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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 53.1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.8268#0042
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Das Pensionsgesuch

Amtmann und Obersekretär

..Also Herr Amtmann, ohne etwas gegen Herrn Lentsch
sagen zu wollen — Herr Lentsch ist mein Vorgesetzter —,
aber es geht nicht so weiter. Ich zweifle, daß Herr Inspektor
Lentsch noch seine Sinne beisammen hat. Wir haben die
größte Mühe, aufzupassen, daß nichts passiert. Die ganze
Arbeit lastet auf uns. Wir müssen nur immer sehen, daß
Herr Lentsch auf keinen Fall eine schwierige Sache in die
Hände bekommt. Aber auch bei den einfachen Sachen,
die er bearbeitet, haben wir noch immer die doppelte
Mühe, es wieder in Ordnung zu bringen. Ich weiß nicht, ob

Präsident und Amtmann

„Ich habe schon mit Herrn Schotter gesprochen, Herr
Präsident. Es scheint mit Herrn Inspektor Lentsch nicht
mehr so weiter zu gehen. Wir müssen die Pensionie-
rung schnellstens in die Wege leiten, ehe etwas passiert.
Auf alle Fälle, sobald das Gesuch da ist, ist er sofort
zu beurlauben.“

„Gewiß, gewiß, Herr Becker. Aber es soll schonend ver-
anlaßt werden. Man kann ihm die Meinung selbstverständ-
lich nicht auf den Kopf Zusagen. Es muß ihm nahegelegt
werden. Sie verstehen.“

„Ich habe unverbindlich schon Herrn Schotter in, diesem
Sinne beauftragt. Ich glaube, daß es nicht auf Schwierig-
keiten stoßen wird.“

Zeichnung von Georg Wilke

Wie der Hitler das Wort
„legal“ buchstabiert..!

Ihnen die Sache Rohde bekannt ist. Es ist noch eben und eben
gut gegangen. Aber es muß etwas geschehen. Es muß Herrn
Lentsch nahegelegt werden, sich pensionieren zu lassen/4
„Ganz recht, mein lieber Herr Schotter! Ich weiß schon
Bescheid. Herr Lentsch muß pensioniert werden, ehe
wirklich mal etwas Unangenehmes passiert. Ich habe selbst
schon dem Herrn Präsidenten berichtet. Es muß in die
Wege geleitet werden. An anderer Stelle ist Herr Inspektor
Lentsch auch nicht zu gebrauchen. Man möchte, der Herr
Präsident ist unbedingt dafür, aber man möchte doch nicht
gleich zu einer Zwangspensionierung greifen. Besser wäre
es — Sie haben ganz recht — es Herrn Lentsch nahezulegen,
von sich aus ein Pensionsgesuch einzureichen. Aber wie?
Es muß jemand . . . Also, vielleicht übernehmen Sie es,
Herr Schotter, den Herrn Inspektor unauffällig dahin-
zubringen, daß er sich zur Ruhe setzen lassen will. Aber
vorsichtig! Es darf nicht verletzend sein.“

„Herr Amtmann, Sie können sich auf mich verlassen!“

„Gut also! Sie werden mir das weitere berichten, Herr
Becker.“

„Jawohl, Herr Präsident! Guten Morgen!“

„Guten Morgen, Herr Becker!“

Präsident und Inspektor

„Ah, guten Tag, mein lieber Herr Lentsch! Setzen Sie sich!
Ich habe Ihr Pensionierungsgesuch gelesen und Sie darum
bitten lassen. Selbstverständlich, obwohl ich Sie natürlich
mit Bedauern scheiden sehe . . . Ihre Kenntnisse, Ihre
Geschicklichkeit ... Es wird ein schwerer Verlust für die
Behörde sein. Aber Ihre Gesundheit geht da natürlich vor.“
„Das ist es nicht, Herr Präsident. Ich fühle mich
noch gesund und rüstig genug. Körperlich. Aber mein
Gedächtnis. Und mein Geist. Ich fürchte, das läßt schon
zu sehr nach.“

„Keine Rede davon, Herr Lentsch. Das ist doch nicht
möglich. An geistiger Frische nehmen Sie es mit dem

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