Geliebte Gemeinde!
Wir wollen in ernstem Sinnen und Denken
Auf die praktischen Dinge nunmehr die fromme Betrachtung lenken.
Christenpflicht ist, in diesen betrüblichen Zeiten
Die Verirrten auf die rechten Pfade zu leiten,
Damit sie nicht Schaden an ihrer unsterblichen Seele nehmen
Und sich willig ins sanfte loch der heiligen Kirche bequemen.
Denn die heilige Kirche ist groß, und die größten Schnauzen
Wurden schon oft zu mäßigen Plautzen,
Wenn man an unsere Rosenketten sie band.
Sie fressen schließlich sogar aus der Hand.
Und sind sie auch etwas störrisch im ersten Stadium,
So ehren und achten sie bald doch das hehre Palladium
Der göttlichen Ordnung, dess' Sinn in dem Faktum besteht,
Daß ein jegliches Tier seiner Nahrung nachgeht.
Es müßte schon mit dem Teufel zugehen,
Wenn auch dieses Tier nicht seinen Vorteil würde verstehen.
So wollen wir denn lassen unsere Herzen frohlocken,
Er wird uns nicht bocken!
Wir wollen die Zymbeln und Harfen stimmen.
Er wird uns schon kimmen!
Staatlich geprüfte Kunst
Nach den Erfolgen, die das geist- und segensreiche Wirken der Oberfilmprüfstelle aufzuweisen
hatte, ist zu erwarten, daß man diesem hervorragenden Ausschuß mehr Möglichkeiten als bisher
geben wird, seine Kräfte zu entfalten. Es wäre nicht mehr als gerecht, wenn die hochmögende
Oberprüfstelle ihre interessanten Urteile nicht nur über Filme, sondern
ebenso auch über Theaterstücke abgeben würde, die man innerhalb d?s
Deutschen Reiches aufzuführen beabsichtigt. Wie wir hören, werden Yi
Zenlrumskreisen dahingehende Pläne seit längerer Zeit erwogen — und £a
die Firma Hugenberg über Schauspielhäuser nicht verfügt, wird sie dfer
Theaterprüfstelle noch unbedenklicher zustimmen, als sie es der Filmprüfstelle
gegenüber tut, die — nach Meinung der Firma Hugenberg — in allen den
Fällen unfehlbar ist, in denen sie keinen Ufa-Film verbietet.
Um der Oberprüfstelle bei Zeiten Gelegenheit zu geben, sich auf ihren künf-
tigen Aufgabenkreis vorzubereiten, hat man, wie erzählt wird, kürzlich eine
außerordentliche Sitzung zur Prüfung von Theaterstücken einberufen Das
Protokoll dieser Sitzung soll die nachstehenden Entscheidungen enthalten.
I.
„Das der Oberprüfstelle vorgelegte Schauspiel „Wallenstein" von
Friedrich Schiller ist nicht geeignet, im deutschen Reichsgebiet
Erwachsenen oder Jugendlichen vorgeführt zu werden. Seine Freigabe für
diesen Zweck kann daher nicht erfolgen."
Begründung: Der erste Teil des Schauspiels „Wallenstein" von F. Schiller,
der den Titel „Wallensteins Lager" trägt, zeigt ein abstoßendes Bild des
kaiserlich deutschen Heeres während des 30jährigen Krieges. Die Szenen,
in denen Soldaten, statt von Heldentod und Pflichterfüllung zu reden, sich
beim Würfelspiel betrügen, mit käuflichen Frauenspersonen anstößige
Scherze treiben und Raufereien veranstalten, müssen erstens auf jugendliche
Zuschauer verrohend wirken und zweitens auch bei Erwachsenen eine Vor-
stellung vom kaiserlich-deutschen Heer erwecken, die nicht vorteilhaft ist.
In den beiden anderen Teilen des Schillerschen Stückes, den „Piccolomini"
und „Wallensteins Tod", wird außerdem der versuchte Hochverrat eines
kaiserlich-deutschen Generals ausführlich geschildert und der Dreißigjährige
Krieg als ein Kampf dargestellt, der von deutschen Fürsten gegeneinander
geführt wurde, wobei sie sich vielfach der Dienste von Ausländern bedienten.
Diese Darstellung ist geeignet, das Ansehen des Dreißigjährigen Krieges, der
deutschen Fürsten und Generäle und damit das Ansehen Deutschlands im
In- und Auslande herabzusetzen. Das Schauspiel Wallenstein kann deswegen
zur öffentlichen Vorführung nicht zugelassen werden
II.
Vom gleichen Verfasser, Friedrich Schiller, liegt der Oberprüfstelle
das Trauerspiel „Don Carlos. Infant von Spanien vor. Es kann
zur Aufführung vor Jugendlichen nicht, vor Erwachsenen nur teilweise zu-
gelassen werden.
Begründung: Ein großer Teil des Schillerschen Trauerspiels „Don Carlos"
ist dem Liebesverhältnis des jugendlichen Prinzen Carlos zu seiner Stiel-
mutter, der jungen Königin Elisabeth gewidmet. Da nach dem deutschen
Strafgesetzbuch ein solches Verhältnis im Falle vollzogenen Geschlechts-
verkehrs als Blutschande zu bestrafen ist, müssen die erwähnten Szenen das
Schamgefühl jedes normal Empfindenden gröblich verletzen. Das Verbot des
Stückes für Jugendliche ergibt sich hieraus mit Notwendigkeit. Für Er-
wachsene könnte das Stück freigegeben werden, da von dem erwähnten
Liebesverhältnis nur geredet, es selbst aber nicht zur Darstellung gebracht
wird. Bedingung für eine Freigabe ist aber, daß die Gestalt des Domingo
sowie alle Stellen, die sich auf ihn beziehen, zuvor gestrichen werden. Der
Dominikanerpater Domingo gehört als Angehöriger eines katholischen
Ordens zu den bestehenden Einrichtungen einer in Deutschland wirksamen
Religionsgesellschaft. Da der Pater von Friedrich Schiller verächtlich ge-
macht wird, verstößt der Verfasser gegen den Gotteslästerungsparagraphen
des deutschen Strafgesetzbuches. Da eine Gotteslästerung auf der Bühne
auch bei Erwachsenen Aergernis erregen muß, ist die Streichung des Domingo
Voraussetzung für eine Zulassung des Trauerspiels „Don Carlos“ zur Vor-
führung vor Erwachsenen.
III.
Die Tragödie „Faust" von J. W. Goethe kann zur Vorführung inner-
halb des deutschen Reichsgebietes aus religiösen, moralischen und politischen
Gründen nicht zugelassen werden.
Begründung: Der Tragödie „Faust" ist vom Verfasser ein Prolog im Himmel
vorangestellt, in dem Gott auftritt und sich mit dem Teufel unterhält. Die
Darstellung Gottes in einer derartigen Situation ist zweifellos dazu geeignet,
das religiöse Empfinden des unbefangenen Zuschauers empfindlich zu ver-
letzen. Sie erfüllt somit den Tatbestand der Gotteslästerung. Erschwererd
fällt ins Gewicht, daß die Hauptfigur des Stückes, der Doktor Heinrich
Faust, sowohl im ersten als auch im zweiten Teil der Tragödie atheistische
Reden von sich gibt. Dieser Doktor Faust verführt eine unbescholtene
Leipziger Bürgerstochter, leistet bei der Ermordung ihres Bruders Beihilfe
und steht mit dem Teufel im Bunde. Da das verführte Mädchen außerdem
ihr neugeborenes Kind und ihre eigene Mutter tötet, ist die gesamte Hand-
lung des ersten Teils der Tragödie „Faust" in höchstem Maße ärgernis-
erregend und aus moralischen Gründen abzulehnen. Da Doktor Heinrich
Faust außerdem als deutscher Gelehrter und Hochschuldozent dargestellt ist,
ist das Goethesche Theaterstück geeignet, das deutsche Ansehen im Aus-
lande aufs Aeußerste zu gefährden. Die Vorinstanz hat auch mit Recht fest-
gestellt, daß in der von Morden, Einbrüchen, Fälschungen und Sittlichkeits-
delikten wimmelnden Handlung des Stückes eine Gefährdung der öffent-
lichen Sicherheit zu erblicken ist. Eine Vorführung des „Faust" kann aijis
allen diesen Gründen nicht gestattet werden.
IV- . .. !.,
Die Aufführung des Trauerspiels ,,H amlet, Prinz von Dänemark
von William Shakespeare, wird für das deutsche Reichsgebiet
wegen Gefährdung der deutschen Interessen im Auslande, der Sittlichkeit
und der Staatssicherheit verboten.
Begründung; In dem Trauerspiel „Hamlet“ tritt ein dänischer Prinz auf, dar
gegen seinen Oheim und Stiefvater, den regierenden König von Dänemark,
den Vorwurf des Brudermordes, und gegen seine Mutter, die Königin von
Dänemark, den Vorwurf der Blutschande erhebt und der schließlich de.n
König ermordet. Eine derartige Darstellung des Herrscherhauses von Däne-
mark muß die Gefühle der dem deutschen Reiche benachbarten und mit dem
deutschen Volke blutsverwandten dänischen Nation aufs empfindlichste ver-
letzen, damit aber auch die deutschen Interessen im Auslande aufs schwerste
gefährden. Auch das deutsche Ansehen kann darunter leiden, daß in dem
Shakespeareschen Stücke ausdrücklich bemerkt wird, der Prinz habe seine
Ausbildung an einer deutschen Universität empfangen. Das Schamgefühl d äs
normal empfindenden Zuschauers muß durch die obszönen Lieder, die
Ophelia, die geisteskranke Geliebte des Prinzen, zu Gehör bringt, gröblich
verletzt werden. Schließlich bedeutet der Ausspruch „’s ist etwas faul im
Staate Dänemark", dessen symbolische Bedeutung allgemein bekannt i-it,
eine Gefährdung der Staatssicherheit. Aus allen diesen Gründen rechjt-
fertigt sich ein Verbot des Stückes.
VI.
Was schließlich die Schauspiele „G ö t z von Berlichingen" von
Goethe und „Die Räuber" von Schiller anbetrifft, so wird den A i-
tragstellern aufgegeben, diese beiden Stücke von den vielfach in ihnen ent-
haltenen Unflätigkeiten zu säubern und sie dann zur erneuten Begutachtung
der Prüfstelle vorzulegen. G—g.
Wir wollen in ernstem Sinnen und Denken
Auf die praktischen Dinge nunmehr die fromme Betrachtung lenken.
Christenpflicht ist, in diesen betrüblichen Zeiten
Die Verirrten auf die rechten Pfade zu leiten,
Damit sie nicht Schaden an ihrer unsterblichen Seele nehmen
Und sich willig ins sanfte loch der heiligen Kirche bequemen.
Denn die heilige Kirche ist groß, und die größten Schnauzen
Wurden schon oft zu mäßigen Plautzen,
Wenn man an unsere Rosenketten sie band.
Sie fressen schließlich sogar aus der Hand.
Und sind sie auch etwas störrisch im ersten Stadium,
So ehren und achten sie bald doch das hehre Palladium
Der göttlichen Ordnung, dess' Sinn in dem Faktum besteht,
Daß ein jegliches Tier seiner Nahrung nachgeht.
Es müßte schon mit dem Teufel zugehen,
Wenn auch dieses Tier nicht seinen Vorteil würde verstehen.
So wollen wir denn lassen unsere Herzen frohlocken,
Er wird uns nicht bocken!
Wir wollen die Zymbeln und Harfen stimmen.
Er wird uns schon kimmen!
Staatlich geprüfte Kunst
Nach den Erfolgen, die das geist- und segensreiche Wirken der Oberfilmprüfstelle aufzuweisen
hatte, ist zu erwarten, daß man diesem hervorragenden Ausschuß mehr Möglichkeiten als bisher
geben wird, seine Kräfte zu entfalten. Es wäre nicht mehr als gerecht, wenn die hochmögende
Oberprüfstelle ihre interessanten Urteile nicht nur über Filme, sondern
ebenso auch über Theaterstücke abgeben würde, die man innerhalb d?s
Deutschen Reiches aufzuführen beabsichtigt. Wie wir hören, werden Yi
Zenlrumskreisen dahingehende Pläne seit längerer Zeit erwogen — und £a
die Firma Hugenberg über Schauspielhäuser nicht verfügt, wird sie dfer
Theaterprüfstelle noch unbedenklicher zustimmen, als sie es der Filmprüfstelle
gegenüber tut, die — nach Meinung der Firma Hugenberg — in allen den
Fällen unfehlbar ist, in denen sie keinen Ufa-Film verbietet.
Um der Oberprüfstelle bei Zeiten Gelegenheit zu geben, sich auf ihren künf-
tigen Aufgabenkreis vorzubereiten, hat man, wie erzählt wird, kürzlich eine
außerordentliche Sitzung zur Prüfung von Theaterstücken einberufen Das
Protokoll dieser Sitzung soll die nachstehenden Entscheidungen enthalten.
I.
„Das der Oberprüfstelle vorgelegte Schauspiel „Wallenstein" von
Friedrich Schiller ist nicht geeignet, im deutschen Reichsgebiet
Erwachsenen oder Jugendlichen vorgeführt zu werden. Seine Freigabe für
diesen Zweck kann daher nicht erfolgen."
Begründung: Der erste Teil des Schauspiels „Wallenstein" von F. Schiller,
der den Titel „Wallensteins Lager" trägt, zeigt ein abstoßendes Bild des
kaiserlich deutschen Heeres während des 30jährigen Krieges. Die Szenen,
in denen Soldaten, statt von Heldentod und Pflichterfüllung zu reden, sich
beim Würfelspiel betrügen, mit käuflichen Frauenspersonen anstößige
Scherze treiben und Raufereien veranstalten, müssen erstens auf jugendliche
Zuschauer verrohend wirken und zweitens auch bei Erwachsenen eine Vor-
stellung vom kaiserlich-deutschen Heer erwecken, die nicht vorteilhaft ist.
In den beiden anderen Teilen des Schillerschen Stückes, den „Piccolomini"
und „Wallensteins Tod", wird außerdem der versuchte Hochverrat eines
kaiserlich-deutschen Generals ausführlich geschildert und der Dreißigjährige
Krieg als ein Kampf dargestellt, der von deutschen Fürsten gegeneinander
geführt wurde, wobei sie sich vielfach der Dienste von Ausländern bedienten.
Diese Darstellung ist geeignet, das Ansehen des Dreißigjährigen Krieges, der
deutschen Fürsten und Generäle und damit das Ansehen Deutschlands im
In- und Auslande herabzusetzen. Das Schauspiel Wallenstein kann deswegen
zur öffentlichen Vorführung nicht zugelassen werden
II.
Vom gleichen Verfasser, Friedrich Schiller, liegt der Oberprüfstelle
das Trauerspiel „Don Carlos. Infant von Spanien vor. Es kann
zur Aufführung vor Jugendlichen nicht, vor Erwachsenen nur teilweise zu-
gelassen werden.
Begründung: Ein großer Teil des Schillerschen Trauerspiels „Don Carlos"
ist dem Liebesverhältnis des jugendlichen Prinzen Carlos zu seiner Stiel-
mutter, der jungen Königin Elisabeth gewidmet. Da nach dem deutschen
Strafgesetzbuch ein solches Verhältnis im Falle vollzogenen Geschlechts-
verkehrs als Blutschande zu bestrafen ist, müssen die erwähnten Szenen das
Schamgefühl jedes normal Empfindenden gröblich verletzen. Das Verbot des
Stückes für Jugendliche ergibt sich hieraus mit Notwendigkeit. Für Er-
wachsene könnte das Stück freigegeben werden, da von dem erwähnten
Liebesverhältnis nur geredet, es selbst aber nicht zur Darstellung gebracht
wird. Bedingung für eine Freigabe ist aber, daß die Gestalt des Domingo
sowie alle Stellen, die sich auf ihn beziehen, zuvor gestrichen werden. Der
Dominikanerpater Domingo gehört als Angehöriger eines katholischen
Ordens zu den bestehenden Einrichtungen einer in Deutschland wirksamen
Religionsgesellschaft. Da der Pater von Friedrich Schiller verächtlich ge-
macht wird, verstößt der Verfasser gegen den Gotteslästerungsparagraphen
des deutschen Strafgesetzbuches. Da eine Gotteslästerung auf der Bühne
auch bei Erwachsenen Aergernis erregen muß, ist die Streichung des Domingo
Voraussetzung für eine Zulassung des Trauerspiels „Don Carlos“ zur Vor-
führung vor Erwachsenen.
III.
Die Tragödie „Faust" von J. W. Goethe kann zur Vorführung inner-
halb des deutschen Reichsgebietes aus religiösen, moralischen und politischen
Gründen nicht zugelassen werden.
Begründung: Der Tragödie „Faust" ist vom Verfasser ein Prolog im Himmel
vorangestellt, in dem Gott auftritt und sich mit dem Teufel unterhält. Die
Darstellung Gottes in einer derartigen Situation ist zweifellos dazu geeignet,
das religiöse Empfinden des unbefangenen Zuschauers empfindlich zu ver-
letzen. Sie erfüllt somit den Tatbestand der Gotteslästerung. Erschwererd
fällt ins Gewicht, daß die Hauptfigur des Stückes, der Doktor Heinrich
Faust, sowohl im ersten als auch im zweiten Teil der Tragödie atheistische
Reden von sich gibt. Dieser Doktor Faust verführt eine unbescholtene
Leipziger Bürgerstochter, leistet bei der Ermordung ihres Bruders Beihilfe
und steht mit dem Teufel im Bunde. Da das verführte Mädchen außerdem
ihr neugeborenes Kind und ihre eigene Mutter tötet, ist die gesamte Hand-
lung des ersten Teils der Tragödie „Faust" in höchstem Maße ärgernis-
erregend und aus moralischen Gründen abzulehnen. Da Doktor Heinrich
Faust außerdem als deutscher Gelehrter und Hochschuldozent dargestellt ist,
ist das Goethesche Theaterstück geeignet, das deutsche Ansehen im Aus-
lande aufs Aeußerste zu gefährden. Die Vorinstanz hat auch mit Recht fest-
gestellt, daß in der von Morden, Einbrüchen, Fälschungen und Sittlichkeits-
delikten wimmelnden Handlung des Stückes eine Gefährdung der öffent-
lichen Sicherheit zu erblicken ist. Eine Vorführung des „Faust" kann aijis
allen diesen Gründen nicht gestattet werden.
IV- . .. !.,
Die Aufführung des Trauerspiels ,,H amlet, Prinz von Dänemark
von William Shakespeare, wird für das deutsche Reichsgebiet
wegen Gefährdung der deutschen Interessen im Auslande, der Sittlichkeit
und der Staatssicherheit verboten.
Begründung; In dem Trauerspiel „Hamlet“ tritt ein dänischer Prinz auf, dar
gegen seinen Oheim und Stiefvater, den regierenden König von Dänemark,
den Vorwurf des Brudermordes, und gegen seine Mutter, die Königin von
Dänemark, den Vorwurf der Blutschande erhebt und der schließlich de.n
König ermordet. Eine derartige Darstellung des Herrscherhauses von Däne-
mark muß die Gefühle der dem deutschen Reiche benachbarten und mit dem
deutschen Volke blutsverwandten dänischen Nation aufs empfindlichste ver-
letzen, damit aber auch die deutschen Interessen im Auslande aufs schwerste
gefährden. Auch das deutsche Ansehen kann darunter leiden, daß in dem
Shakespeareschen Stücke ausdrücklich bemerkt wird, der Prinz habe seine
Ausbildung an einer deutschen Universität empfangen. Das Schamgefühl d äs
normal empfindenden Zuschauers muß durch die obszönen Lieder, die
Ophelia, die geisteskranke Geliebte des Prinzen, zu Gehör bringt, gröblich
verletzt werden. Schließlich bedeutet der Ausspruch „’s ist etwas faul im
Staate Dänemark", dessen symbolische Bedeutung allgemein bekannt i-it,
eine Gefährdung der Staatssicherheit. Aus allen diesen Gründen rechjt-
fertigt sich ein Verbot des Stückes.
VI.
Was schließlich die Schauspiele „G ö t z von Berlichingen" von
Goethe und „Die Räuber" von Schiller anbetrifft, so wird den A i-
tragstellern aufgegeben, diese beiden Stücke von den vielfach in ihnen ent-
haltenen Unflätigkeiten zu säubern und sie dann zur erneuten Begutachtung
der Prüfstelle vorzulegen. G—g.