Zeichnung von E. R o s t a
Die Redaktion erlaubt
sich, einem hochver-
ehrlichen Publikum fol-
gende Erläuterung zu
geben: es ist der Dia-
mant und nicht der
Groschen, der da im
Bilde glänzt!
Herbert Schildknecht: Schweigende Fahrt
Die Eisenbahn rollt emsig durch die Gegend.
Es sitzen sieben Menschen Platz bei Platz.
Man fährt dahin — es ist nicht weltbewegend —
Man fährt nach Haus, zum Fest, zum Sport, zum Schatz.
Man fährt zum Handel und zu Konferenzen,
zum Ehebruch, vielleicht zur Bigamie.
Es ist schon Abend. Dunkel starrt der Himmel.
Eintönig surrt die Rädermelodie.
Manchmal erzeugt die Reise leicht Gespräche.
Doch dies Abteil ist stumm und reserviert.
Mir ist es recht. Ich bin zu glatten Worten
so wenig wie die andern disponiert.
Wer schweigt, der denkt. Es denken sieben Schweiger.
Mein Nachbar legt sich dabei auf das Ohr.
Die Lampe flackert. Langsam rückt der Zeiger
und etwas schneller die Maschine vor.
Ein Herr, ein Reisender (Kattun und Parchend),
notiert sich Orders in ein Nebenbuch.
Mein dicker Nachbar schläft schon, leise schnarchend.
Die alte Dame sucht ihr Taschentuch.
Ein Fräulein ißt Pralinen aus dem Kasten.
Ihr Gegenüber sieht sie heimlich an.
Ich schreibe langsam diese Zeilen nieder.
In seiner Zeitung liest der alte Mann.
So fahren wir, eng beieinander sitzend,
und jeder doch in seiner Welt allein.
Es ist, als führen sieben große Schweiger
schweigend ins letzte, große Schweigen ein.
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Die Redaktion erlaubt
sich, einem hochver-
ehrlichen Publikum fol-
gende Erläuterung zu
geben: es ist der Dia-
mant und nicht der
Groschen, der da im
Bilde glänzt!
Herbert Schildknecht: Schweigende Fahrt
Die Eisenbahn rollt emsig durch die Gegend.
Es sitzen sieben Menschen Platz bei Platz.
Man fährt dahin — es ist nicht weltbewegend —
Man fährt nach Haus, zum Fest, zum Sport, zum Schatz.
Man fährt zum Handel und zu Konferenzen,
zum Ehebruch, vielleicht zur Bigamie.
Es ist schon Abend. Dunkel starrt der Himmel.
Eintönig surrt die Rädermelodie.
Manchmal erzeugt die Reise leicht Gespräche.
Doch dies Abteil ist stumm und reserviert.
Mir ist es recht. Ich bin zu glatten Worten
so wenig wie die andern disponiert.
Wer schweigt, der denkt. Es denken sieben Schweiger.
Mein Nachbar legt sich dabei auf das Ohr.
Die Lampe flackert. Langsam rückt der Zeiger
und etwas schneller die Maschine vor.
Ein Herr, ein Reisender (Kattun und Parchend),
notiert sich Orders in ein Nebenbuch.
Mein dicker Nachbar schläft schon, leise schnarchend.
Die alte Dame sucht ihr Taschentuch.
Ein Fräulein ißt Pralinen aus dem Kasten.
Ihr Gegenüber sieht sie heimlich an.
Ich schreibe langsam diese Zeilen nieder.
In seiner Zeitung liest der alte Mann.
So fahren wir, eng beieinander sitzend,
und jeder doch in seiner Welt allein.
Es ist, als führen sieben große Schweiger
schweigend ins letzte, große Schweigen ein.
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