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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 54.1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.8269#0071
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Säckssche SA-Bräute

1. Die Naive.

Hannchen kommt ganz entstellt
aus dem Geschäft und droht aus-
einanderzubersten vor Lachen,
Wonne und aufgehäufelter Neuig-
keit.

„Was’n los?“ knurrt ihr brauner
SA.-Bräutigam, der sich abends bei
den Schwiegereltern „'s Wänstlein
vollschiagen gommt, weil s Fressen
bei drn Nazis ooch bloß so 'ne
dünne Brühe dähde sein", und
löffelt an seiner Suppe.

„Die ham gesacht ... im Geschäft
hamse . . . der wäre, der eene von
Hidlern1) —“

SA.-Bräutigem (springt auf, schüt-
telt sie und schreit vor Wut): „Was
quadschen die über Hidlern?“
Säckssche SA.-Braut (langsam er-
blassend): „Nischt! 0 Gott, nischt!
Nee, nee, nich von Adolfen! Nee,
nee. Neeneenee . , .“

„Verflucht! Lieber wen, Weib? "
„Der eene von — Rohm oder
Rahm oder so. — Au, laß mich
los! . . ."

„Rohm! Aha, mal wieder über
den. Was? Raus damid, oder
ich dräde dir die Guddeln aus 'm
Bauche! Goddverdimmich, Gott-
verdimmich, ich mach dir was am
Halse!"

SA.-Braut (schluchzend): „Der

tät . . . Der wär .. . Hu, hu, huhuhu!
.. . Der is, is-sexahl! . .

2. Die Intellektuelle.

Das braune Weihnachtspfeffer-
kuchenmännchen hat es nicht
leicht: ganze Berge von dick-

leibigen Wälzern schleppt es her-
bei, um den Geisteshunger des
Weibchens zu befriedigen: Beide,
Männchen und pp. Weibchen sitzen
so schön gemütlich (gemied-
lich) in der Städtischen Bücherei
und lassen sich die Uniformen an-
wärmen (denn sie, das pp. Weib-
chen, hat auch was Uniformig-
Braunes am Leibe).

Also, das Weibchen winkt ab,
und die brave SA.-Uniform saust
an die Bücherständer zurück.
Nichts, nichts, nichts, auch das
Handwörterbuch der Staatswissen-
schaften findet keine Gnade (das
Technische Wörterbuch ist erst
recht nichts), und selbst ,Weib
und Mann' (mit vielen inter-
essanten Fotos) versagen in dieser
politisch bewegten Jahreszeit.
Alles nichts, und die SA.-Uniform
läßt verzweifelt die braunen SA.-
Heldenarme hängen.

Zeichnung von Werner Saul

Der Mandschurei-Krieg

„Keine Aussicht auf business — kein Grund zum Eingreifen!“

„Nee, Chustav!“ piepst ihm sein
Nesthockerchen nach, als er noch-
mals davonsurrt, auf, ab und davon.
„Bring doch endlich mal was Ge
scheids mid, wo was einem ein
bißchen Büldung beibringd — den
Vääälgischen3)! . .."

3. Die „Mongdähne“.

Hitlersonntag. Nach der Ver-
sammlung.

SA.-Führer Hurschik, ein be-
kannter Staatsmann des Dritten
Reiches, schraubt seinen Luxus-
wagen aus der braunen SA.-Masse.
„Bande verfluchte!“ schnaubt er
eifersüchtig seiner Freundin zu, die
ihr Gemälde von der gaffenden
Menge bestaunen läßt. .Glubsch-
oogen machen die! Grad, als wenn
se mal wollten. Das gännde eich
so hassen, ihr Brider!"

„Goddoch, Emil, gönn dein Leidn
doch ooch mal was Guds!" flötet
die Mondäne milde, und fühlt sich.
„Bei eich in die Gaserne, das is
doch ooch bloß so ä'dürres Läben
hin . . . Echalweck Mannsen, echal-
weck Mannsen!"

4. „Nur wär die Sähnsuchd gännd,
weeß was 'ch laide.“

(In usum Hitleriki.)

Man hat seine Sorgen, man läßt
den Kopf hängen, wenn man drau
ßen durch die Sorgenstraßen stapft.
Aber plötzlich, aber plötzlich, da
wird es auch unsereinem warm
ums Herz.

Nämlich:

„Na, horche mal, Mia, wo du doch
balde achdzähn bist, Mädel!“
„Tcha, Emmi — mich will geener."
„Gelachd! Mädel wie du!"

„Nee, nee, willst mir gude Worde
gäben, aber ich weeß Bescheed!
Puckel bleibt Puckel, und wenn's
ooch bloß wie 'n bißl Fett hindn
uff der Schuldr aussähn däd."

„Du echalweck mit deim Puggl!
Vorne, das is die Haupdsache, die
Brusd; und bei dir had's vorne!"
„Nu cha. Aber dann immer
noch —: Wie tät man's machen,
daß ’r herguckt ?"

„Steck dir e Hagenkreiz an, und
wenn dann eener mit die Zweggen
an die Stiebein') hinter dir her-
gommd, so'n brauner Lulatsch, wo
de Hosen hinden stramm had uff'n
Hintern-das is ’r!"

Vergnügliche Anm. d. Uebers.:

Hitler, SA.-Prima ballcrina assoluta am
Berliner Kaiserhof;

■*-’) sexual, gemeint; homo—11;

Völkischer Beobachter, unbeachtete
Zeitung in Schücklgrubensien;

l) gewöhnliche Stiefclzwcckcn.

Zeichnung von Lothar Reiz

,,Merke, mein Sohn, was auch immer
geschieht: Auf alle Fälle gehört uns
die Zukunft, denn immerdar bleibt
unserFührer der kommende Mann 1"

Kamerad, deine Hände ...

Einmal haben auch deine Hände Arbeit gekannt.

Einmal standest du gebeugt am laufenden Band,
einmal hast du vom Morgen bis spät in die Nacht
Hebel, Räder, Kränfe bewacht,
oder trugst Steine und Kalk für den Bau,
und man sagte dir, daß Arbeit nicht schände.

Einmal waren sie rissig, voll Schwielen und rauh,

Kamerad, deine Hände.

Dann hat man euch plötzlich nicht brauchen können,

dich — deine Muskeln — deine Hände — nicht brauchen können!

Nun gingst du zum Stempeln mit müdem Tritt,

tagaus und tagein denselben Schritt.

Deine schwieligen Hände ruhten sich aus,
und die Langeweile kam zu dir ins Haus.

Zart und weich, fast wie Samt wurden am Ende,

Kamerad, deine Hände.

Aber du bist die Plage gewohnt, und es fällt dir schwer,

nun nicht mehr die Hände zu rühren,

dir gefallen die zarten Finger nicht sehr,

und du möchtest sie lieber voll Schwielen spüren.

Du ballst deine Fäuste, du reckst sie hoch,
erwartest den Tag, da sich Arbeit fände.

Einmal kommt dieser Tag! Wir brauchen sie noch,

Kamerad, deine Hände! Rudolf Gottschalk.

Zeichnung von Lothar Reiz

Die Welt von der anderen Seite

„Laß uns umkehren, Mieze, es läuft
uns ein Mensch Uber den Weg!“
 
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