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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 53.1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.8268#0071
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„WissenSie, das scheint
mir eine politische An-
spielung auf Deutsch-
land zu sein. Da ist 'was
auf den Kopf gestellt
und das Ganze macht
einen äußerst wackligen
Eindruck!“

Zeichnung von Bob II i n d i* r s i n

Der Marsch auf Berlin

Es soll Leute geben, sogar in den Reihen seiner eigenen
Anhänger, die an der Charakterfestigkeit und Konsequenz
des großen völkischen Führers Adolf Hitler zweifeln. Das
kann nur auf bedauerlichen Mißverständnissen beruhen.
Denn er, Adolf Hitler, ist sich treu geblieben. Vor neun
Jahren entschloß er sich, nach Berlin zu marschieren. Und
noch heute ist er willens, das zu tun. Noch heute, obgleich er
inzwischen mehrfach festgestellt hat, daß man diese begeh-
renswerte Ortschaft auch mit der Eisenbahn ganz bequem
erreichen kann.

Vor neun Jahren marschierte er mit Ludendorff, um gegen
die Weimarer Verfassung zu kämpfen. Jetzt will er mit
Hugenberg marschieren, um auf Grund dieser Verfassung
einen Wahlkampf zu gewinnen, in dem zwar vom preu-
ßischen Landtag die Rede ist, in dem es sich aber für die
Helden der nationalen Bewegung um nichts anderes handelt
als eben wieder um den Marsch auf Berlin. Wer wird dem
völkischen Führer kleine Abweichungen von der einstigen
Strategie vorwerfen, wenn sein großes Ziel das gleiche
geblieben ist?

Man sage, was man wolle — der Herr des Braunen Hauses,
der Heiland des Hakenkreuzes, der Vorkämpfer arischer
Art, bleibt sich treu. Schon zweimal war er nahe daran,
als Sieger in Berlin einzuziehen. Das erste Mal (mit
Ludendorff) wäre es ihm nahezu gelungen, wenn nicht
durch einen unvorhergesehenen Zwischenfall beim ersten
scharfen Schuß seine Anhänger ihm — und er seinen
Anhängern davongelaufen wäre. Beim zweiten Mal (mit
Thälmann) wäre es ihm abermals gelungen, wenn nur ein
paar Millionen Wähler mehr für seinen Volksentscheid
begeistert gewesen wären. Und da sich Hitler treu bleibt,
darf man Voraussagen, daß ihm auch beim dritten Mal (mit
Hugenberg) der Angriff aufs preußische Berlin . . . beinahe
gelingen wird.

Denn Hitler marschiert. Und er marschiert offenbar so
gern, daß es ein Unglück für ihn wäre, sein Ziel wirklich
zu erreichen. Denn welchen Grund hätte er dann zu immer
neuen Märschen? Wenn sein Marschieren mit seinem Siege
enden würde, wen sollte der „Völkische Beobachter“

(Schluß auf Svile b)

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