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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 53.1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.8268#0476
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VÖLKISCHER

Erstes Beiblatt / 299. Ausgabe

Gerichtsverhandlung im Dritten Reich

Von

Jürgen Tiele

Vorsitzender: Angeklagter, wie heißen Sie?

Angeklagter: Maier!

Vorsitzender: Ha! Äußerst verdächtig! Sind Sie Jude?
Angeklagter (schüttelt den Kopf).

V orsitzender: Sie sind angeklagt, gegen den § 89 des Germanischen
Kriegsrechts verstoßen zu haben. Wollen Sie das leugnen?
Angeklagter: Aber, Herr Gerichts . . .

Vorsitzender: Wollen Sie das leugnen, Angeklagter?
Angeklagter: Meinetwegen nein! Aber, um Gotteswillen, Herr, sagen
Sie mir überhaupt erst einmal, was in diesem Paragraphen drinsteht, und
zweitens, wie ich mich verhalten muß, um vor Ihren treudeutschen Augen
Gnade zu finden, drittens, wie stark die Blondfärbung meiner Haare
zu sein hat, Herr!

Vorsitzender: Angeklagter, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß
Sie vor einem Gerichtshof Adolf Hitlers stehen. Wir fackeln nicht lange mit
Brüdern, wie Sie es sind.

Angeklagter: Sehen
Sie, genau dasselbe habe
ich mir gedacht, Hetr
Gefechtsrat, pardon Ge-
richtsrat.

Vorsitzender: Sie

sind außerdem angeklagt,
am Mittwoch, dem 22.

_Scheiding dieses Jahres
auf dem Kurfürstendamm
gesehen worden zu sein.

Sie mußten wissen, daß
der Kurfürstendamm nur
für Kurfürsten, apropos,
jeh wollte sagen, Sie
mußten wissen daß es
verboten ist, sich mit
fremdrassigen Geschöpfen
"abzugeben. Sie haben
dieses Verbot schmählich
übertreten, Herr Maier.

(Im gehobenen Ton) Herr
Hitler hat die geschlecht-
lichen Umgangsformen sei-
ner Untertanen ein für
allemal im § 78 des Ger-
manischen Kalenders fest-
gelegt. Jeder Untertan
hat die Statuten gehor-
.samst zu beachten. Sie
wußten ganz genau, daß
Sie die Gebote des Staa-
tes verletzten, und den-
noch haben Sie, oh, Sie
Ausgeburt einer stinken-
den Sumpfmoral, diesen
Blutsverrat auf dem
_ Gewissen.

Angeklagter: Ich

verstehe Bahnhof.

Vorsitzender: Aus-
gezeichnet, jetzt ver-
stehen Sie Bahnhof, jetzt,
wo es zu spät ist, ah
natürlich. Nun, ich kann
Ihnen verraten: Wir sind
gut informiert über Ihr
Leben, Vorleben und Ihre
— Weltanschauung. Uns
machen Sie nicht dumm.

Angeklagter: Ich habe nicht den Ehrgeiz, Sie noch dümmer zu machen
als Sie ohnehin schon sind ....

Vorsitzender: Justizwachtmeister, legen Sie dem Kerl Daumenschraubei
an. Er mokiert sich über uns.

Angeklagter: Ich bin immerhin erstaunt, daß Sie das gemerkt haben.
Vorsitzender: Singen Sie das Horst Wessel-Lied!

Danke ... Gaudeamus igitur, juvenes dum sumus ,..
Entschuldigen Sie, auch wohl Burschenschafter äh . . äl

Angeklagter
Vorsitzender
(lächelt milde).
Angeklagter:
Vorsitzender

KPD. und NSDAP. Der Reißverschluß wird bei Streiks geschlossen!

War das eigentlich das Horst Wessel-Lied?

Eigentlich nein, aber weil Sie Burschenschafter sind, ver
stehen Sie, habe ich noch einmal ein Auge zugedrückt.

Angeklagter: Time is money. — Sagen Sie mir endlich, was ich aus
gefressen haben soll.

Vorsitzender: Schon gut, da Sie Bundesbruder und daher sicher aucl

Parteigenosse sind, ver
zeihe ich Ihnen. Da
nächstemal aber etwa
mehr Vorsicht, mein Lieber
Angeklagter: Si

sind so neckisch, Her
Vorsitzender.
Vorsitzender: Ja

unsere ganze Partei is
neckisch ... Verzeihung
ich wollte etwas andere
sagen, verraten Sie mic
bitte nicht. Ueber diese
Thema unterhalten wi
uns vielleicht noch einma
auf einem Bundesabenc
Ich lade Sie ein. Au
Wiedersehen im Tcutone
haus ...

Angeklagter: Wa

muß ich nun tun, Her
Gefechtsrat?

Vorsitzender: Mel
den Sie sich beim Orts
kommandanten. Der wir
Ihnen schon einen Tages
befehl geben. Auf Wieder
sehn, (Vorsitzender zieh
ein schwarz - weiß - rote
Taschentuch aus de
Hosentasche und winkt.
Angeklagter: Herr

lieh! Herrlich! (Stür
hinaus.) Wir sind alle
Sorgen ledig. Die Vei
waltung hat unser Lebe
geregelt und regelt
täglich weiter, herrlic
und schön.

Der Justizwacht
meister streckt d:
Hand zum Faschistengrul
Die Kapelle spielt de
Horst Wessel-Lied.

Der Angeklagte wird wege
seiner Intelligenz aus d«
Partei ausgeschlossen. D
Kosten trägt die Staat
kasse. Heil!

„Wer auf unsere Kahne schwört, hat
nichts mehr, was ihm selber gehört"

Adolf Killer vor zsoo» in Magdeburg

Ausnahmsweise befinden wir uns in wahrer Uebereinstimmung mit dem, was der „Völkische Beobachter" geschrieben hat!
 
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