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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 49.1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.8266#0015
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Doch wie er am Abend in der Herberge sitzt
und hungrig und müde seinen Kopf auf die harte
Tischplatte stützt, setzt sich mit einem der Jack
neben ihn hin, und wie er näher hinschaut, sitzen
auch der Jean, der Dill und der Fred mit am
Tische.

Donnerwetter, denkt er, da bin ich vom
Regen in die Traufe geraten und er tastet die
Schmarren ab, die er noch von der großen
Holzerei her am Körper hat. Diese hier, die ist
vom Jack, denkt er, und diese hat der Bill mir
beigebracht. Na, wenn sie noch dieselbe Hand-
schriftschreiben, habe ich ja allerhand abzuhaltcn.

Aber die Spießgesellen sind ebenso arm daran
wie er. Und wie er erst merkt, daß sie sich vor
Elend kaum auf ihrem Stuhl halten können,
wagt er es, sie offen anzuschen.

„He Fritz", bricht Jean das Schweigen,
„komm her und gib b« Hand, wir wollen
Freunde sein."

„Schlag nur ein", sagtBill zu dem Zögernden
und schlägt selbst in die offene Hand des Fritz.
Auch der Jack und der Fred schlagen ein.

„Wir wissen, was dir fehlt", meint Jean,
„aber uns geht's auch nicht besser. Man hat
uns den gleichen Possen gespielt wie dir."

„Wir sind eben Esel gewcien", ruft der Jack.

„Die Hauptsache ist, daß wir's nicht wieder
sind", sagt Bill.

„Wenn wir uns zusammentäten, könnten wir
den Herren schon zeigen, was 'ne Harke ist",
wirft der Fred dazwischen.

„Wir hätten früher daran denken müssen",
meint Fritz, „aber an mir soll's nicht fehlen",
und er schlägt in die dargebotene Hand. Und
seltsam, wie so rund um den Tisch herum Hand
inHandzusammcnfließt, ist es den Männern, als
liefe ein Kraftstrom durch ihre ausgemergelten
Körper und es will ihnen scheinen, als ob sie
noch die alten wären. So stark fühlen sie sich.

„Gleich gehen wir hin und werfen den Hugo
von meinem Hof runter und setzen uns selbst
drauf", ereifert sich der Fritz. „Wir werden ihn
schon Mores lehren!" Und er ist noch nm ein
gutes Stück gewachsen.

Aber derDillmeint, eswärebesser, crstcinmal
gut zu ruhen. „Wir sind zu elend, wie wir sind,
und wollen uns doch nicht umschickcn lassen wie
Schulbuben. Solche Sache will überlegt sein."

„Gut, du hast recht", meint der Jean, „aber
morgen geht's an ihn mit Gebrüll. Und dann
woll'n wir mal seh'n, für wen der Herrgott die
Welt geschaffen."

„Für die Mächtigen", wirft Jack dazwischen.

„Und die Mächtigen sind wir, wenn wir einig
sind", ruft Fred. Er ist der Kleinste am Tische,
aber er weiß immer zuerst, was fehlt. Und alle
fallen ihm ins Wort: „Die Mächtigen
sind wir, wenn wir einig sind!"

E r f <i> Grlsar.

Drei Heilige bleiben in der Welt
Solange siebt das Himmelszelt.

Ob Katholik, ob Dissident —

Ist keiner, der sie nicht bekennt.

Der erste, der da weltbekannt,

Sankt Egoismus ist genannt.

Sein kostbar Kleid erglänzt und strahlt
So froh, als sei es frisch gemalt.

In Gold gestickt ein jeder Stich,

Prangt überall sein: Ich — Ich — Ich!

Vom Zeh zum Mützenzipfelein
Reicht Egoismi Glorienschein.

Drei Heilige ...

Hei diesem Heiligen ist's der Brauch:

Er segnet sich selbst - und meint es auch!

Sankt Bureaukratius, ernst und fahl,
Ein Rittersmann in blankem Stahl,

Zieht immer noch, — ein edler Held —
Wider die Ungeduld ins Feld.

Die Lanze, dran die Tinte glüht,

Hat einstmals hell im Lieht gesprüht.

Ob’s von den vielen Kämpfen kam.

Daß nun sein Rößlein etwas lahm?

Die Massage

Doch treu, ja sorglich trägt es schier
Die Mantelsäcke voll Papier.

Sankt Bureaukraz ist voller Huld
Und spricht sein Segenswort: Geduld!-

Jetzt naht, Asket und Wandersmann,
Unser lieber Heiliger Schlendrian.

Es ist kein Dörflein noch so klein:

Es leuchtet sein lieber Heiligenschein!

So hochgestellt auch mancher Mann,

Er zündet dem Heil’gen ein Lichtlein an.

Und lächelnd spricht Sankt Schlendrian:
„O rühret, rühret nicht daran!“

Helene Haber

Der Bruder

Der Heldcntenor bildet nun schon fett acht-
zehn Jahren das Entzücken der jungen Mädchen
der Stadt. Er ist nun zwar schon ein bißchen
grau um die Schläfen und fett um den Banch
herum, aber wenn er säuselt: „Nun sei be-
dankt" dann bleibt kein Auge trocken.

„Minna," sagt die Gnädige, „wer war denn
der Herr, mit dem ich Sie gestern Abend ge-
sehen habe?"

„Das war mein Bruder, gnädige Frau."

„Ja ja, ich weiß, vor etwa w Jahren war er
auch mein Bruder!"

*

Zivilisation

„Ich lese hier soeben, daß sogar die Neger eines inner-
afrikanischen Stammes anfangen, Fußball zu spielen."

„Ja ja, diese Wilden haben eben einen unbesiegbare»
Widerwillen gegen die Zivilisation."

Im Cafe

Aussichtsreicher Beruf

„Was wollen Sie denn Ihren Sohn werden
lassen, Herr Schlummer?"

„Bäcker. DaS ist das beste."

„Warum denn?"

„Ja, sehen Sie, Herr Wachtel! Sie wissen
doch, daß die Brote immer kleiner werden. Und
da Hab' ich mir ausgerechnet, daß sie in drei
Jahren, wenn mein Sohn ausgelernt hat, über-
haupt nichts mehr wiegen werden. Da kann
er sich gleich selbständig machen und braucht
nur noch im Laden das Geld einzunehmen."

„Nur leite rupacken. Minna! ver 6err
will, daß ich fchlank werde!“

„Aber der liebe Gott will es anscheinend
nicht, gnädige Frau!“

„Jetzt warte ich noch zehn Minuten auf ihn; und wenn
er dann nicht kommt, bleibe ich noch eine halbe Stunde
fitzen, ohne auf ihn zu warten."

„ÜJarum weinlt du, Krokodil?“

„Ich habe einen lüenfchen aufgefreffen! Aber pietätvoll, wie ich bin,
werde ich ihm jetzt einen Strauß aufs Grab legen!“

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