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„Der Wahre 'Jacob" erscheine ,4 tägig »n jedem IMM . M. . mg _ - _ f. Bezugspreis für Deutschland: Einzelnummer 40 pf.

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Zeichnung von Willibald & t a i n


Oskar Wöhrle: Die Heiligen Drei Könige des Elends

Man braucht nur in eine Kirche zu gehn. Die Heiligen Drei sind wohl uns allen bekannt,

da kann inan die Heiligen Drei Könige sehn, auf Kamelen kamen sie geritten aus dem Morgenland,

da sdiauen sie einen aus ihrem Bild heraus an: brachten Myrrhen und Weihrauch und Pumpernickel daher.

Kasper und Melcher und Balzer mit dem gelben Zahn. ihre Portemonnaies waren von Silbergeld schwer.

Die Heiligen Drei Könige haben Zigarren im Sack,
ihre Kleider sind nicht wollen, sondern eitel Brokat.

Die Heiligen Drei Könige essen Bratis und trinken Dreikönigswein,
wer möcht da von ihrer Sippschaft nicht sein?!

Drei Könige der Landstraße sind wir wohl auch,
zwar keinen Brokatstoff am Leibe, aber Fetzen am Bauch.
Weihrauch und Myrrhen und Gold sind uns unbekannt,
wir tragen das Elend der Welt als Pfand.

Wir liefen schon früh aus dem Heimathaus,
schauten uns die Augen nach dem Christuskind aus.
Ställe, Rindvieh und Eselein trafen vCir viel,
aber die Erlösung der Welt w ar nirgends im Spiel.

Klopften wir abends vergeistert an eine Tür,
gleich trat ein rauher Bauer herfür,
der spuckte Giftzorn aus dem bäurischen Bart,
wir schleppten uns weiter auf Elendsfahrt.

Wir pochten bei Kirchen und Klosterstätten an,
mit Murren nur haben sie aufgetan.

Das Kind, das wir suchten, das kannten sie nicht,
eine Bettelsuppe haben sie uns angericht!

Wir kamen auch zu der hochgelobten Ehren-Polizei.
Die steckte uns ein wegen Landstreicherei.

Denen ging Gottes Sohn weit über n V erstand,
als Narren schlossen sie uns an die Wand.

Wie klirren nachts die Ketten im Kettenhaus!
Nach zwei Wochen warf man uns zum Käfig raus.
Wie brannten die Striemen am Handgelenk,
ein Fußtritt blühte als Abschiedsgeschenk!

Wie gut habt ihr's doch, Kasper, Melcher und Balzerlein,
ihr braucht ja keine Tippelbrüder zu sein!

Euch ist die große Sehnsucht gestillt,
ihr schaut so ruhig aus eurem Bild!

Uns aber schwenkt’s heut noch im Elend dahin,
im Kampfland, im Krampfland, in Sorgen und Mühn.

Das Herz, das wir suchen, bleibt’s ewiglich fern?

Wann kommt unser Heiland? Wann strahlt unser Stern?
 
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