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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 53.1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.8268#0299
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Nach dem Verbot

Am 28. Juli 1932 wurde der „Wahre Jacob" durch den Berliner Polizeipräsidenten Melcher auf die Dauer von acht Wochen
verboten. Das Reichsgericht, eingelegter Beschwerde stattgebend, kürzte das Verbot auf vier Wochen ab. Mit vorliegender
Nummer ziehen wir wieder blank.

Einige Worte zu den Untaten, deren wir uns in Nr. 17 schuldig gemacht haben sollen, sind wir unseren Lesern und den Annalen
neudeutscher Geschichte schuldig.

Das Titelblatt der Nr. 17 soll kirchliche Einrichtungen und Gebräuche beschimpft haben, weil es eine Hakenkreuz-Guillotine
in der Form eines monstranzähnlichen Gerätes zeigte; die Karikatur auf Seite 3 der gleichen Nummer soll dem Herrn Reichskanzler
eine „sklavenhafte" Abhängigkeit von der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei vorgeworfen und ihn dadurch grob'
lieh beschimpft haben.

Was jenes Titelblatt angeht, so stellen wir fest, daß außer den Herren, die uns den Maulkorb umzuhängen beliebten, kein
Mensch in Deutschland das behauptete Delikt hat erkennen können. Keine kirchenoffizielle Stelle, keine der zahlreichen konfes*
sionelien Pressekontrollstellen, kein Geistlicher und kein Laie, kein katholisches Blatt hat in der Zeichnung eine Beschimpfung der
Monstranz finden können. Wohl aber hat man überall die Karikatur und ihren Text so verstanden, wie sie einzig und allein nur
erstanden werden konnten: als leidenschaftlich-bitteren Hohn über die Tartüfferie der Hakenkreuz-Bekenner, die, sich Christen
nennend, die Massen-Abschlachtung politischer Gegner für wünschenswert erklärt und inzwischen probeweise versucht haben.

In Sachen der Papen-Karikatur bedauern wir, dem Herrn Polizeipräsidenten von Berlin einige Verlegenheiten bereiten zu
müssen. Aus welchen Gründen ist es für ihn in so hohem Maße opportun, eine Abhängigkeit des Herrn Reichskanzlers von der
NSDAP, zu bestreiten? Hat der Herr Reichskanzler selber nicht mehrfach seiner Sympathie für die Bewegung des Herrn Hitler Aus-
druck gegeben? Ist der Herr Polizeipräsident von Berlin ein so entschiedener Gegner der Nationalsozialisten, daß er, wenn je-
mand die Abhängigkeit eines hohen politischen Beamten des Reichs von der NSDAP, behauptet, darin ohne weiteres eine grobe
Beschimpfung des Beamten erblickt? — ein Standpunkt, den wir hinsichtlich seiner Moral uns ohne Einschränkung zwar zu eigen
machen, hinsichtlich seiner juristischen Konsequenzen aber doch lieber nur mit Vorsicht beziehen möchten.

Unseren Lesern, die uns in den Tagen des Verbots durch so zahlreiche kernige Zuschriften erfreut haben, danken wir an dieser
Stelle herzlichst dafür. Wir wissen uns einig mit ihnen: wenn die Gegner wollen, daß Deutschland nichts zu lachen haben soll«
so sollen sie sich täuschen!

Freiheit!

Die Redaktion des „Wahren Jacob7'

Zeichnung von Lothar Reiz

„Seid ihr dienstlich unterwegs?“ — „Zu Befehl: dritter Zug der Schutz-Staffel auf dem Weg, sich von marxistischem
Untermenschentum überfallen zu lassen!“
 
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