Inventurausverkauf
Die Firma Deutschland hat über das vergangene
Jahr nicht viel Günstiges zu berichten. Die
Tendenz war lustlos, die Spekulationen erfolglos,
der Verluste erheblich. Die Schulden wuchsen,
das Personal wechselte, die Bücher gerieten in
Unordnung, der Kredit ging dauernd zurück —
und die Majoritätsverhältnisse im Aufsichtsrat
blieben ungeklärt. Die Firma Deutschland ist
dringend sanierungsbedürftig. Auch eine General-
versammlung kann daran nichts ändern. Das ein-
zige, was ihr helfen könnte, wäre eine gründliche
Bereinigung der Bilanz und eine radikale Räumung
der unbrauchbaren und kostenfressenden Be-
stände. Es ist allerdings nicht damit zu rechnen,
daß bei dem bevorstehenden Inventurausverkauf
nennenswerte Preise zu erzielen sind. Wenn sich
überhaupt Abnehmer finden sollten, dann nur in
Kreisen, die ein ausgesprochenes Interesse an
historischen Kuriositäten haben.
Der Katalog für diesen Inventurausverkauf, den
wir seines großen Umfanges wegen nur auszugs-
weise veröffentlichen können, enthält Waren von
sehr verschiedener Art, aber von ziemlich
gleichem Wert. Als erstklassig sind sie keines-
wegs anzusprechen.
In der Geschäftszentrale Wilhelmstraße, Abteilung
Papierwaren, ist ein großer Posten angestaubter
Verfassungspläne zu verkaufen, die schon vor
dem Gebrauch unbrauchbar geworden und des-
halb im Preise ganz erheblich zurückgesetzt sind.
In der gleichen Abteilung soll ein Kilo be-
schriebenes Briefpapier abgestoßen werden, das
aus den Beständen eines Münchener Haus-
besitzers stammt und anläßlich diverser Regie-
rungsbildungsverhandlungen in den Besitz der
Zentrale Wilhelmstraße gelangt ist. Die Schrift-
sätze für den Leipziger Staatsgerichtsprozeß und
die Kopien der Briefe an die preußische Regierung
sind im Katalog unter „Makulatur“ aufgeführt.
Als Spezialität der Firma werden Zeitungs-
verbotsformulare in gleichbleibender Qualität
und wenig gebrauchte Steuergutscheine ange-
priesen. Bemerkenswerte Sonderangebote finden
sich am Sportartikellager: herumgeworfene
Steuer, teilweise defekt; Reitausrüstungen und
schwere Hindernisse, Marke „Herrenklub“;
Sättel und Zaumzeug, von abgeworfenen Reitern
billig zum Verkauf gestellt; Stahlhelme, stark
verbeult; Uniformen und Orden, viel getragen
und oft gewechselt; schwarzweißrote Brillen mit
Trauerrand, garantiert lichtundurchlässig.
Am Spielwarenlager findet man: monarchistische
Versuchsballons, mehrfach geplatzt; Autarkie-
Esel mit rein deutscher Strohfüllung; Wirtschafts-
kurbeln mit Rücktrittbremse; politische Stehauf-
männchen, innen hohl, außen mehrfach übermalt.
Ein besonders günstiges Angebot offeriert die
Abteilung Hausgerät. Es handelt sich um einen
Riesenposten angeschlagenes Porzellan, Die
Scherben sind einzeln käuflich. Auch Meißner-
Porzellan soll darunter sein. Eine von Adolf
Hitler begutachtete Mausefalle bildet das Glanz-
stück der Sammlung.
Die Industrieabteilung der Firma Deutschland
bietet eine große Auswahl in Maschinen, die zur
sofortigen Verschrottung geeignet sind. Wir
nennen als besonders beachtenswert: Preis-
senkungshebel, eingerostet und schwer beweglich;
Tarifdurchlochmaschinen (ohne Garantie gegen
Betriebsstörungen); Konjunkturregistrierapparate
(ohne Gewähr für Richtigkeit); Subventionssauger
(mit Verschwindevorrichtung); Absatzbeleber (mit
Konstruktionsfehlern); Regierungseinheizer (Hoch-
druckdampfmaschinen).
Nicht weniger reich ist die Auswahl am Lager
für Landwirtschaftsbedarf. Fässer ohne Boden,
Zinssenkgruben, Spritbeimischer, Zollschranken
mit Fußangeln und Selbstschüssen sind in be-
liebiger Menge vorrätig.
Zum Schluß noch ein Hinweis auf die Ramsch-
abteilung der Firma, das Braune Haus. Hier
finden wir eine geradezu verwirrende Fülle von
Waren allerletzter Qualität. Abgelegte Legali-
täten und dito Schwüre, verrostete Hakenkreuze,
unsortierte Wirtschaftsprogramme, Kampfansagen
in den verschiedensten Ausfertigungen, in Un-
ordnung geratene Spielsoldaten, zum Einstampfen
geeignete Broschüren und Memoirenwerke, aus
der Mode gekommene Scherzartikel, Kitschpost-
karten in jedem Format, Führerfiguren aus Papp-
mache, Heil-Mittel für Kurpfuscher, unbezahlte
Rechnungen in beliebiger Menge, mumifizierte
Fürstlichkeiten, Waffen und Munition (zum Teil
noch gut erhalten), Stinkbomben und weiße
Mäuse (mehrfach gebraucht), Propagandaflugzeuge
mit verbogenen Balken und vieles ähnliche.
Nur wenn die Räumung dieser überfüllten Läger
gelingt, läßt sich die arg heruntergewirtschaftete
Firma wieder flott machen. G—g.
Zeichnung von E. G o I f z
Hoffentlich stolpern Sie nicht über den eigenen Säbel
Herr v. Schleicher! I
Die Firma Deutschland hat über das vergangene
Jahr nicht viel Günstiges zu berichten. Die
Tendenz war lustlos, die Spekulationen erfolglos,
der Verluste erheblich. Die Schulden wuchsen,
das Personal wechselte, die Bücher gerieten in
Unordnung, der Kredit ging dauernd zurück —
und die Majoritätsverhältnisse im Aufsichtsrat
blieben ungeklärt. Die Firma Deutschland ist
dringend sanierungsbedürftig. Auch eine General-
versammlung kann daran nichts ändern. Das ein-
zige, was ihr helfen könnte, wäre eine gründliche
Bereinigung der Bilanz und eine radikale Räumung
der unbrauchbaren und kostenfressenden Be-
stände. Es ist allerdings nicht damit zu rechnen,
daß bei dem bevorstehenden Inventurausverkauf
nennenswerte Preise zu erzielen sind. Wenn sich
überhaupt Abnehmer finden sollten, dann nur in
Kreisen, die ein ausgesprochenes Interesse an
historischen Kuriositäten haben.
Der Katalog für diesen Inventurausverkauf, den
wir seines großen Umfanges wegen nur auszugs-
weise veröffentlichen können, enthält Waren von
sehr verschiedener Art, aber von ziemlich
gleichem Wert. Als erstklassig sind sie keines-
wegs anzusprechen.
In der Geschäftszentrale Wilhelmstraße, Abteilung
Papierwaren, ist ein großer Posten angestaubter
Verfassungspläne zu verkaufen, die schon vor
dem Gebrauch unbrauchbar geworden und des-
halb im Preise ganz erheblich zurückgesetzt sind.
In der gleichen Abteilung soll ein Kilo be-
schriebenes Briefpapier abgestoßen werden, das
aus den Beständen eines Münchener Haus-
besitzers stammt und anläßlich diverser Regie-
rungsbildungsverhandlungen in den Besitz der
Zentrale Wilhelmstraße gelangt ist. Die Schrift-
sätze für den Leipziger Staatsgerichtsprozeß und
die Kopien der Briefe an die preußische Regierung
sind im Katalog unter „Makulatur“ aufgeführt.
Als Spezialität der Firma werden Zeitungs-
verbotsformulare in gleichbleibender Qualität
und wenig gebrauchte Steuergutscheine ange-
priesen. Bemerkenswerte Sonderangebote finden
sich am Sportartikellager: herumgeworfene
Steuer, teilweise defekt; Reitausrüstungen und
schwere Hindernisse, Marke „Herrenklub“;
Sättel und Zaumzeug, von abgeworfenen Reitern
billig zum Verkauf gestellt; Stahlhelme, stark
verbeult; Uniformen und Orden, viel getragen
und oft gewechselt; schwarzweißrote Brillen mit
Trauerrand, garantiert lichtundurchlässig.
Am Spielwarenlager findet man: monarchistische
Versuchsballons, mehrfach geplatzt; Autarkie-
Esel mit rein deutscher Strohfüllung; Wirtschafts-
kurbeln mit Rücktrittbremse; politische Stehauf-
männchen, innen hohl, außen mehrfach übermalt.
Ein besonders günstiges Angebot offeriert die
Abteilung Hausgerät. Es handelt sich um einen
Riesenposten angeschlagenes Porzellan, Die
Scherben sind einzeln käuflich. Auch Meißner-
Porzellan soll darunter sein. Eine von Adolf
Hitler begutachtete Mausefalle bildet das Glanz-
stück der Sammlung.
Die Industrieabteilung der Firma Deutschland
bietet eine große Auswahl in Maschinen, die zur
sofortigen Verschrottung geeignet sind. Wir
nennen als besonders beachtenswert: Preis-
senkungshebel, eingerostet und schwer beweglich;
Tarifdurchlochmaschinen (ohne Garantie gegen
Betriebsstörungen); Konjunkturregistrierapparate
(ohne Gewähr für Richtigkeit); Subventionssauger
(mit Verschwindevorrichtung); Absatzbeleber (mit
Konstruktionsfehlern); Regierungseinheizer (Hoch-
druckdampfmaschinen).
Nicht weniger reich ist die Auswahl am Lager
für Landwirtschaftsbedarf. Fässer ohne Boden,
Zinssenkgruben, Spritbeimischer, Zollschranken
mit Fußangeln und Selbstschüssen sind in be-
liebiger Menge vorrätig.
Zum Schluß noch ein Hinweis auf die Ramsch-
abteilung der Firma, das Braune Haus. Hier
finden wir eine geradezu verwirrende Fülle von
Waren allerletzter Qualität. Abgelegte Legali-
täten und dito Schwüre, verrostete Hakenkreuze,
unsortierte Wirtschaftsprogramme, Kampfansagen
in den verschiedensten Ausfertigungen, in Un-
ordnung geratene Spielsoldaten, zum Einstampfen
geeignete Broschüren und Memoirenwerke, aus
der Mode gekommene Scherzartikel, Kitschpost-
karten in jedem Format, Führerfiguren aus Papp-
mache, Heil-Mittel für Kurpfuscher, unbezahlte
Rechnungen in beliebiger Menge, mumifizierte
Fürstlichkeiten, Waffen und Munition (zum Teil
noch gut erhalten), Stinkbomben und weiße
Mäuse (mehrfach gebraucht), Propagandaflugzeuge
mit verbogenen Balken und vieles ähnliche.
Nur wenn die Räumung dieser überfüllten Läger
gelingt, läßt sich die arg heruntergewirtschaftete
Firma wieder flott machen. G—g.
Zeichnung von E. G o I f z
Hoffentlich stolpern Sie nicht über den eigenen Säbel
Herr v. Schleicher! I