Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 53.1932

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.8268#0481
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zeichnung von Luci® Möller

„Um Gotteswillen, Schwester, wie können Sie auch den Kranken Radio hören lassen, das hält ja nicht einmal ein Gesunder aus!"

Sittlicher ■fhtftvieh

In einer mitteldeutschen Mittelstadt wurde Damen des „Königin-Luisen-Bundcs” von
der Leitung der Stahlhelm-Ortsgruppe verboten, Volkstänze ohne Fuß- und Bein-
bekleidung aufzuführen, weil darin eine Verletzung der Sittlichkeit zu erblicken sei.

Daß im Kriege die Kameradschaft gefestigt werden soll, mag gelten.

Aber daß dadurch die Moral gehoben wird, hört man eigentlich selten.

Trotzdem ist eine Anzahl deutscher Männer aus dem letzten Kriege geläutert
heimgekehrt

Und hat gegen die herrschende Zuchtlosigkeit energisch und zielbewußt auf-
Das soll hier kurz ad oculos demonstrieret werden: [begehrt.

Wir wissen, der tanzende Mensch neigt häufig zu Gebärden,

Die in Sonderheit bei den Frauen zufolge der flatternden Kleider

Wie eine Art Denkmalsenthüllung wirken. Man kann nur sagen — leider.

Als man nun nach dem Krieg in kurzen Kleidern zu tanzen und wand er zu
vögeln pflegte

Und beim Vi-Va-Volkstanz sogar behufs dessen Schuhe und Strümpfe ablegte,
Da war der Moment gekommen, wo jede deutsche Moral in die Brüche gegangen
schien.

Und wie gut war es doch, als da plötzlich der wackre „Stahlhelm" erschien.
Der hat endlich mal wieder Sittlichkeit in unser Volk gebracht,

Und hat aus allen Kriegerfrauen so etwas wie keusche Luisen gemacht,
Insonderheit was die Kleidung betrifft, und diese speziell an den Beinen.

Selbst beim Volkstanz muß Lowise jetzt beschuht und bestrumpft erscheinen;
Denn das nackichte Bein widerspricht der Moral.

Und ein deutscher Mann empfindet die Qual,

Die der Sexus ihm auferlegt,

Wenn ein Bein sich entblößt bewegt.

Hier lauern für die Keuschheit die schwersten Gefahren,

Die Herren wissen's, die Stammgäste im Feldbordell waren. Arouet.

Das Brotgetreide steht im Augen-
blick im Mittelpunkt der bel-
gischen Politik. Besonders die ka-
• tholischen Agrarier setzen sich
seit Monaten im zähen Kampf für
den „Schutz" der belgischen Ge-
I treideproduktion ein und haben
nunmehr eine Reihe protektionisti-
scher Maßnahmen durchgesetzt.
Es ist nun mal in Belgien nicht
anders wie überall. Unter dem
Vorwand, dem Ackerbau zu nützen,
wird der Preis des Brotes in die
Höhe getrieben.

Eine der siegreichen klerikalen
Forderungen ist das Einfuhrverbot
russischen Getreides. Obgleich der
heftig von der Krise mitgenom-
mene Antwerpener Hafen ener-
gisch protestierte, — die Regierung
lverbot die Einfuhr russischen Wei-
szens. So weit also, wie üblich —
jund mit den landläufigen, wenn
. auch nicht gerade mit den christ-
lichen Moralbegriffen zu ver-
einigen!

: Wie aber steht es bei der folgen-
den Tatsache mit der Moral? Zwei
Tage bevor das Einfuhrverbot in
Kraft trat, hat der fürsorgliche
-Finanz- und Agrartrust der katho-
lischen Partei, der Boerenbond,
nicht versäumt, große Quantitäten
;russischen Getreides zu niedrigen
.Preisen aufzukaufen, um sie nach
^der Einfuhrsperre zu höheren Prei-
sen wieder zu verkaufen.

'Die Politik und die Moral und der
Profit — da gibt es manchmal
leben Gewissenskonflikte!

Zeichnung von Werner Saul

Denen, die den autoritären Staatsgedanken lieben, müssen alle
Dinge zum Besten dienen!

Gute Ernte

Schlechte Ernte

Pastor Quadrucheit und Frau aus
Pipkallen, Ostpreußen, konnten
sich's endlich leisten, eine schöne
Winterfahrt nach Tirol zu machen.
Und sie kamen und staunten die
weiße Herrlichkeit an.

Und Pastor Quadrucheit begann
zu deklamieren:

„Welch köstliches Geschenk Got-
tes ist doch diese Natur...!“

„Na, Jeschenk., .", sagte die
Gattin, „jeschenkt is es nich, wo
wir ieber fuffzehn Mark Pensions-
präis bezahlen!“

Als Herr Arnolt Bronnen anfing,
ein berühmter Mann zu werden,
schickte er an Bernard Shaw zwei
seiner Werke. Einige Tage darauf
fragte er den Großmeister, wie
ihm die Bücher gefallen hätten.
Darauf Bernard Shaw:

„Wissen Sie, lieber Bronnen, Sie
gefallen mir immer besser.“

„0, zu liebenswürdig“, verbeugte
sich Bronnen erschauernd.
„Jawohl, Lese ich den Ostpolzug,
so gefällt mir Ihr Vatermord bes-
ser, und lese ich den Vatermord,
so gefällt mir der Ostpolzug
besser." „

Penuschka liegt krank im Bett.
Zwei Stunden untersucht ihn der
Arzt, um die Krankheit zu ent-
decken, an der Penuschka leidet.
Bis er schließlich wütend seinen
Instrumentenkoffer packt.

„Ich werde Ihnen sagen, was Ihnen
fehlt", ruft er, „Ihnen ist mies vor
Ihnen selber.“
 
Annotationen