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er Angeklagte sah gutmütig aus.

,.Sie haben Herrn Müller in einem Drohbrief geschrieben,
daß Sie ihn verprügeln wollten!“

„Das war nur Scherz, Herr Richter!“

„Sie haben Herrn Schulze gedroht, Sie würden ihn aus dem
Fenster werfen und Sie haben Herrn Lehmann eine Zaunlatte
gezeigt und gesagt, er würde Sie demnächst kennen lernen!“

„Alles Scherz, Herr Richter, alles Scherz!“

„So — wenn das alles Scherz ist — was ist denn bei
Ihnen Ernst!“

Der Angeklagte kratzte sich den Kopf, guckte sich schüch-
tern um und sagte:

„An welchem von den Herren soll ich’s Ihnen denn
zeigen?“

Oer

Weihnachtsengel
und die Welt

„Hier, eine Weihnachts-
gabe, nimm siel'

„Sehr liebenswürdig,
aber ich habe die Hände
schon voll!“

Zeichnung von J u p o

Hans Smoliks Mensch ohne Arbeit

Die erste Zeit, da glaubte er an Wunder,
er glaubte, heute findest du
gewiß etwas, doch stoisch klappte
der Stempelgeber seinen Schalter zu.

Dann kam die Zeit, wo er verbissen
am Straßenstand sich heiser sprach
und sich verfroren und verzweifelt
heimschlich. Ihm schlich der Hunger nach.

Dann kam die Zeit, wo mit erloschner Stimme,
gefoltert, wie am Rad,
treppauf, treppab, an allen Türen
er um ein Scherflein bat.

Nun ist die Zeit, wo nutzlos bohrend
er vegetiert und sich betrinkt,
wo ihm in dumpfen trägen Dämmern
der Selbstmord als Erlösung winkt. —

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