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fahren" spielten. Der Wahre Jacob sah durch die Scheiben auf
ein Fensterbrett, auf dem er in feinen ersten Jahren lag — mit
Dachbodenstaub, Mäusebissen und Kaffeeflecken. Auf einem Titel-
blatt kroch die Pickelhaube als Polyp überlebensgroß durch
Fabrikstraßen und Bebel stürmte ihr mit einer
Davidsschleuder entgegen — vor fünfzig Jahren.

Jetzt lag alles zusammen auf dem Fenster-
brett und der Wahre Jacob erschauerte, wie
seine Jugend umgeblättert wurde.

Drüben glänzte die Münchner Nordsee.

„Tausend Fußbäder nebeneinander gelegt, er-
geben noch keine Vorstellung von der Fülle
dieser Waffermaffen . . dachte Jacob und
mietete ein Boot, wozu bei Gefahr der
Rettungsring am Büffet des Schiffhauses gegen
Einsatz abgegeben wird.

heimliche Liebespaare, die sich nur von
Waffer umgeben sicher fühlen, mieten ein
Boot und fahren zu klaftertiefem Alleinsein
bis in die Mitte des Sees. Auch Jacob be-

stieg für sich einen Kahn und fuhr hinaus ... Neben ihm raschelte
m einem Schiffchen Papier auf. Zwei Pennäler versteckten ein
Äeft unterm Siybrett. Es sah knallfarbig, verboten und saftig
aus. . . And er erkannte sich als neueste Nummer . .!

Diese Jugend war in die Mitte des Tümpels
gerudert, um hier verstohlen und insgeheim
das zu lesen, was unter der Schulbank und
auf dem väterlichen Kanapee verboten war.

So sah sich der Wahre Jacob im Bayerlande
wie im Spiegel, nahm davon die Augen über-
voll und schloß diese Erlebnisse wie in eine
gute Stube ein . . .

Dann fuhr er mit seinem Lachen auf der
linken Gesichtshälfte in den fünfzigsten Ge-
burtstag hinüber. — Sturm und Drang, knall-
farbige Verbotenheit und seliges Jungsein zu-
kunftsvoll umarmend. .!

Also verließ der Wahre Jacob das weiß-
blaue schöne Bayerland, seine Filiale und
Quelle von klotzigem Kmmor und knorrigem
Leben — -

Die Last

Zeichnung von A. O. H o f s m a n n

„Zeh was, erzählen Sie mir doch keine
Märchen von schlechten Zeiten und so — Sie
leben ja, auch ich habe mein Päckchen zu
tragen!"

Sinn im Widersinn

Zn früheren Jahrhunderten mühte
man sich ab, den Stein der
Weisen zu suchen; heute sucht
man viel eifriger das Gold der
Dummen.

*

Weil die Erde ein Jammertal
ist, darum auch nur gibt es so viele
W e i n st u b e n.

*

Es gibt Menschen, die solch' eminent
kapitalistische Fähigkeiten haben, daß
sie selbst auf Luftschlösser
Hypotheken suchen.

*

Manch' einer wird w ü t e n d, wenn
ihm Anrecht geschehen ist;
aber noch wütender, wenn ihm
Recht geschehen ist.

Angebot

„Zch lasse Ihnen das Bild zur
Äälfte des Katalogpreises!"

„Was kostet denn der Katalog?"

Schlimme Quelle

Zeichnung von Kurt HUgelow

„Is ja ganz iamolcr Witz! Wo haben Sie
den her?“ — „Aus dem ,Wahren Jacob'!" —
„Aus dem .Wahren . . .'! Das hätten Sie
gleich lagen sollen, dann hätte ich bestimmt
nicht über den Quatsch gelacht!"

Kino

Alfred und Lillichen
sitzen in der Loge. Auf
der Filmwand erscheint der
Text: „Zch kann dich weder
lieben, noch Haffen . .
Alfred leidet unter dem
falschen Komma und
seufzt. Bald erscheint
wieder ein Text: „Sie
leistet mehr Widerstand,
wie früher und freut sie
sich, daß sie nicht mitgehen
braucht. .

Äier entwirft Alfred
wilde Fluchtpläne.

3m Film sieht man jetzt
den Schauspieler Ernst
Deutsch.

Lillichen will im Pro-

Der neue Zentrumsvorsihende

Zeichnung von Iaeobus Velsen

„Als Hachlpeis zum fetten Konkordatsbraten anen Haas — wir können
zufrieden lein, Derr Bmtsbrudtr!"

gramm Nachsehen, kann
aber im Dunkeln nicht
lesen und fragt Alfred:
„Zst das Deutsch?"

„Stellenweise", röchelt
Alfred.

*

Logik

„Wie geht Ihr Geschäft
jetzt?"

„Ach, oberfaul, ich setze
täglich Geld zu."

„Aber Menschenskind!
Da wär's doch besser, den
Laden ganz zu schließen."

„Was heißt schließen?
Wovon soll ich denn
leben?"

*

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