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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 53.1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.8268#0010
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„Dieses Jahr“, hat Emil zu seiner
Frau gemeint, weil er doch dem Chef
zuliebe im DHV ist, und weil er doch
dem Chef immer erzählt, was die
andern im Büro vom Chef erzählen
und überhaupt für welche sind, da
hat er also gemeint — „dieses Jahr
zu Neujahr "bekomme ich bestimmt
100 Mark oder vielleicht 50 Mark,
aber wenigstens 20 Mark, wenn nicht
noch mehr.“ Er hat gesagt: „Hab
ich recht, Mi neben? Sag' doch was!“
Manchen hat geseufzt und gemeint:
„Ach, ich sage kein Wort mehr. Ein
Gedächtnis hast du, ein Gedächtnis!
’ne leere Konservendose! Du bist ein
hoffnungsloser Fall. Ach!“

Dahat sich Emil auf dem grünen Plüsch-
sofa, was er von seiner Schwiegermutter
geerbt hat und in der Küche steht, wo
er draufsaß, geduckt. Er hat kein
Wort gesagt und hat still geschwiegen.
Er hat sich gesagt: das beste ist, du
sagst kein Wort. Er hat auf seine Zei-
tungen gestarrt, weil er so seine Ruhe
hat. Er hat im „Lokalanzeiger“ eine
„Wahre Geschichte“ gesucht, aber
keine gefunden. Da hat er die Zeitung
weggelegt und im Blatt vom DHV
nachgesehen, aber die haben so eine
Rubrik noch nie gehabt.

Zeichnungen von
O. D e 11 i n g

„Goebbels hat
sich über die
,Septemberlinges
In der NSDAP, be-
klagt — wenn's
bei der Verteilung
der Ministerses-
sel im Dritten
Reich nur gut
geht!“

Bei Emil ist einer im Kontor mit drin,

der ist Mitglied vom ZdA und heil.it Müller. Den kann Emil am schlechtesten leiden, und seine trau auch, weil der
nämlich immer sagt, was er denkt, und das ist nicht von Pappe. Der Müller ist im ganzen Betrieb dei einzige, dei wo
einfach Tarif verlangt hat, weil er sagt: man muß nur fordern, und auch Ferien, und der Chef hat ihm alles gegeben,
dem Müller. Das hat Emil am meisten geärgert, weil ihm der Alte keinen Tarif gibt, sondern nur 120 Mark im Monat, und

er hat fünf Kinder und keine Ferien
Dabei ist Emil der gute Fieund vom
Chef und sagt ihm alles.

Emils Frau sagt immer: „Du darfst
mit Herrn Reibeisen nicht so viel über
andere sprechen. Von dir mußt du
sprechen, von uns, von deiner Familie,
von deiner Not. von deiner Frau,
von deinen Kindern!“

Da schüttelt Emil immer mit dem
Kopf. „Das kann ich nicht“, sagt er,
„da wird er doch denken, ich will was
haben, da wird er doch denken, er
soll mir was schenken. Nein, nein,
das kann ich nicht.“

Da sagt seine Frau: „Rindvieh!“, sonst
nichts.

Wie gestern Feierabend war, und Emil
ist noch sitzen geblieben und hat
Ueberstunden schieben wollen, ganz
allein, da ist der Müller an ihn ran
und hat gesagt:

„Zierfischel, nimm mirs bitte nicht übel,
aber du bist ein selten dummes Schwein!
Schon die ganze Woche bieibste abends
da, wenn wir nach Hause gehen,
Heute willste noch was schreiben.
Gestern haste bei der Alten vom
Chef die Wäsche gerollt, Vor-
gestern haste ihm seinen Garten
gegraben. Sonntag früh haste
seinen Hund spazieren geführt. V o-
rige Woche haste dreimal Holz

„Keine Sorge!
Unsere SA.-Leute
werden auch mit
dem Problem fer-
tig werden I“

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