Zeichnung von L o t ii a r Reiz
Die Folgen
„Aber, gnädige Frau, Sie können doch keine Katzen
mit ins Kino nehmen!'1
„Wieso nicht? Wenn die Opposition mit weißen
Mäusen schmeißt?"
Die Geschichte vom Vürgerbeau
Das Bürgerbräu war früher einmal ein gutgehendes Lokal. Das Vier,
das man da ausschenkte, war nicht gerade berauschend — aber es schien
den Gästen bekömmlich, man wurde ein bißchen dösig beim Genuß, und
das hatten die Leute gern und sie blieben bei der Sorte. Beim Zahlen
gab es keine Schwierigkeiten — an den Stammtischen saßen die Neichen,
an den andern Tischen die Bemittelten, ganz ohne Geld war hier keiner.
Das Lokal, wie gesagt, ging früher gut.
An den Stammtischen saßen auch die Gesprächigen. Sie lobten den
schönen Brauch, immer bei derselben Sorte zu bleiben, sie priesen die
dösige Beharrlichkeit als gute Bürgertugend, sie rühmten die Reichen
und prophezeiten den Bemittelten, auch sie würden einmal reich sein.
Es ging Tag für Tag ruhig und stimmungsvoll zu im Bürgerbräu —
und keiner, der hier im Warmen saß, kümmerte sich viel um die Dinge,
die draußen geschahen.
Aber eines Tages begann das LInglück. Es hing mit einem Bilde zusammen,
das an der Wand des Bürgerbräus hing und auf dem ein mittelmäßig
aussehender Mann in goldstrohender Llniform aufgemalt war, der einen
riesigen .Helm über die Haare gestülpt hatte. Vor diesem Bilde ver-
neigten sich die stolzesten Stammgäste in tiefer Demut. Denn so reich
sie auch waren so einen hohen Helm und so eine schöne Uniform
harten sic nicht, und sie meinten sogar, daß sie nur diesem Helm und
dieser Uniform den Bestand ihres Reichtum zu verdanken Hütten. Darum
verneigten sic sich immer, wenn sie ihre Geldbeutel aus der
Tasche zogen, um ihre Zeche zu zahlen.
Za, mit diesem Bilde Hing das Schicksal des Bürgerbräus
zusammen. Denn eines Tages, als dort alle wieder bei-
sammen saßen, riß ein Mann mit Uniform und Lelm
die Tür auf und rief die Zecher auf die Straße. Trommel-
wirbel, Trompetenstöße, Salutschüsse und anderer Lärm,
dazu der Anblick dieses Mannes, der dem auf dem
Bilde glich das alles wirkte berauschender als das
Bier im Bürgerbräu. Die Gäste liefen tvie betrunken auf
die Straße, und nur die gesprächigen und reichen Herren
an de» Stammtischen blieben auf ihren warmen Plätzen.
Sie begnügten sich damit, die Betrunkenheit der Davon-
gelaufenen zu loben und sich weiter vor dem Bild an der
Wand zu verneigen.
Trommelwirbel, Schüsse, Geschrei und klirrende Scheiben —
cs dauerte lange, bis die Davongelaufenen toicdcr zurück-
kamen. Manche von ihnen sehren sich breitspurig an die
besten Tiscbe und erzählten, das Getöse da draußen wäre
ein gutes Geschäft getvescn. Andere kehrten garnicht zurück,
weil man sie umgebracht hatte. Wieder andere hatten kein
Geld mehr, ihre Zeche zu bezahlen, Lind alle merkten bald:
die große Betrunkenheit war eine kostspielige Sache geworden.
Seit diesem Tage schmeckte das Bier im Bürgerbräu nicht
mehr. Ein Teil der Gäste verlangte, man solle das Bild
des behelmten Mannes von der Wand nehmen. Andere
waren dagegen. Manche schrien, man dürfe nie wieder
hinausgehen, um sich totzuschlagen. Andere widersprachen.
Viele wünschten, die Reichen und Angesehenen an den
Stauuntischen sollten die Zeche der anderen mitbezahlen. Die
an den Stammtischen weigerten sich aber, hlnd von der
Straße draußen scholl ein gewaltiger Lärm: da waren Ar-
beiter, die keine Arbeit mehr hatten. Frauen, die keine
Männer mehr hatten, Leute ohne Wohnung, ohne Kleidung,
ohne Brot und Leute, die das Bürgerbräu einfach aus-
räumen wollten. Denn auch sie sollten die große Zeche
mitbezahlen.
Es gab ein gewaltiges Durcheinander im Lokal. Die ge-
sprächigen .Herren an den Stammtischen erhoben sich und
hielten umständliche Reden. Der eine zeigte auf das Bild
an der Wand und sagte, man solle cs weghängen — aber
cs trotzdem achten, man solle auf die Leute, die da draußen
vor lauter Rot lärmten, nicht schimpfen aber geben solle
man ihnen auch nichts, hlnd er rief alle aus, sich an seinen
Stammtisch zu setzen, den Stammtisch der demokratisch anti-
sozialistischen Monarchierepublikaner. Da stand ein Zweiter
auf und sagte: man müsse den Leute da draußen versichern,
daß man nie wieder mir Trommeln und Trompeten zum
Der Einbrecher « . , /eiciiuuoxeu voll m. cm«ei
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Die Folgen
„Aber, gnädige Frau, Sie können doch keine Katzen
mit ins Kino nehmen!'1
„Wieso nicht? Wenn die Opposition mit weißen
Mäusen schmeißt?"
Die Geschichte vom Vürgerbeau
Das Bürgerbräu war früher einmal ein gutgehendes Lokal. Das Vier,
das man da ausschenkte, war nicht gerade berauschend — aber es schien
den Gästen bekömmlich, man wurde ein bißchen dösig beim Genuß, und
das hatten die Leute gern und sie blieben bei der Sorte. Beim Zahlen
gab es keine Schwierigkeiten — an den Stammtischen saßen die Neichen,
an den andern Tischen die Bemittelten, ganz ohne Geld war hier keiner.
Das Lokal, wie gesagt, ging früher gut.
An den Stammtischen saßen auch die Gesprächigen. Sie lobten den
schönen Brauch, immer bei derselben Sorte zu bleiben, sie priesen die
dösige Beharrlichkeit als gute Bürgertugend, sie rühmten die Reichen
und prophezeiten den Bemittelten, auch sie würden einmal reich sein.
Es ging Tag für Tag ruhig und stimmungsvoll zu im Bürgerbräu —
und keiner, der hier im Warmen saß, kümmerte sich viel um die Dinge,
die draußen geschahen.
Aber eines Tages begann das LInglück. Es hing mit einem Bilde zusammen,
das an der Wand des Bürgerbräus hing und auf dem ein mittelmäßig
aussehender Mann in goldstrohender Llniform aufgemalt war, der einen
riesigen .Helm über die Haare gestülpt hatte. Vor diesem Bilde ver-
neigten sich die stolzesten Stammgäste in tiefer Demut. Denn so reich
sie auch waren so einen hohen Helm und so eine schöne Uniform
harten sic nicht, und sie meinten sogar, daß sie nur diesem Helm und
dieser Uniform den Bestand ihres Reichtum zu verdanken Hütten. Darum
verneigten sic sich immer, wenn sie ihre Geldbeutel aus der
Tasche zogen, um ihre Zeche zu zahlen.
Za, mit diesem Bilde Hing das Schicksal des Bürgerbräus
zusammen. Denn eines Tages, als dort alle wieder bei-
sammen saßen, riß ein Mann mit Uniform und Lelm
die Tür auf und rief die Zecher auf die Straße. Trommel-
wirbel, Trompetenstöße, Salutschüsse und anderer Lärm,
dazu der Anblick dieses Mannes, der dem auf dem
Bilde glich das alles wirkte berauschender als das
Bier im Bürgerbräu. Die Gäste liefen tvie betrunken auf
die Straße, und nur die gesprächigen und reichen Herren
an de» Stammtischen blieben auf ihren warmen Plätzen.
Sie begnügten sich damit, die Betrunkenheit der Davon-
gelaufenen zu loben und sich weiter vor dem Bild an der
Wand zu verneigen.
Trommelwirbel, Schüsse, Geschrei und klirrende Scheiben —
cs dauerte lange, bis die Davongelaufenen toicdcr zurück-
kamen. Manche von ihnen sehren sich breitspurig an die
besten Tiscbe und erzählten, das Getöse da draußen wäre
ein gutes Geschäft getvescn. Andere kehrten garnicht zurück,
weil man sie umgebracht hatte. Wieder andere hatten kein
Geld mehr, ihre Zeche zu bezahlen, Lind alle merkten bald:
die große Betrunkenheit war eine kostspielige Sache geworden.
Seit diesem Tage schmeckte das Bier im Bürgerbräu nicht
mehr. Ein Teil der Gäste verlangte, man solle das Bild
des behelmten Mannes von der Wand nehmen. Andere
waren dagegen. Manche schrien, man dürfe nie wieder
hinausgehen, um sich totzuschlagen. Andere widersprachen.
Viele wünschten, die Reichen und Angesehenen an den
Stauuntischen sollten die Zeche der anderen mitbezahlen. Die
an den Stammtischen weigerten sich aber, hlnd von der
Straße draußen scholl ein gewaltiger Lärm: da waren Ar-
beiter, die keine Arbeit mehr hatten. Frauen, die keine
Männer mehr hatten, Leute ohne Wohnung, ohne Kleidung,
ohne Brot und Leute, die das Bürgerbräu einfach aus-
räumen wollten. Denn auch sie sollten die große Zeche
mitbezahlen.
Es gab ein gewaltiges Durcheinander im Lokal. Die ge-
sprächigen .Herren an den Stammtischen erhoben sich und
hielten umständliche Reden. Der eine zeigte auf das Bild
an der Wand und sagte, man solle cs weghängen — aber
cs trotzdem achten, man solle auf die Leute, die da draußen
vor lauter Rot lärmten, nicht schimpfen aber geben solle
man ihnen auch nichts, hlnd er rief alle aus, sich an seinen
Stammtisch zu setzen, den Stammtisch der demokratisch anti-
sozialistischen Monarchierepublikaner. Da stand ein Zweiter
auf und sagte: man müsse den Leute da draußen versichern,
daß man nie wieder mir Trommeln und Trompeten zum
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