Eine Münchener Faschmgsgeschlchle von Ernst H o fe r i ch l e r.
Zeichnungen non Max ©rodet
„Türkischer Honigs cm. Und gleich darauf
„Türkcnkaserne". Diese Vorstellung wahrte nur
einenAugenbliek. Sic schien ihm zu wenig weit
entfernt und konnte ihm auf die Dauer keine tür-
kischen Empfindungen vermitteln. Er schweifte
weiter aus wurde ganz wahllos — und faßte
schließlich, um endlich zu handgreiflicheren
Bildern von jenem Orient zu kommen, alles
Fremde und Erotische zusammen, das ihm auf
dieser geistigen Reise in den Blick lief.
Das Jimmerfräulein kam in die Küche.
Ihr Gesicht glich einem abgebiffencn Apfel, der
wurmig ist. Früher war sie Paradedamc bei einer
Pepi Loichmgcr. der kgl. baycr. Hatschicr a. D-,
saß aus seinem rvsendurchwebten Kanapee und
ging mit dem einen Auge die cingravierten
Buchstaben seines Maßkrugs durch. Das
andere hielt er fciertagshaldcr geschloffen.
Mit einemmal wurde das Idyll zerrissen.
Draußen rief die Gattin gleich einer Dampf.
sirene:
„Pepi. es ig was in Briefkasten neig'falln!"
Pepi stand auf und tauchte es eigenhändig
heraus. Und weil aus dem Umschlag gedruckt
war: ..Spar- und SterbekaffcnvcrcinFröhlich-
keit". vermutete er: „Da wcrd wieda oana
g'storm sei und da möchten's dafür wieder a
Sterbemarkl hab'n! ..." Aber er las. ..
und so. daß er das Fettgedruckte, wie das
Schweinerne aus dem Gulasch, zuerst vorweg
nahm: „Einladung... Euer Hochwohlge-
boren ■ . . Fasching ... eine Ucberraschung
für unsere Mitglieder ... Kostümball . . .
„Eine Nacht im Orient" ... Zutritt haben
nur Masken in türkischer, indischer oder
ähnlicher Tracht."
Im Hirnkasten desHatschierSLoi
chingerkratzteeswievoneineraus
gespielten Grammvphonplatte.
Bisher hatte nämlich dieser Ver-
ein Jahr für Jahr im Fasching den
so allerweltsbcwährten „Ober-
bayerischen Bauernball" abge
halten. Und Pepi Loichingcr er-
schien da immer als „Dirkenstoana
Gvaebua" mit einem Ssterbetzerl
am Strick. Diesem Einfall ent-
lockteer immer neueSituationen
— und viele kamen nur dieses
Spaßes wegen.
Jetzt aber sollte auf einmal alles
anders werden ...?
„Eine Nacht im Orient . . . !
Türkische Trachten . . .!"
Er drückte die Augen zu und ver-
suchte — sich irgend etwas dabei
vorzustellen.
Zuerst mußte er an die Abbil-
dungen auf dem Deckel seiner Zi
aarrenkiste denken. Dann fiel ihm
Raubtierschau, jetzt — Aufkäuferin von Wirr-
haar und Kautfchukgebiffen. Sie nannte sich
Johanna Hummel und schrieb „Liebe" mit „h".
Und Loichingcr erzählte ihr alles.
„I kann do net als Gvaßbua und mit an Oster-
hctzerl in a orientalische Nacht geh . Wenn
i nur wüßt. wia i jetzt hinkemma fvil . ..!"
„Gcngas hall als Maharadscha ... AIS oaner.
Früher war's das Korsett!
Zeichnung von Kurt Hügelow
Wijqfelo\sv'
Es iSt eine ßaarnadei gefunden worden!
der nur a paar Betkilacha on har und allfeus
geliebt wird ..."
„Na. unkeuschlich derf i net gehn. Da tat mir
mei'Frau mit derSchweinspladcrn daschlag'n
... Und schaug'n S'. Fräul'n Hansi, i woaß
ja gar net, wia i mi als a sochena fremd-
ländischer Tnppus benchma soll; i Hab ja gar
koa Ahnung, wia sich ein solchencr Mann
seinem Maßkrug gegenüber benimmt."
Indessen bekam Fräulein Hansi einen glück-
lichen Gedanken.
Sie hatte einmal mit einem Wanderphoto-
graphen Tür an Tür gewohnt, der sich in seinem
NebcnberufmitFahrradreparaturen, indischer
Philosophie und Hypnotismus bcschäftigic.
Sieselbsthatte scineMacht übcrgcistigeKrüftc
am eigenen Leib erfahren, als er sic damals
hypnotisierte, mit ihm in die Jfaraucn zu
gehen. „Ali», Herr Loichingcr. mit dem red'
i' «mal. Der zuggcricrt Ihnen einfach ein
türkisches Feuer und einen indischen Geist ein
— und schon fand S' a Maharadscha ..."
„Da moana Sie dann, daß mir
der für die „Nacht im Orient"
richti Herrichten könnt?"
„O mei, der hat scho'gan; andere
Sachen g'macht! Der verkehrt
mit alle Äcista grad so. als wia
wenn nur a Hendl rupfa oder mit
oam von derPvst red'n ..." Und
bald war Pepi Loichinger damit
einverstanden, daß der Geisterbe
schwörcr kommen sollte.
Als dann gleich darauf die Frau
Hatschier von einem kurzen
Dienstgang in ihrer Eigenschaft
alsHebammezurückkchrtc, erfuhr
sic alles.
Fräulein Hansi tat, was ihr auf
getragen ward.
Und au jenem Tag lagen schon
von Mittag an über allen Betten
der Familie Loichinger die Fast-
nachtskostümc ausgcbrcitet. Die
ganze Wohnung roch nach Orient.
Das Zimmerfräulein hatte sied
(Fortsfpuna >?ritr 10
Zeichnungen non Max ©rodet
„Türkischer Honigs cm. Und gleich darauf
„Türkcnkaserne". Diese Vorstellung wahrte nur
einenAugenbliek. Sic schien ihm zu wenig weit
entfernt und konnte ihm auf die Dauer keine tür-
kischen Empfindungen vermitteln. Er schweifte
weiter aus wurde ganz wahllos — und faßte
schließlich, um endlich zu handgreiflicheren
Bildern von jenem Orient zu kommen, alles
Fremde und Erotische zusammen, das ihm auf
dieser geistigen Reise in den Blick lief.
Das Jimmerfräulein kam in die Küche.
Ihr Gesicht glich einem abgebiffencn Apfel, der
wurmig ist. Früher war sie Paradedamc bei einer
Pepi Loichmgcr. der kgl. baycr. Hatschicr a. D-,
saß aus seinem rvsendurchwebten Kanapee und
ging mit dem einen Auge die cingravierten
Buchstaben seines Maßkrugs durch. Das
andere hielt er fciertagshaldcr geschloffen.
Mit einemmal wurde das Idyll zerrissen.
Draußen rief die Gattin gleich einer Dampf.
sirene:
„Pepi. es ig was in Briefkasten neig'falln!"
Pepi stand auf und tauchte es eigenhändig
heraus. Und weil aus dem Umschlag gedruckt
war: ..Spar- und SterbekaffcnvcrcinFröhlich-
keit". vermutete er: „Da wcrd wieda oana
g'storm sei und da möchten's dafür wieder a
Sterbemarkl hab'n! ..." Aber er las. ..
und so. daß er das Fettgedruckte, wie das
Schweinerne aus dem Gulasch, zuerst vorweg
nahm: „Einladung... Euer Hochwohlge-
boren ■ . . Fasching ... eine Ucberraschung
für unsere Mitglieder ... Kostümball . . .
„Eine Nacht im Orient" ... Zutritt haben
nur Masken in türkischer, indischer oder
ähnlicher Tracht."
Im Hirnkasten desHatschierSLoi
chingerkratzteeswievoneineraus
gespielten Grammvphonplatte.
Bisher hatte nämlich dieser Ver-
ein Jahr für Jahr im Fasching den
so allerweltsbcwährten „Ober-
bayerischen Bauernball" abge
halten. Und Pepi Loichingcr er-
schien da immer als „Dirkenstoana
Gvaebua" mit einem Ssterbetzerl
am Strick. Diesem Einfall ent-
lockteer immer neueSituationen
— und viele kamen nur dieses
Spaßes wegen.
Jetzt aber sollte auf einmal alles
anders werden ...?
„Eine Nacht im Orient . . . !
Türkische Trachten . . .!"
Er drückte die Augen zu und ver-
suchte — sich irgend etwas dabei
vorzustellen.
Zuerst mußte er an die Abbil-
dungen auf dem Deckel seiner Zi
aarrenkiste denken. Dann fiel ihm
Raubtierschau, jetzt — Aufkäuferin von Wirr-
haar und Kautfchukgebiffen. Sie nannte sich
Johanna Hummel und schrieb „Liebe" mit „h".
Und Loichingcr erzählte ihr alles.
„I kann do net als Gvaßbua und mit an Oster-
hctzerl in a orientalische Nacht geh . Wenn
i nur wüßt. wia i jetzt hinkemma fvil . ..!"
„Gcngas hall als Maharadscha ... AIS oaner.
Früher war's das Korsett!
Zeichnung von Kurt Hügelow
Wijqfelo\sv'
Es iSt eine ßaarnadei gefunden worden!
der nur a paar Betkilacha on har und allfeus
geliebt wird ..."
„Na. unkeuschlich derf i net gehn. Da tat mir
mei'Frau mit derSchweinspladcrn daschlag'n
... Und schaug'n S'. Fräul'n Hansi, i woaß
ja gar net, wia i mi als a sochena fremd-
ländischer Tnppus benchma soll; i Hab ja gar
koa Ahnung, wia sich ein solchencr Mann
seinem Maßkrug gegenüber benimmt."
Indessen bekam Fräulein Hansi einen glück-
lichen Gedanken.
Sie hatte einmal mit einem Wanderphoto-
graphen Tür an Tür gewohnt, der sich in seinem
NebcnberufmitFahrradreparaturen, indischer
Philosophie und Hypnotismus bcschäftigic.
Sieselbsthatte scineMacht übcrgcistigeKrüftc
am eigenen Leib erfahren, als er sic damals
hypnotisierte, mit ihm in die Jfaraucn zu
gehen. „Ali», Herr Loichingcr. mit dem red'
i' «mal. Der zuggcricrt Ihnen einfach ein
türkisches Feuer und einen indischen Geist ein
— und schon fand S' a Maharadscha ..."
„Da moana Sie dann, daß mir
der für die „Nacht im Orient"
richti Herrichten könnt?"
„O mei, der hat scho'gan; andere
Sachen g'macht! Der verkehrt
mit alle Äcista grad so. als wia
wenn nur a Hendl rupfa oder mit
oam von derPvst red'n ..." Und
bald war Pepi Loichinger damit
einverstanden, daß der Geisterbe
schwörcr kommen sollte.
Als dann gleich darauf die Frau
Hatschier von einem kurzen
Dienstgang in ihrer Eigenschaft
alsHebammezurückkchrtc, erfuhr
sic alles.
Fräulein Hansi tat, was ihr auf
getragen ward.
Und au jenem Tag lagen schon
von Mittag an über allen Betten
der Familie Loichinger die Fast-
nachtskostümc ausgcbrcitet. Die
ganze Wohnung roch nach Orient.
Das Zimmerfräulein hatte sied
(Fortsfpuna >?ritr 10