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Der Waffenhändler Andacht steht in seinem Laden und starrt mißmutig durch
die vom Regen beschlagenen Scheiben.

,,Ein Hundewetter!“ denkt er, „da soll ein Mensch Einkäufe besorgen? Die
Witterung scheint sich der allgemeinen Geschäftslage anzupassen. Einfach
trostlos!"

Auf der Straße ziehen Demonstranten und brüllen abwechselnd ihre feindlichen
Parolen in den Nebel.

„Ein Glück, daß wir die Politik haben“, sinnt der Waffenhändler weiter,
„wer würde sonst noch Revolver kaufen? Und die Kerle, die von innerer
Abrüstung reden, verderben einem ehrsamen
Geschäftsmann noch die letzte armselige
Chance."

Die Tür geht auf.

Ein Herr steht im Laden. Er ist groß, schlank
und sieht sehr gepflegt aus. Sein Anzug stammt
sichtlich von einem ersten Schneider, wenn er
auch nicht mehr neu ist. Es ist nicht viel Auf-
fälliges an dem Herrn. Nur die Augen haben
einen Blick, den der Waffenhändler aus langer
Erfahrung kennt. Dieser Blick ist zu allem
entschlossen. Dieser Blick rüttelt an den
Grundfesten der Gesellschaft,

„Ein Bandit!" denkt der Waffenhändler An-
dacht und laut fragt er:

nicht in der glücklichen Lage befunden, die Waffe, die er so dringend be-
nötigte, auch bezahlen zu können. Der Waffenhändler steht verdutzt.

„Sehen Sie doch noch einmal genau nach", drängt er in den Wachebeamten,
Der Beamte durchsucht nochmals sämtliche Taschen.

„Nichts?"

„Nichts."

Da wird das Gesicht des Waffenhändlers Andacht eisig böse,

„Unglaublich", sagt er, „der Mann hat sich seinen Tod einfach erschlichen.
Das würde freilich jedem passen, sich gratis zu erschießen!“

Zeichnung von Gerhart Holler

„Womit kann ich Ihnen dienen?"

Der Fremde sagt sehr ruhig:

„Legen Sie mir Revolver vor. Ich brauche eine
gute Waffe."

„Bitte sehr,"

Der Händler legt die elegantesten Waffen
auf den Ladentisch. Coltrevolver, Brownings,
belgische Armeepistolen. Ein Arsenal von
Mordmaschinen.

Der Fremde wiegt eine Waffe nach der andern
prüfend in seiner Hand.

„Was gehen mich seine Absichten an?“ erwägt
der Waffenhändler Andacht gleichgültig, „ich
bin ein schlichter Geschäftsmann. Er wird
einen Raubüberfall begehen wollen, einen
Bankeinbruch. Eigentlich sieht er eher wie ein
Verbrecher aus Leidenschaft aus. Seine Frau
hat ihn betrogen und jetzt geht er heim und
schießt ein Loch in sein Familienglück, — —
Dieser Revolver ist beste Präzisionsarbeit“,
sagt er laut, „er kommt allerdings etwas teurer."
„Der Preis spielt keine Rolle. Sie garantieren
für die Wirkung?"

„Selbstverständlich übernehme ich die Garan-
tie. Wollen Sie die Waffe versuchen? Sie
können im Keller einige Probeschüsse ab-
geben."

Der Fremde legt die Waffe aus der Hand,
„Wie wird das Zeug geladen?" fragt er höflich,

„Ein Anfänger", denkt der Waffenhändler,
„natürlich wird das ein Eifersuchtsmord."

Er holt Munition aus einem Karton und ver-
sorgt das Magazin des Revolvers. Und da
nimmt auch schon der Fremde die Waffe, hält
sie an seine Schläfe. Bevor der entsetzte Ge-
schäftsmann ihm in den Arm fallen kann, hat
er losgedrückt und ist zusammengebrochen.
Das hat keine drei Sekunden gedauert. Die
Wirkung war erstklassig und einwandfrei. Der
Laden füllt sich, wie er seit ''Bestand des Ge-
schäfts noch nie gefüllt war. Polizei, Passanten,
Schreiende Frauen. Einer rennt um einen Arzt.
Der Rettungswagen kommt angesaust. Aber der
Revolver hat sich der angebotenen Garantie
Würdig erwiesen und ganze Arbeit geleistet.
Der Wachbeamte durchsucht die Taschen des
Selbstmörders. Es finden sich keine Papiere,
aber auch kein Pfennig Geld. Der Tote hat sich

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Hitler: „Um Gotteswillen, Mann, seien Sie doch vernünftig
auch noch 'was übrig!“

lassen Sie mir

und Wirkung
 
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