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Aus dem Leben großer deutscher Männer

ui.

Von Seldte werden, wie von allen
großen Männern und Frauen, viele Anek-
doten aus der Jugendzeit erzählt. Nur
eine ist echt: daß er, von früh an ein
Sorgenkind, niemals Selterwasser trinken
wollte, weil er sich einreden ließ, es sei
nach ihm benannt und er doch wußte, daß
er es ebensowenig wie das Pulver erfunden
hatte. Seldte sann aus ganz andere Dinge.

Ein Sorgenkind, sagte er sich frei nach
Wilhelm Busch, hat auch Likör. And er
sah das Ziel seines Lebens erreicht, als er
in eine Schnapsfabrik einheiraten konnte.

Als soaus dem selterverachtenden Sorgen-
kind Seldte ein richtiger kleiner Anternehmer
geworden war, hörten seine Sorgen keines-
wegs auf. Er saß in der alten Stadt
Magdeburg und sann — und in ihm er-
wachte beim Genuß der eigenen Produkte
der alte deutsche Anternehmergeist, der uns
bekanntlich großgemacht hat. Seldte mußte
mitMachtversuchen, das Wässerlein, welches
er zu Schnaps trübte, an den rechten deutschen
Mann zu bringen — und er sah bekümmert,
wie besagtes Wesen sein Nationalgettänk unerschütterlich aus
Bayern bezog. Der große Magdeburger studierte nun die engen
Beziehungen zwischen bayrischer Politik und bayrischem Bier —
das geniale Ergebnis war die Schöpfung einer preußischen Kon-
kurrenz unter der Devise Spiritus und Frontgeist. Die Schutz-
marke ist der Stahlhelm. Seldte stand bald an der Spitze eines
Bundes, der den Absatz seiner Erzeugnisse organisierte und hob.

Seldtes Verdienste zu rühmen, übersteigt die Kräfte auch des

phrasenreichsten Historikers. Was er zum
Beispiel für die Ertüchtigung der Zugend
geleistet hat, ist erstaunlich. Er schenkte
ihr wieder den Parademarsch, die Blech-
musik und den Gummiknüppel, mit dem
der innere Feind so lange bekämpft wird,
bis der äußere genug hat. Zn Seldtes
chemischer Destille wird mancher schöne
Punsch gebraut — in seiner politischen De-
stille braut er manchen schönen Putsch. Zn
dem Rezept von 1923 heißt es unter anderem:
man nehme soviel Sozialisten, wie man in
der Regierung vorfindet, und sehe sie auf die
Sttaße, dann löse man den Reichsrag auf,
verbiete jeden Streik und erschieße jeden
zehnten Stteikenden — man lasse das Ganze
eine Zeit lang gären und erhält dann eine
prima Diktatur.

Seit Seldtes Freundschaft mit Düsterberg
scheint sich sein sonst so klarer Geist ein wenig
verdüstert zu haben. Er schwört seitdem aus
ein anderes Rezept, das ein Volksbegehren
auf Aenderung der Verfassung vorsieht, und
das ihnen beiden den Weg zu den längst ver-
dienten Ehren bahnen soll. Eingedenk ihrer Ahnen liegen die
beiden Kämpen auf dem Bärenfell, das sie noch gar nicht er-
beutet haben, und trinken immer noch eins, um sich und ihren
Gläubigen Mut zu machen. Die stehen bewundernd im
Kreise — sie sind vom Gelingen der Sache überzeugt. Denn
schon ändert sich vor ihren Augen die Verfassung . . . nämlich
die der beiden Führer, je näher der große Tag der Ab-
stimmung rückt. G-g.

Stahlhelmführer Seldte.

Zeichnung von Sandderg

Getäuschte Hoffnungen

Zeichnung von E. Pahliksch

,,Da hat nun der .Generalanzeiger' geschrieben,
das lei ein höchst unmoralisches Stück und
dabei könnt’ man einkhlafen vor Langeweile!"

Pech

„Biesebiel Hat sein ganzes Vermögen auf
seine Frau übertragen lassen, damit es seine
Gläubiger nicht kriegen sollten."

„Da Hat er wohl recht daran getan."

„Pech hat er gehabt! Seine Frau ist mit
dem Vermögen und dem Hauptgläubiger
durchgegangen!"

Lustige Zeitungsschau
des „Wahren Jacob"
Zn Nr. 22 des „hannoverschen
Tageblatts" vom 22, 1. 29 findet
sich folgendes Inserat:

Äabe Freitag, den 25. Zanuar,
eine Ladung allerbester Ieverländer
und Ostfriesischer Herdbuchbullen
mit hoher Milchleistung am Klages-
martt, Lotel Stadt Petersburg,
zum Verkauf stehen.

Gerhard Gerdes

Jever (Oldenburg).

Bullen mit hoher Milchleistung.
— die Landwirtschaftsminister sollten
sich für dies Züchtungsprodukt in-
teressieren !

Zeichnung von Hans R c w a ! b

Aus dem Staubwinkel

Zeichnung von G i u o

„Die Ghcfrau des Kriegsbeschädigten Schulze,
Akten-Zeichen IV. W. 763, protektiert gegen die
Kürzung ihrer Rente.

„£s ist gut. Sagen Sie der frau, die Akten
feien zur Bearbeitung weitergegeben. Wenn
die nächste Rentenzahlung fällig wird, erklären
Sie ihr, daß wir vor Auszahlung den Gnticheid
des Magistrats abwarten müssen. In sechs
Wochen wird lie froh fein, wenn sie nur irgend-
etwas bekommt!“

Fraglich

„Wann kann ich Ihren Herrn Ehef
sprechen? Wird er bald wiederkommen?"

„Das hängt ganz von dem Arteil der
Geschworenen ab!"

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