es ist ein Kabinett ohne Arbeiter — man
mcrkt's.

Der kommende Winter, so erklärte Herr Cuno
in seiner Antrittsrede, wird Not und Verbit-
terung im deutschen Volke steigern. Diesmal
durfte dem Prophet im eigenen Lande geglaubt
werden.

Wie denken Sie
über Ehrhardts Verhaftting?

Sine Umfrage

Ehrhardt Ivird zwar verschiviegen sein, aber
ich habe mir auf alle Fälle doch die neuesten
schwedischen Kursbücher kommen lassen.

Erich Lindström-Ludendorff.

Gott sei Dank, daß ich die Konkurrenz los-
geworden bin! Hitler.

Erprobter Putschist verloren gegangen. Wie-
derbringer erhält hohe Belohnung.

Deutschvölkisches Aktions-Komitee.

Also selbst in Bayern ist man nicht mehr
sicher. Schöne Verhältnisse das! Tillessen.

Man hat unfern Ehrhardt aufgehoben. Aber
aufgehoben ist in diesem Fall nur aufgeschoben
— wir werden dafür sorgen, daß die Bäume
an der Pleiße nicht in den Himmel wachsen.

Lüttwitz.

Er war auf alles gefaßt, nur nicht darauf,
daß er — gefaßt würde. Der Wahre Jacob.

Weihnachtsmotette 1922

Siehe, Ich verkündige euch große Freude, die allem
Volke widerfahren soll.

Dir, Hausvater, denn deine Brieftasche
wird sein wie eine leere Tüte;

Dir, Hausmutter, du wirst die einzige
sein, die beim Ruprecht durchfällt;

Dir, Nachbar, denn die Straßenbahn wird
wieder aufschlagen zur fröhlichen, seligen Weih-
nachtszeit;

Dir, verlobtes Paar, denn der Christ-
baum, unter dem du dir die Hände zum Lebens-
bunde reichst, ist teurer als einstmals eine ganze
Ausstattung;

Dir, alter Dorfkantor, denn die Stiefel-
sohlen, mit denen du die Orgespedale zur Ehre
des Höchsten trittst, kosten 1500 Mark. A. Venter

Verpfuschtes Fest

Staatsanwalt: „Die ganze Weihnachtslaune ist
mir verdorben: Drei Angellagte, die ich verknacken
wollte, sind sreigesprochen worden."?

Clemenceau in Amerika

Onkel Sam: Ha, ein Tiger!

Tiger: Erschrick nicht, lieber Onkel, ich tue
dir nichts.

Onkel Sam: Was willst du hier?

Tiger: Brüllen. Nur ein wenig brüllen,
lieber Onkel.

Onkel Sam: Wen willst du bebrüllen?

Tiger: Ich will Germania bebrüllen, das
gefährliche Weib. Ich will sie so bebrüllen, daß
alle Welt vor ihr zittert. Sie ist eine blut-
gierige Tigerin.

Onkel Sam: Ich denke doch, du bist ein
Tiger.

Tiger (bescheiden): Ach nein, ich bin kein
Tiger. Ich tne nur manchmal so. Wisse, daß
ich Clemenceau, ein harmloses gallisches Huhn
bin. lEr weint.) Die Tigerin Germania stellt
mir nach; sie will mich fressen. Sie will alle
Welt fressen, lieber Onkel; auch aus dir will
sie Hackepeter machen. Darum brülle ich. (Er
brüllt.)

Onkel Sam: Goddam, ein Huhn, das brüllt
. . . Zeig mal deine Pfoten!

Tiger (versteckt sie): Ich habe reine Hände.
Nur Germania, die Tigerin - (er brüllt, daß
ganz Amerika zittert).

Onkel Sam (hält sich die Ohren zu): Wir
wissen schon. . . Zeig deine Pfoten!

Tiger: Schau Germania an (brüllt furchtbar).

Onkel Sam: Wenn dir an meiner Freund-
schaft etwas gelegen ist, mußt du mir die Hand
reichen.

Tiger (tut es): Mit Freuden, mein lieber
Onkel!

Onkel Sam (hält die Hand fest): Doch eine
Tigerpfote! Schöne Krallen hast du, mein Lie
ber, verfluchte Krallen, die schon viel zu lang
sind. (Ruft nach einer Schere.)

Tiger: Germania — (brüllt).

Onkel Sam (gibt ihm eine gewaltige Ohrfeige):
Willst du das Maul halten! Führe dich an-
ständig in meinem Hause auf oder — (zwei
Männer mit einer großen Schere treten ein) —
schafft ihn sofort in den Zoologischen Garten,
Gentlemen! Pa»
 
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