Josef Maria Frank: Die Nackt des Bettlers
Fünf Jahre bin ich arbeitslos.
Fünf Jahre schon. Was ist das bloß,
Was ist da nur gescheh’n —?
Es starb mir Frau, es starb mir Kind,
verhungert alle beid’ mir sind.
Ich — Kann das — nicht versteh n!
Ich stieg treppauf, ich stieg treppab.
Um Arbeit bat mein blaß Gesicht .
Ich schrie fast auf. Man wies mich ab.
Man brauchte meine Arme nicht —
man brauchte nicht und wollte nicht. . . .
Fünf Jahr’ schon!
Viel Stuben gibt’s. Die Stadt ist groß.
Und dennoch bin ich obdachlos.
Was ist da nur gescheh’n —?
Die Möbel nahm der Kaufmann mir,
der Hauswirt warf mich vor die Tür.
Ich — kann das — nicht versteh n!
Ich stieg treppauf, ich stieg treppab.
Ich klopfte an — nur um ein Pfühl.
Das pumpt man nicht. Man wies mich ab.
Was blieb mir anders als Asyl,
als Park und Penne und Asyl. . . .
Drei Jahr’ schon!
Beim Metzger bleibt so manches Stück,
beim Bäcker manches Brot zurück,
manch Wirtshaus seh’ ich steh n.
Da ißt man’s auf, da liegt’s zuhauf.
Mein Hunger aber hört nicht auf.
Ich — kann das — nicht versteh’n!
Ich steig’ treppauf, ich steig’ treppab,
zerlumpt, verlaust. Die Klingel schrillt.
Die Tür fliegt zu. Man weist mich ab.
Ich winsle noch. Mein Hunger brüllt
und macht mich wild und macht mich wild...
Ein Jahr’ schon!
(„grau Klaffte laßt arbeiten". Schluß.)
„Wissen Sie, elf Mark möchte ich doch
nicht für das alte Kleid anwenden. Schnei-
den Sie einfach oben das Bündchen weg
und nähen Sie den kleineren Kragen an,
den ich mitgebracht habe. Das dauert keine
Stunde."
„Wie Sie wünschen."
„Und dann nehmen Sie aus dem Rock
eine Bahn heraus. Das dauert kein«
Stunde."
„Wie Sie wünschen."
„Vielleicht versetzen Sie die Knöpfe noch
ein wenig, wenden den Gürtel, nehmen
unten den Saum ein bissel breiter und
plätten das Kleid durch. Das alles dauert
keine Stunde."
„Wie Sie wünschen, Frau Klaffte."
„Das kann ja die Welt nicht kosten."
„Ich werde es äußerst für fünf Mark
machen."
„Fünf Mark? Diese kleine Arbeit wollen
Sie mir berechnen? Also Fräulein, kulant
sind Sie nicht gerade. Solche Läppereien
macht man feinen Kunden umsonst. Aber
ich sehe schon, mit Ihnen ist genau das-
selbe Theater, wie mit allen Schneide-
rinnen. Ich verzichte auf Sie und Ihre
Arbeit, aber das eine kann ich Ihnen
sagen, Fräulein, empfehlen werde ich Sie
bestimmt nicht."
Fünf Jahre bin ich arbeitslos.
Fünf Jahre schon. Was ist das bloß,
Was ist da nur gescheh’n —?
Es starb mir Frau, es starb mir Kind,
verhungert alle beid’ mir sind.
Ich — Kann das — nicht versteh n!
Ich stieg treppauf, ich stieg treppab.
Um Arbeit bat mein blaß Gesicht .
Ich schrie fast auf. Man wies mich ab.
Man brauchte meine Arme nicht —
man brauchte nicht und wollte nicht. . . .
Fünf Jahr’ schon!
Viel Stuben gibt’s. Die Stadt ist groß.
Und dennoch bin ich obdachlos.
Was ist da nur gescheh’n —?
Die Möbel nahm der Kaufmann mir,
der Hauswirt warf mich vor die Tür.
Ich — kann das — nicht versteh n!
Ich stieg treppauf, ich stieg treppab.
Ich klopfte an — nur um ein Pfühl.
Das pumpt man nicht. Man wies mich ab.
Was blieb mir anders als Asyl,
als Park und Penne und Asyl. . . .
Drei Jahr’ schon!
Beim Metzger bleibt so manches Stück,
beim Bäcker manches Brot zurück,
manch Wirtshaus seh’ ich steh n.
Da ißt man’s auf, da liegt’s zuhauf.
Mein Hunger aber hört nicht auf.
Ich — kann das — nicht versteh’n!
Ich steig’ treppauf, ich steig’ treppab,
zerlumpt, verlaust. Die Klingel schrillt.
Die Tür fliegt zu. Man weist mich ab.
Ich winsle noch. Mein Hunger brüllt
und macht mich wild und macht mich wild...
Ein Jahr’ schon!
(„grau Klaffte laßt arbeiten". Schluß.)
„Wissen Sie, elf Mark möchte ich doch
nicht für das alte Kleid anwenden. Schnei-
den Sie einfach oben das Bündchen weg
und nähen Sie den kleineren Kragen an,
den ich mitgebracht habe. Das dauert keine
Stunde."
„Wie Sie wünschen."
„Und dann nehmen Sie aus dem Rock
eine Bahn heraus. Das dauert kein«
Stunde."
„Wie Sie wünschen."
„Vielleicht versetzen Sie die Knöpfe noch
ein wenig, wenden den Gürtel, nehmen
unten den Saum ein bissel breiter und
plätten das Kleid durch. Das alles dauert
keine Stunde."
„Wie Sie wünschen, Frau Klaffte."
„Das kann ja die Welt nicht kosten."
„Ich werde es äußerst für fünf Mark
machen."
„Fünf Mark? Diese kleine Arbeit wollen
Sie mir berechnen? Also Fräulein, kulant
sind Sie nicht gerade. Solche Läppereien
macht man feinen Kunden umsonst. Aber
ich sehe schon, mit Ihnen ist genau das-
selbe Theater, wie mit allen Schneide-
rinnen. Ich verzichte auf Sie und Ihre
Arbeit, aber das eine kann ich Ihnen
sagen, Fräulein, empfehlen werde ich Sie
bestimmt nicht."