Falsch verstanden
Die Arbeitnehmerkamen
zu den Arbeitgeber, um
zu verhandeln.
Die Arbeitgeber — der
Würde wegen — blieben
stehen.
Da fragte der Führer
der Arbeiter:
„Warum sitzen die Äer-
ren nicht?"
Darauf der Syndikus:
„Wir verbitten uns solche
Anspielungen!"
*
Die Rechenaufgabe
„Gustav, wenn zwei
Äühner in 8 Tagen 14%
Eier legen, wieviel Eier
legen dann 4 Lmhner in
16 Tagen?"
„Die Aufgabe ist nicht
richtig, Herr Lehrer! Eier
dürfen doch keinen Bruch
haben!"
*
Kennzeichen
„Da haben sie den
Hochstapler Pinnemann
verhaftet."
„Den gerisienen Kerl?"
"Ja — er hatte sich im
Hotel als Amerikaner an-
gemeldet und hat sich bei
Tisch so benommen, als
Die Herren Gegner
Zeichnung von Michael B i r o
So war es und lo loll es bleiben!
tränke er überhaupt keinen
Tropfen Alkohol. Na —
und da hat ihn der Ober
natürlich sofort als Nicht-
amerikaner erkannt!"
*
Konjugation
„Wer kann mir die
passive Form von ver-
setzen nennen?"
„Ich werde versetzt."
„Gut. Nun bilde einen
Satz mit aktiver und pas-
siver Form."
„Mein Vater versetzte
seinen Trauring, worauf
ihm von meiner Mutter
eine Ohrfeige versetzt
wurde!"
*
Der Kriminalromall
„Also", sagte Emil, „ich
schreibe jetzt einen Detektiv-
roman. Fabelhafte Sache,
sage ich Euch. Da läuft
durch den ganzen Roman
ein Detektiv und sucht,
sucht immerzu; sucht egal-
weg. Versteht Ihr? Kann
aber nichts finden-"
„Ja —- was sucht er
denn eigentlich?" wollte
jemand wissen.
„höchstwahrscheinlich
die Pointen!" vermutete
August.
Ern Brief
Im Elysium, Januar 1929.
Lieber „Wahrer Jacob"!
Zu Deinem 50. Geburtstage zunächst die allerbesten Glück-
wünsche. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, Dir zum
Ehrentage ein ausführliches Interview mit allen Deinen pro-
minenten Gegnern, die sich jetzt im Elysium herumtteiben, zu
senden, aber leider ist einer meiner Sekretäre, der die Völker-
bundsprotokolle bearbeitet, als Opfer seines Berufs so total
verblödet, daß er sich nur noch zur Sachbearbeitung auf Grund
des § 166 StGB, eignet. Da ich nun einen Teil seiner
früheren Arbeit miterledigen muß, erlaubt mir meine Zeit nur
einen sehr kurzen Bericht an Dich.
Mit der Niederschrift der chinesischen Bürgerkriege haben
wir schauderhaft viel Arbeit. Z. B. sind drei Philologen
von Rang nur damit beschäftigt, die Namen der chinesischen
Generale auseinanderzuhalten. Die ganzen asiatischen Wirren
hätten wir in acht Tagen erledigt, wenn die Leute Schulze
und Lehmann hießen.
Nun zu den Dingen, die Dich mehr interessieren.
Bismarck läßt Dich schön grüßen. Er hat mit Bebel hier
eine republikanische Vereinigung, teilt sich mit ihm in die
Geschäfte des Vorstandes, doch muß ihm August verflucht auf
die Finger sehen. Er verfolgt mit unendlichem Vergnügen
die Bemühungen der „Deutschen Tageszeitung" um die Einheit
des Reiches. Dir wünscht er langes Leben und Gesundheit.
Sein früheres Subjekt, den Staatsanwalt Tessendorf, muß ich
jedoch gegen übertriebene Vorwürfe in Schuh nehmen. Gewiß,
er sitzt immer noch auf einer etwas abseits gelegenen Wolke
und arbeitet Anklageschriften aus, aber sie sind auch nicht viel
alberner, als das, was heute noch bei Euch da unten auf
diesem Gebiet zutage gefördert wird. Wilhelm I. lebt zurück-
gezogen und sammelt Llniformknöpfe aller Nationen und Zeiten.
Im übrigen macht er einen etwas schüchternen Eindruck. Llnd
wenn Bismarck ihn hin und wieder unter dröhnendem Ge-
lächter an den Spaß der Kaiserkrönung in Versailles er-
innert, fängt er noch nachträglich an am ganzen Körper zu
zittern. Seit kurzem belauscht Singer mit einem eigens dazu
gebauten Apparat die Vorgänge im Hause Doorn. Jeden
Tag verbringt er einige Zeit an diesem Apparat — er nennt
das „eine Stunde paradiesischer Heiterkeit". Am Wochenende
muß Mackowsky Wilhelm II. Reden vorttagen — es ist eine
total verrückte Gesellschaft! Fürst Eulenburg fängt wieder an
zu dichten — ich glaube augenblicklich „Veilchenlieder". Er
war nie harmloser als jetzt. Baron Holstein sitzt einsam und
finster auf einer Wolke und intrigiert. Da sich aber niemand
darum kümmert, wird er immer trübsinniger. Von Zeit zu Zeit
kommt jemand und streicht ihm mitleidig über den Kopf —
h
Die Arbeitnehmerkamen
zu den Arbeitgeber, um
zu verhandeln.
Die Arbeitgeber — der
Würde wegen — blieben
stehen.
Da fragte der Führer
der Arbeiter:
„Warum sitzen die Äer-
ren nicht?"
Darauf der Syndikus:
„Wir verbitten uns solche
Anspielungen!"
*
Die Rechenaufgabe
„Gustav, wenn zwei
Äühner in 8 Tagen 14%
Eier legen, wieviel Eier
legen dann 4 Lmhner in
16 Tagen?"
„Die Aufgabe ist nicht
richtig, Herr Lehrer! Eier
dürfen doch keinen Bruch
haben!"
*
Kennzeichen
„Da haben sie den
Hochstapler Pinnemann
verhaftet."
„Den gerisienen Kerl?"
"Ja — er hatte sich im
Hotel als Amerikaner an-
gemeldet und hat sich bei
Tisch so benommen, als
Die Herren Gegner
Zeichnung von Michael B i r o
So war es und lo loll es bleiben!
tränke er überhaupt keinen
Tropfen Alkohol. Na —
und da hat ihn der Ober
natürlich sofort als Nicht-
amerikaner erkannt!"
*
Konjugation
„Wer kann mir die
passive Form von ver-
setzen nennen?"
„Ich werde versetzt."
„Gut. Nun bilde einen
Satz mit aktiver und pas-
siver Form."
„Mein Vater versetzte
seinen Trauring, worauf
ihm von meiner Mutter
eine Ohrfeige versetzt
wurde!"
*
Der Kriminalromall
„Also", sagte Emil, „ich
schreibe jetzt einen Detektiv-
roman. Fabelhafte Sache,
sage ich Euch. Da läuft
durch den ganzen Roman
ein Detektiv und sucht,
sucht immerzu; sucht egal-
weg. Versteht Ihr? Kann
aber nichts finden-"
„Ja —- was sucht er
denn eigentlich?" wollte
jemand wissen.
„höchstwahrscheinlich
die Pointen!" vermutete
August.
Ern Brief
Im Elysium, Januar 1929.
Lieber „Wahrer Jacob"!
Zu Deinem 50. Geburtstage zunächst die allerbesten Glück-
wünsche. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, Dir zum
Ehrentage ein ausführliches Interview mit allen Deinen pro-
minenten Gegnern, die sich jetzt im Elysium herumtteiben, zu
senden, aber leider ist einer meiner Sekretäre, der die Völker-
bundsprotokolle bearbeitet, als Opfer seines Berufs so total
verblödet, daß er sich nur noch zur Sachbearbeitung auf Grund
des § 166 StGB, eignet. Da ich nun einen Teil seiner
früheren Arbeit miterledigen muß, erlaubt mir meine Zeit nur
einen sehr kurzen Bericht an Dich.
Mit der Niederschrift der chinesischen Bürgerkriege haben
wir schauderhaft viel Arbeit. Z. B. sind drei Philologen
von Rang nur damit beschäftigt, die Namen der chinesischen
Generale auseinanderzuhalten. Die ganzen asiatischen Wirren
hätten wir in acht Tagen erledigt, wenn die Leute Schulze
und Lehmann hießen.
Nun zu den Dingen, die Dich mehr interessieren.
Bismarck läßt Dich schön grüßen. Er hat mit Bebel hier
eine republikanische Vereinigung, teilt sich mit ihm in die
Geschäfte des Vorstandes, doch muß ihm August verflucht auf
die Finger sehen. Er verfolgt mit unendlichem Vergnügen
die Bemühungen der „Deutschen Tageszeitung" um die Einheit
des Reiches. Dir wünscht er langes Leben und Gesundheit.
Sein früheres Subjekt, den Staatsanwalt Tessendorf, muß ich
jedoch gegen übertriebene Vorwürfe in Schuh nehmen. Gewiß,
er sitzt immer noch auf einer etwas abseits gelegenen Wolke
und arbeitet Anklageschriften aus, aber sie sind auch nicht viel
alberner, als das, was heute noch bei Euch da unten auf
diesem Gebiet zutage gefördert wird. Wilhelm I. lebt zurück-
gezogen und sammelt Llniformknöpfe aller Nationen und Zeiten.
Im übrigen macht er einen etwas schüchternen Eindruck. Llnd
wenn Bismarck ihn hin und wieder unter dröhnendem Ge-
lächter an den Spaß der Kaiserkrönung in Versailles er-
innert, fängt er noch nachträglich an am ganzen Körper zu
zittern. Seit kurzem belauscht Singer mit einem eigens dazu
gebauten Apparat die Vorgänge im Hause Doorn. Jeden
Tag verbringt er einige Zeit an diesem Apparat — er nennt
das „eine Stunde paradiesischer Heiterkeit". Am Wochenende
muß Mackowsky Wilhelm II. Reden vorttagen — es ist eine
total verrückte Gesellschaft! Fürst Eulenburg fängt wieder an
zu dichten — ich glaube augenblicklich „Veilchenlieder". Er
war nie harmloser als jetzt. Baron Holstein sitzt einsam und
finster auf einer Wolke und intrigiert. Da sich aber niemand
darum kümmert, wird er immer trübsinniger. Von Zeit zu Zeit
kommt jemand und streicht ihm mitleidig über den Kopf —
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