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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 53.1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.8268#0013
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Kleiner Leitfaden für
Wirtschaftsführer

Von den Pf 1 i cli t e n eines Wirts chaftsfülvrers.
Die vornehmste Pflicht eines Wirtschaftsführers ist es,
niemanden darüber im Zweifel zu lassen, daß die Wirtschaft
weder in der Produktion, noch im Verbrauch von Waren
und Werten besteht, sondern einzig und allein im Heiligtum
des Besitzes und im Wachstum von Zins, Rente, Profit
und Dividende. Wer anderen Auffassungen vom Wesen
und Gedeihen der Wirtschaft nicht mit Verachtung und
Entrüstung unermüdlich entgegenzutreten weiß, ist zum
Wirtschaftsführer ungeeignet und tut deshalb gut daran,
von vornherein auf den Anspruch zu verzichten, in den
Kreisen der Wirtschaftssachverständigen ernst genommen
zu werden.

Von der M a eh t eines Wirtschaftsfü h r ers.
Ein Wirtschaltsführer muß wissen, daß seine Bedeutung

Zeichnung von H e r m a n n G r o t il

„Ihr Kleiner lei-
det doch so an
Gerstenkörnern.
Wollen Sie nicht
mal einen Arzt
fragen?“ - „Um
Gotteswillen! Mit
den Augen ist
nicht zu spaßen!"

Zeichnung von Werner Saul

„Haben Sie schon einen
neuen Zwanzigmark-
schein gesehen?“
„Nein, noch nichteinmai
einen alten!“

und sein Einfluß auf diei Faktoren beruht: aul der Größe
seines Bankkontos, auf der Weite seines Gewissens und
auf der Stärke seiner Autorität. Es kommt, was wohl zu
beachten ist, nicht darauf an, ob die Größe des Bankkontos
durch die Höhe der Guthaben oder die Höhe der Schulden
entstanden ist. Und es kommt nicht darauf an, daß die
Autorität auf Sachkenntnis begründet ist — es genügt,
daß sie in keinem Falle einen Widerspruch oder gar eine
Einmischung in eigene Angelegenheiten duldet.

Von der Taktik eines Wirts chaftsführers.
Die Schulden eines Wirtschaftsführers unterscheiden sich
von gewöhnlichen Schulden dadurch, daß für den Gläubiger
keine Möglichkeit besteht, sie zurückgezahlt zu erhalten.
Ein Wirtschaftsführer darf also nur Schulden in einer
Höhe machen, die erstens dem Gläubiger imponiert und
die es ihm zweitens ratsamer erscheinen läßt, die Hilfe
der Oeffentliehkeit anzurufen, als den Konkurs des Wirt-
schaftsführers herbeizuführen.

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