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Deutschland kann und wird zahlen"

Von Roda Roda.

Die „Lommercial Gazette", Nein Bork, bringt da vor et-
lichen Tagen einen Aufsatz über die Finanzlage Deutschlands
- einen Aufsatz, worin ich eine ziemlich unglückselige Rolle
spiele als Gewährsmann.

Die Sache hat eine Geschichte:

Vor einem Monat nämlich kam eine junge Dame 511 mir.
Miß Dolly Green - mit dem Empfehlungsschreiben Ggon
Friedells: ich, der „bekannte Finanzsachmann", solle der Dame
alle Aufklärung geben über die Lage der deutschen Wirtschaft.

Ich fand es recht ztldringlich von Friede», mich so an jene
150 Papierkronen zu erinnern, die ich längst als abgetan
betrachte — da aber Miß Green, wenn auch nicht eben hübsch,
sich doch als umgänglich erwies, ja
lieb, brachte ich sic, ohne viel nachzu-
sinnen, an unfern Tisch in der „Stampe",
wo Miß Green Gelegenheit hatte,
zahlreiche deutsche Politiker und Volks-
wirte kennenzulernen — meist Leute
aus der Branche der Leier und der
Bühne.

Da war Karl Kinndt, der Erfinder
des Berliner Dialekts als Ehef des
Norddeutschen Lloyds aber „der junge
Baltin" genannt; er äußerte Treffliches
über die Aussichten einer inneren An-
leihe. Ludwig Reve, „unser neuer
Äandelsminister", forderte die friedliche

Durchdringung Amerikas durch Oesterreich. Kelen (der Ka-
rikamrist Frankreichs Vertreter in der Reparations-
kommission) streute Arteile iiber den Dalvesplan ein.

Aus der „Stampe" luden wir Miß Green aus das Atelier
des Ministers 5)ilserding (der auch malt, unter dem Namen
„Karl Arnold") und hier war es, wo Miß Green §>errn
l)r. Stresemann selbst sprechen konnte; er war eben gekornmen,
um sich porträtieren zu taffen, lind hatte sich eigens dazu einen
Schnurrbart stehen lassen.

Bisher war alles ganz glatt verlausen. Stresemann brachte
uns in einige Verlegenheit; er nannte sich beharrlich Prager
und schwäbelte gehässig gegen Amerika. In Anbetracht der
Stunde verzieh ihm Miß Dolln.

Tags daraus blieb die Miß ver-
schollen; erst in der Dämmerung sah
man sie auf dem Telegraphenamt an
der Marburger Straße. Sie kabelte.

Ein Wort kostet 1 M. 10. So viel
Geld zu vertun!

Noch mehr bedauere ich, Miß Green,
eine so nette Dame, bloßstellen zu
müssen.

Allein sie ist an ihrem Anglück mit-
schuldig. Misses gehören zu so später
Stunde nicht mehr in die „Stampe".
Misses gehören ins Bett.

Im Dusel

Zeichnung ro» E. Bottl

nimmt denn das kein Ende — ich bin doch
kein Dauerfchwimmer!“

Die letzten Feinheiten kapitalistischen Betriebs

sind Ilur wenigen besonders Gewandteil
erschlossen.

Zu bieten Begnadeten gehörte auch
Äerr Krause.

Äerr Krause hatte ei,len Sohn.

Äerr Krause ivollte aus seinem Sohn
einen tüchtigen Mann machen. Möglichst
einen braven Bankier.

„Du mußt lernen und nochmals lerne«.
Junge," nahm er ihn
sich eines Tages vor,

„Dll bist jetzt fünf-
zehn Jahre alt und
kannst noch nicht ein-
mal mit einem Scheck
auf die Bank gehen
und ihn einlösen."

„AberVater," pro-
testierte der Zunge,

„das ist doch kinder-
leicht."

„Das ist gar nicht
so kinderleicht, mein
Sohn. Versuche es.

Kier ist ein Scheck
von tausend Mark auf
mein Konto. Äole
das Geld."

Der Sohn mar-
schierte los. Der Va-
ter hinterher.

Der Scheck wurde
anstandslos eingelöst.

Der Zunge nahm das
Geld in Empfang,
zählte es vor den
Augen des Beamten

nach und übergab es schön geschichtet
seinem Vater.

„Siehst du, daß bu nichts verstehst,"
fauchte da Krause ihn an, „du hast
zehn Hunderter bekommen. Du hast
Schein für Schein umgebvgen und nach-
gezählt. Das war richtig. Wenn man
aber neun Scheine gezählt und aufge-
hoben hat, blättert man den Zehnten

nicht mehr um lind prüft. Vielleicht hat
sich der Kassierer geirrt und es sind elf.
Da würde er es doch merken. Ver-
standen?"

„Za, Vater," antwortete der Sohn.

Es soll ein galrz tüchtiger Mann aus
ihm geivorden sein. J. H. R.

%#

Kaschemme

Zeichnung ec» <> r i 8 GaeveI

„Wenn du nochmal lagst, du hättit mir arbeiten jelehn, kriegke eene ieteuert,

vaftehfte mir?“

Nordpolflug

Eckener wurde neu-
lich einmal von einer
sehr neugierigen und
sehr schwatzhaften
Dame mit Frageil
bestürmt.

So erkundigte sie
sich unter anderem:

„Sie wollen in ei-
niger Zeit den Nord-
pol überfliegen?"

„Gewiß."

„WennSienunüber
den Nordpol fliegen,
woher wissen Sie
dann, daß Sie«ihn
überflogen haben?"

„Das erkerlnen wir
daran, daß sich der
Nordwind zum Süd-
wind gcivandelt hat,"
sagte der Kapitän der
Lüfte llild entfernte
sich mir einer höflichen
Verbeugung.

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