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8. Abenteuer

In der sttähc der Insel Pellworm liegt die
Hallig Südcroog. Ein gemütliches Eiland.
Man ganz klein. Zur bestimmten Zeit halten
sich dort sehr viele Seehunde auf.

Schon lange hatte ich mir den Kopf zer-
brochen^ ob so ein Seehund nicht als Haus-
tier zu gebrauchen wäre.

Nccinc Gedanke» teilte ich meinem Freund,
dem Grafen Seppel, mit. 2Vr war denn ja
auch gleich Feuer und Flamrue für die Sache.
Bemerken muß ich »och, daß Scppels Schiff
versichert war, und er einen ganz neuen
Kasten für das klapperige Gestell wieder ge-
kriegt hat. Natürlich hieß der Dampfer wie
fein Vorgänger, auch Phönix.

Gleich am andere» Morgen sind wir abgehaucn.
Wäre ich doch nie auf die Idee gekommen,
einen Seehund zu holen!

Wir hatten uns noch nicht richtig von der
großen Hitze, die wir damals am Nordpol
mikgemacht hatten, erholt. Nun sollten wir
eine große Kälte erleben.

Zwei Wochen waren wir wohl schon unter-
wegs, als der Radiokasten anfiiig zu er-
zählen: „Hallo, Dampfer Phönix, Graf

Seppel von Lohwaffer, kehre um, dein Bruder
Jakob ruft dielt, du sollst deinen Onkel be-
erben!" Grade hatte der Kasten „beerben"
ausgesprochen, als cs anfing, kalt zu werden.
Aber mir so einer Stärke, daß sich kein
Mensch mehr bewegen konnte. Oer Frost
war so heftig, daß unser großes Schiff mitten
in Fahrt festgefroreu war.

Oer Qualm, der aus dein Schornstein hcraus-
kam, brach ab und fiel als Eis an Bord.
Wir alle, die wir draußen waren, konnten
keinen Schritt mehr tun, nicht einmal ein
Wort sprechen. So kalt war es. Die Radio-
wellen faßen in der Luft fest, man konnte
noch deutlich erkennen, was Scppels Bruder
alles erzählt hatte.

Die Vögel in der Luft blieben einfach
hängen, so kalt war cs.

Ja, sogar das Feuer unter dem Kessel war
eingefroren.

Was soll ich viel sagen, ein halbes Jahr
dauerte die Frostzeit, dann wurde cs wieder
wärmer.

Das Feuer unter dem Kessel brannte weiter,
als wäre nichts geschehen. Auch wir Men-
schen konnten uns wieder bewegen, die Vögel
in der Luft rissen sich los und flogen weiter.
Der Qualm, der als Eis an Bord gefallen
war, taute auf, hob sich zu öcni Schornstein
empor und verging dann in der Luft.

Alles ging wieder seinen alten Gang. Sogar
der alte Radiokasten fing weiter uiit Er-
zählen an.

Scppels Bruder hatte scheinbar jeden Tag
angerufen. Nu», wo die Radiowellcu auch
aufgetaut waren, ging cs ohne Pause: Sep-
pel, Seppel, konuu erben, erben, erben, erben. —
Das machte mich fiinmelig.

Da habe ich nach acht Tagen, als er seinen
Schnabel noch immer nicht halten wollte, den
alten Kasten ins Wasser geschmissen.

Endlich nach so langer llnterbrechung, kamen
wir so weit, daß wir an der Hallig Süderoog
vor Anker gingen.

Von den dort wohnenden Seehunden wurden
wir gleich mit Hallo empfangen. Sie kamen
uns entgegen, ließen sich von uns streicheln
inid sogar Zucker geben.

So ungefähr hatte ich cs mir ja auch gedacht.
Schnell, da wir zuviel kostbare Zeit verloren
hatten, parkten wir unseren Kah» voller See-
hunde, sind nmgcdreht und weiter gefahren.
Ans einmal, wir waren noch nicht weit ge-
kommen, gingen uns die Kohlen aus. Die
Erklärung ist einfach genug. Die Kohlen
waren alle gefroren, und nun wo sie aufgc-
tant waren, sind sic einfach mit geschmolzen.
Nu» war guter Rat einen Taler wert.
Liegen bleiben konnten wir i» der verlassenen
Gegend unter keinen Umstände». Also, bin'
ich so gut gewesen und habe Seehunde vor
da» Schiff gespannt.

Das ging! In zwanzig Minuten waren wir
schon vor Seppcls Schloß. Wir hätten ja
immer mit Vorspann fahren können, da hat
sich aber der Tierschutzkalender nicht mit ein-
verstanden erklärt.

Den größten der Tiere habe ich zu mir ge-
nommen und ihn abgerichtet.

Der war so gelehrig, daß er innerhalb einiger
Stunden jedes Kunststück- machte. Ja, zwei
Tage darauf, konnte er schon alle Sprachen
sprechen, die cs überhaupt gibt.

So gelehrig war der Seehund.

Jede Sprache, die ich ihm bcigebogcu hatte,
erzählte er den anderen Seehunden. Die
Brüder fingen nun auch noch an zn erzählen.
Wenn ich mitunter in den Ahnensaal kam,
wo wir die Seehunde untcrgebracht hatten,
konnte ich mein eigen Wort nicht verstehen.
Der eine fragte, ob er schon gut sächseln
könne, der andere meinte, die berliuersche
Sprache sei leicht.

Das wäre itvch alles zu ertragen, wenn ich
mich nicht mal ganz gewaltig geärgert hätte.
Ich saß mit dein Grafen und dem Käppen
gemütlich beim Skat. Der Seehund, mein
Schüler, wie er sich zu nennen pflegte, saß
hinter nur. Das ist zit verzeihen, wenn der
Hund seinen Schnabel gehalten hätte, lind
das hat er nicht getan.

Dauernd war das elende Hundcvich am
Quasseln: spiel doch den, hau den Bauern
raus, niitnehmen. Oder er sagte beim Reizen,
wat, du willst uff Zwanzig passen, wo du'»
Kreuz mit gegen ohne innc Faust hast?

Dag war für mich zuviel.

Die ganze Bande, wie sic gebacken war, habe
ich wieder aufs Schiff geschmissen und habe
sic nach ihrer Heimat zurückgebracht.

Vor Wut, daß ich sie so behandelte, sagten
sie kein Wort mehr, sie schwiege::. Nur ab
inid zu stießen sie ein Gebrüll aus. und das
tun sic ja heute noch.

Fortsetzung in nächster Dur.nuu'r
des „löaPicn Icicsb"

■ 2p8-

tfSVNDklpir/

Die wohlmeinende Gattin!

Zeichnung von Richard Asir

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