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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 53.1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.8268#0011
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Zeichnung vcnrEr i c li O lrs er

Das Verhör

„Ja, Kreuzdonner
wetter der Ge-
richtsschreiber
isses nich ge-
wesen, ich bin’s
nich gewesen, —
einer von uns
dreien muß es
doch gewesen
sein!“

gehackt-Ist das ’ne Arbeit für dich? Mensch, Zierfisehel!

Ist das 'ne Arbeit für ’nen Angestellten!?“

Emil hat nicht gewußt, was er sagen soll. Er hat dagehockt
auf seinem Drehschemel und hat am Bleistift rumgeknabbert.
Er hat gedacht: das beste is, man denkt gar nich drüber nach.
Aber der Müller hat ihm keine Ruhe gelassen, Er hat ihm

stunden? - Nein! Krieche ich vorm Alten wie du? — Nein!
Schmuse ich mit ihm rum, was du und die andern über ihn
denken — — naja, wink bloß nicht ab, wir wissen doch
genau, über was du mit ihm redest, doch nicht über das
Liebesieben der Wanzen. Ich arbeite meine acht Stunden.
Ich kriege mein Geld bestimmt nicht umsonst, ich schaffe
was in dieser Zeit. Aber nach acht Stunden wird kein Strich
mehr gemacht! Wenn Feierabend ist, ist Feierabend! Habe
ich deshalb keinen Tarif, he? Dabei krieche ich nicht, ich
kusch’ nicht, ich sag’ meine Meinung jederzeit.“

Der Müller ist gegangen, und der Emil ist geblieben. Er hat
sich sehr geärgert, weil der Müller immer recht hat und er ist
an die Tür vom PRIVATEN und hat geklopft. Der Alte hat
von drinnen aufgeregt „Herein“ gerufen, und Emil ist herein-
gekommen und hat gesagt:

„Guten Abend, Herr Reibeisen, ich bin da.“

Er hat gemeint: Ich bleibe heute Abend wieder da, ich will
noch arbeiten, ich bin ein zuverlässiger, folgsamer, treuer,
aufopferungsbereiter, hingebungsvoller, pflichterfüllender,
braver Angestellter der Käsefabrik Christian Reibeisen. Das
alles hat Emil gemeint, aber soviel auf einmal getraute er-
sieh dem Chef nicht zu sagen. Er sagte eben nur:

„Guten Abend, Herr Reibeisen, ich bin da.“

„Das sehe ich“, sagte der und fuhr dabei in seinen Mantel.
..Ich will aber jetzt ins Theater fahren“, sagte er weiter und

den Bleistift aus der Hand ge-

nommen und hat gesagt:

„Laß das Geknabbere! Du
meinst wohl, wenn du noch
nach Feierabend für die Firma
klönst, dann haste beim Alten
eine bessere Nummer als wir?
Aber da irrste dich, mein Lieber!
Vielleicht kloppt der dir mal
auf die Schulter, vielleicht grinst
er dich mal an, vielleicht sagt
er zu dir mal ein recht nettes,
schmalziges, liebes, freundliches
Wort. Aber wie ist’s mit deinem
Gehalt? Wie mit der Kinder-
zulage? Wie mit deinen Ferien?
Je mehr du dich bei dem an-
biederst, um so mehr wirste
ausgenutzt! Je mehr du kriechst,
desto derber fallen die Fußtritte
aus! Worte, ja Worte schenkt
er dir eine Menge! Aberkannste

In Pension

„Sie sagen immer.
Sie hätten selbst
die Butter auf-
gestrichen — wer
mag sie wohl je-
desmalwiederab-
schaben?“'

Zeichnung von Stephan Szigcthy

dir dafür was kaufen!?“

„N — nee“, sagte Emil „das nicht, aber . . . aber . .
„Was denn, was denn? Sieh doch her? Mache ich Heber-

Zeichnung von Ericli Q h s c r

Ein

Vorschlag

„Nun haben Sie
mich also im
Schnellverfahren
verknackt, Herr
Amtsrichter —
kann ich die vier
Monate nicht
auch im Schnell-
verfahren ab-
sitzen?“

stülpte sich dabei seinen Hut auf. „Ich habe meiner Frau
versprochen“, setzte er mit bedauernder Stimme seine Toilette
fort, um anschließend eilig zu fragen: ..V ünsehen Sie noch
was, mein lieber Zierfisehel, aber schnell, schnell, ich habe
keine Zeit mehr, jetzt ist Feierabend.“

„N — nein“, sagte Emil verdattert, „ich wollte ... nämlich . ..
bloß .. . eben . . . ich wollte sehr gern noch ein bißchen was
machen, Herr Reibeisen. Die Debitoren nachtragen und
noch so was.“

„Das ist sehr nett von ihnen, mein lieber Zierfisehel“, sagte
lächelnd der Chef, klopfte ihm hastig mit der Rechten auf die
Schulter und fuhr dann mit der Linken in einen glänzenden
hellbraunen Lederhandschuh. „Sie sind ein fleißiger Mensch
(Emil wurde rot). Sie sind das Muster eines fleißigen Menschen
(Emil wurde noch röter). Sie sind . . . sind . . . jedenfalls sind
Sie mein lieber Zierfisehel (Emil wurde fast blau). Aber ich
muß leider weg, meine Frau wartet. Nehmen Sie doch die
Bücher mit nach Hause.“

Emil machte eine abwehrende, erschrockene Bewegung. Er
dachte: meine Frau schimpft immer wegen Licht. Sie läßt
mich doch nicht bei Licht arbeiten. Sie macht um acht das

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