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Humboldt: Aber sagten Sie nicht, Grünfeld, Sie hätten
einen Theatervertrieb?

Grünfeld: Ob wir einen Vertrieb haben! Den rüh-
rigsten von ganz Berlin.

Humboldt: Nun — Freund Schiller hat ein neues
Stück mit.

Grünfeld (elektrisiert): Und det sagen Se erst jetzt?
Eene Uraufführung von Schilfa — keen Spaß, wat sich
Reinhardt und Barnowsky darum reißen wem.

Schiller (überreicht Grünfeld ein Manuskript).
Grünfeld: Etwas Lustiges — wie? Denn war et also
doch richtich, wat de Literaturhistoriker des vorijen Jahr-
hunderts auf Jrund Ihrer letzten Werke vorausjesacht haben?
Schiller: Was habe se vorausgesagt?

G r ii n f e 1 d : Nu, det Se uns en deutsches Lustspiel
schreiben würden. — Man meente doch imma, Ihre Ent-
wicklung hätte nach dem gewissen 9. Mai 1805 mit tötlicher
Sicherheit zum Lustspiel jeführt?

Schiller: Das isch ja drollieh. Sie müsse mir mehr
davon erzähle . . . Hier allerdings isch eine Tragödie —
die Wallensteintrilogie.

G r ü n £e 1 d : So, so. Wallenstein. Det is doch der Mann mit
dem tätlichen Happyend? Vaehrta Herr von Schilla (er
blättert im Buch), eene Trajödie is schon Mumpitz. Nu jar
in Gamben! Wat da Balina von heute is, der valangt sein
abendfüllndes, packndes Stück, wodauf er um jejen elwe
abendessen kann. Een historischet Stück ... na ja, jewifi . . .
Aba ick halte nich viel von. Die Zeit der historischen Stücke

is voriba . . . Unn denn — nich wa? — een Soldatenstück?
Nu hatten wa erst vor kurzem den „Schrecken der Garnison“
und „Drei Tage Mittelarrest“ — janz famos—. im Film.
Unsa Publikum is jejen Soldatenstücke fuchtba abjestumpft.
— Ihr Wallenstein spielt in Süddeutschland — wie? De
süddeutsche Schlappheit könn wa in Bahn ooch nich recht
vaknusen. Wa wem det Dings natürlich mit jrohem Vajniejen
nehmen. Aba jetzt — niwa? — is de Saison schon fuchtba
vorjerückt, um den Herbst ham wa mits moderne Repertoa
schon vollständich besetzt. Wenn Se einvastanden sind, lieba
von Schilla, machen wa de Sache nachn fufzehnten Aujust,
wo det richtije Balin-Wildwest in de Seebäda macht, un
ick wer vasuchen, for Justein von Blasewitz ene jeeijnete
Vatreterin zu finden.

Schiller (macht immer wieder Anstalten, zu gehen).

G r ii n f e 1 d (sucht ihn durch eifriges Reden gleichsam
festzuhalten). Könn Se nich for Justeken en nettet Kupp-
leechen inlejen? Zum Beispiel so . . . so . . . wat vons Lajer-
leben? Ick laß et denn von Holländern nach en amerika-
nischen Motiv komponian.

Schiller (hat sein Taschenbuch hervorgezogen und etwas
dareingeschrieben).

H u m b o 1 d t (guckt ihm neugierig über die Schulter):
Was haben Sie da geschrieben?

Schiller: Eine neue Xenie. (Er liest — im Abgehen —
mit einigem Pathos):

Götz von Berlichingen — nie dacht ich, sein Wort zu be-
nutzen. Scheidend vom neuen Berlin — jetzo zitiere ich ihn.

Wir lernen nicht für die Schule, sondern für das Leben . . .

Zcichmms voti Hans Kossatz

Stern jpsbteff®

Strandanzüge waren in der Badesaison dieses Sommers
die große Mode. So auch in Ahrenshoop in Pommern,
von wo uns folgender ergötzlicher Vorfall berichtet wird.
Eine Dame ging im Strandanzug durch den Ort, da pflanzte
sich plötzlich vor ihr ein klapperdürres Weib mit langem
Rock und hochgeschlossenem Kragen auf und sprach:
„Deutsche Frau! Schämst du dich nicht, in Hosen herum-
zulaufen?“

Die also Angesprochene erwiderte:

„Meinen Sie mich? Dann sind Sie an die falsche Adresse ge-
raten. Ich heiße Sarah Feitelbaum und stamme aus Lemberg.“
Aber zwei rein arischen, hochblonden, hochrassigen Damen
ging es nicht besser. Die sahen im benachbarten Althagen
ein Schild hängen, auf dem geschrieben stand:

„Frischer Salat.“

Die beiden hochblonden Arierinnen gingen in das Haus.
Mit Strandanzügen. Es erschien eine vollbusige Frau.

„Wir möchten gern etwas Salat“, sagten die beiden.

Die vollbusige Frau aber tat einen Schrei.

Und brüllte:

„Ihr Dreck! Ihr Judenbande! Gehnse runter von meinem
Grundstück, das ist heiliger Boden! Ich verkaufe nicht die
Früchte meines Feldes an Judendreck in Hosen! Raus! Oder
ich hetze unseren Wotan auf euch!

Das Schönste dabei war, daß die beiden Damen sich national-
sozialistisch veranlagt fühlten. Unser Mitgefühl ist ihnen gewiß.

Brasilien wird seinen Kaffee los
und erhält von Amerika Weizen.

Solch Tauschgeschäft ist ganz famos
und muß zur Nachfolge reizen.

Als Zahlungsmittel ward Gold entthront,
sein Wert ging jetzt vor die Hunde.

Bald wird man das neue Sprichwortgewohnt:
Morgenstunde hat Kaffee im Munde.

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