| Tnlängst ging ich nächtlicherweile' durch die
^ Kärtnerstraße in Wien. Da kam eine hübsche
berufstätige Dame. auf mich zu, wedelte kokett
mit ihrem edel geformten sex appeal und flötete:
„Komm mit mir, Bubi, da hast viill mehr davo.
als wannst dei’ Gold in aner Bank anbaust!“
IVTach zehn Ehejahren fuhren sie wieder nach
' Italien, dem Weg ihrer damaligen Hochzeits-
reise folgend. Sie kamen an den kleinen Platz,
wo sie ihr junges Glück erlebten, und suchten
den verschwiegenen Gasthof.
Er war ein mächtiges Hotel geworden.
Der verträumte Wald war Tennisplätzen gewichen.
Und vor der Grotte, in die sie sich einst viele
Stunden verkrochen, tobte eine Badeanstalt.
..Ist es nicht schade“, seufzte die Frau, „wie sich
hier alles verändert hat? Was einst zart und
einfach und verträumt war, ist heute kalt und
hart und organisiert.“
Der Gatte erwiderte:.
„Ist nicht auch aus unserer Liebe eine Ehe
geworden?“
]\/T inna Lehmann, die Haushilfe, unterhielt sich
±TJ_ gern mit Männern.
Früh stand sie beim Briefträger, beim Semmel-
mann, beim Milchjungen. Mittags schäkerte sie
mit dem Fleischer, dem Krämer, dem Bier-
brauer. Am Abend erst . . .
Die Hausfrau murrte:
„Immer mit die Männer, Minna! Immer mit die
Männer! Das gehört sich nich!“
Da sagte Minna:
„So? Haben Sie vielleicht Ihren Mann in der
Lotterie gewonnen?“
Imponiert nicht
mehr!
„Nee, weeßte — überall
in der Welt Zusammen-
bruch und Ruin, da
machen die paar ollen
Klamotten doch keenen
Eindruck mehrI"
Hungerzeiten
1928. Der Vater: „Hier,
mein Sohn, hast du mei-
nen Sonntagsanzug, er
ist mir zu eng gewor-
den, Mutter wird ihn dir
enger machen!“
1931 Der Sohn: „Hier,
Vater, deinen Anzug
zurück, Mutter, wird ihn
dir enger machen!“
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^ Kärtnerstraße in Wien. Da kam eine hübsche
berufstätige Dame. auf mich zu, wedelte kokett
mit ihrem edel geformten sex appeal und flötete:
„Komm mit mir, Bubi, da hast viill mehr davo.
als wannst dei’ Gold in aner Bank anbaust!“
IVTach zehn Ehejahren fuhren sie wieder nach
' Italien, dem Weg ihrer damaligen Hochzeits-
reise folgend. Sie kamen an den kleinen Platz,
wo sie ihr junges Glück erlebten, und suchten
den verschwiegenen Gasthof.
Er war ein mächtiges Hotel geworden.
Der verträumte Wald war Tennisplätzen gewichen.
Und vor der Grotte, in die sie sich einst viele
Stunden verkrochen, tobte eine Badeanstalt.
..Ist es nicht schade“, seufzte die Frau, „wie sich
hier alles verändert hat? Was einst zart und
einfach und verträumt war, ist heute kalt und
hart und organisiert.“
Der Gatte erwiderte:.
„Ist nicht auch aus unserer Liebe eine Ehe
geworden?“
]\/T inna Lehmann, die Haushilfe, unterhielt sich
±TJ_ gern mit Männern.
Früh stand sie beim Briefträger, beim Semmel-
mann, beim Milchjungen. Mittags schäkerte sie
mit dem Fleischer, dem Krämer, dem Bier-
brauer. Am Abend erst . . .
Die Hausfrau murrte:
„Immer mit die Männer, Minna! Immer mit die
Männer! Das gehört sich nich!“
Da sagte Minna:
„So? Haben Sie vielleicht Ihren Mann in der
Lotterie gewonnen?“
Imponiert nicht
mehr!
„Nee, weeßte — überall
in der Welt Zusammen-
bruch und Ruin, da
machen die paar ollen
Klamotten doch keenen
Eindruck mehrI"
Hungerzeiten
1928. Der Vater: „Hier,
mein Sohn, hast du mei-
nen Sonntagsanzug, er
ist mir zu eng gewor-
den, Mutter wird ihn dir
enger machen!“
1931 Der Sohn: „Hier,
Vater, deinen Anzug
zurück, Mutter, wird ihn
dir enger machen!“
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