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10701

Maria und das Kind

Eine Legende von Ernst Preczang

Mutter Maria ging ungekannt
Im Winter über das harte Land.

Sie war vom Himmel heruntergefahren,

Um ein Kind, das in sterbenden Armen lag,
Vor Hunger und frühem Tod zu bewahren.
Nun schritt sie rüstig hinein in den Tag,

Vor Häusern und Höfen, vor Ställen und Hütten
Heimstatt für das einsame Kind zu erbitten,
Das still in ihrem Brusttuch schlief.

Schneewolken hingen am Himmel tief.

Unter nackten Füssen knirschte der Schnee;
Mutter Maria spürte kein Weh,

Spürte nur voll himmlischer Lust
Ein warmes Leben an ihrer Brust —

Und klopfte gleich an die nächste Tür.

Ein reicher Landmann trat herfür:

„Meinte, man brächte die neue Kuh,“

Und schlug behende die Türe zu.

Der zweite empfing sie barsch und breit:

„Für Bettelvolk haben wir keine Zeit!“

Der dritte lachte ein klapperndes Lachen:
„'Kinder? Ha, könn’n wir uns selber machen!“
Der vierte winkte nur mit der Hand,

Der fünfte hatte zu wenig Land,

Dem sechsten schien es fromme Pflicht:

„Nur leider duldet mein Weib es nicht.“

Der siebente fragte von ungefähr,

Ob wohl eine Erbschaft zu hoffen wär’.

Und Mutter Maria sprach leis und hold:
„Vielleicht. Vielleicht trägt es lauteres Gold
Im Herzen und Hirne. Es will ja erst werden.
Vielleicht sät es Segen und Glück auf Erden.
Vielleicht — o erbarme dich seiner Not! —
Schafft es den Armen einst reicheres Brot.
Vielleicht tritt ein Fuß durch Dornen den Pfad
Der gewaltigen, welterlösenden Tat.“

Der Bauer pfiff durch die Zähne und —

Dann pfiff er gellend nach Knecht und Hund.
Mutter Maria wankte durchs Tor:

Demütig sprach bei den nächsten sie vor,
Doch über das Kindlein in ihren Armen
Wollte sich keine Seele erbarmen.

So nahte sie zaghaft, mit lastendem Schritte,
Noch einer kleinen, der letzten Hütte.

Die duckte sich niedrig und wetterzerfressen,
Als sei sie von Himmel und Erde vergessen.
Da trat ein graues Weiblein heraus:
„Willkommen! NehmtObdach in meinem Haus!
Ein Lager ist, eine Wiege bereit;

Mein Einz’ges starb lange vor der Zeit.

Du Kind, bleib bei mir und werde ganz mein.
Eine Ziege hab’ ich. Die nährt dich fein!“

Da reichte Maria mit stummer Gebärde
Das junge Leben ihr, sank zur Erde
Und küßte des alten Rockes Saum:

„Ach, teilten die Armen nicht ihr Los,

Nie würde ein Erlöser groß!“ . . .

Und heiliges Leuchten floß durch den Raum.

Dilemma

Küster zum Pfarrer einer Dorfkirche: „Zur
Frühmesfe hat sich bloß der Huber in der
Kirche eingesunden. Da werden wir doch gar
keinen Gottesdienst abhalten?"

„Hm!" entgegnete der Pfarrer, „womöglich
kommt dann auch der Huber am Abend nicht
zum Skatspiel." , ,,

Deutschvölkische Träume

„Was sagen Sie zu den Athener Minister-
Hinrichtungen?"

Reaktionär: „Wenn wir nur erst in
Deutschland mit den republikanischen Mi-
nistern so weit wären!"

Eisbahn

Das Eis erfreut die Iugendschar —
Man muß das Ding erproben.

!Ind gibt's kein Eis in diesem Jahr
So hat's ein Schieber verschoben.

Post festum

Hänschen geht nach Weihnachten mit den
Eltern spazieren. Vor dem Schaufenster eines
Spielwarengeschäfts ruft der Kleine: „Schau,
Mutti, da sind ja noch eine Menge Weih-
nachtsgeschenke, die der Weihnachtsmann
zu bringen vergessen hat!"

fltter deutscher Humor

Sprüche von fr. Logau (1604 dis 1655)

Ochken fpannt man nicht an fSden,
denn lie würden stracks zerrillen.
flllo stiht lich lchwerlich binden,
wer Gewalt hat, an Gewillen,

*

Bis Hugo morgens trat herkür,

Stand dieler Spruch an keiner Tür:

„Es steht dies Haus in Gottes Hand —
verkokken ist's, und nicht verbrannt.“

*

Es find die Gesetze
Dur künstliche netze.

Draus Großes entgangen,

Drin Meines bleibt hangen,
k

Stinkend ßäs und Wahrheit
Liegt bei Höken ableit.

k

Evas Apfel locken noch
Manchen Hdam unters Jod),
wo er nichts vom paradels.

Nur von lauter Hölle weih.
k

kranke führen über Arzte
lelchtlich nicht vefchwerden:
Diele können ihnen stopfen
fein das Maul mit Erden.

Musikalien für den Weihnachtstisch

„Wohlaufnoch getrunken den funkelnden Wein."

(Luxus-Ausgabe.)

„Sah ein Knab' ein Röslein stehn."

(Preis SV Mark.)

„Studio auf einer Reis'."

(Mit Eselsohren.)

„Sind wir nicht zur Herrlichkeit geboren?"

(Mit Widmung Wilhelms II.)

„Freiheit, die ich meine."

(Zurzeit siaaisarnnalilich besa,lagnahmi.)

„Hoch weht die Flagge schwarzweißrot."

(Stockfleckig.)

„O alte Burschenherrlichkeit."

(Stark beschmutzt.)

„Der Papst lebt herrlich in der Welt."

(Mit Goldschnitt.)

„Auch ich war ein Jüngling mit lockigem Haar."

(Wie neu.)

„Heil dir im Siegerkranz,"

(In Kalbsleber gebunden.)

„O Deutschland, hoch in Ehren."

(Mit englischem und franzöflschem Ldxi.l
 
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