Jahrg. IV, Nr. 51/52 vom 21. Dezember 1930
W E L T KUNS T
3
Die neuesten Ausgrabungen
in Vorderasien
Zur Ausstellung im Musee de 1’0 ränge rie, Paris
Von Dr. Fritz Neugass
In dem Pariser Musee de l’Orangerie wur-
den vor ihrer endgültigen Einordnung in die
verschiedenen Säle des Louvre die lebten Aus-
grabungsergebnisse der französischen Ge-
lehrten aus Susa, Tello und Syrien ausgestellt.
Die Forschungen in Vorderasien, besonders im
französischen Schubgebiet, wurden seit einem
Jahrzehnt mit besonderer Tatkraft in Angriff
genommen und brachten ein so reichliches
Material zutage, daß man bereits eine ganze
Reihe neuer Museen in Beirut, Damaskus,
Aleppo, Latocia und Antiochia eingerichtet hat,
die besonders die prähistorischen und antiken
Denkmäler bewahren sollen. Die schönsten
und eindringlichsten Stücke, die die starken
Wechselbeziehungen von orientalischer und
abendländischer Kunst am deutlichsten be-
zeugen, wurden jedoch dem Louvre Vorbe-
halten und sind in dieser Ausstellung vereinigt.
Die kunstgeschichtliche Forschung, die seit
Strzygowski sich besonders mit der Frage des
Ursprungs der europäischen Kunst beschäftigt,
wird durch diese Funde vor ganz neue Pro-
bleme gestellt.
Bei den Grabungen in Tello, die man seit
zwei Jahren durch verschiedene Schichten hin
durchgeführt hat, fand man Zeugnisse der
ältesten Kulturen, kleine Terrakottaköpfe der
gudäischen Epoche (2400 v. Chr.), sowie Idole
der präsargonischen Zeit aus dem Beginn des
3. Jahrtausends, die mit den Funden aus Assur
starke Verwandtschaft aufweisen. Die semiti-
sche Bevölkerung Mesopotamiens war also
schon sehr früh sumerischen Einflüssen unter-
worfen und hat entgegen der bisherigen An-
schauung eine eigene Kunst hervorgebracht.
In S u s a , wo bereits im 19. Jahrhundert die
Gegenwart kein Herz hat, alte, uns fremd ge-
wordene Kunst erleben? übrigens steht nur
ein Bruchteil des bescheidenen Gesamtetats
des Museums für Erwerbungen von Kunst-
werken der Gegenwart zur Verfügung. Mit
dem weitaus größten Teil der etatmäßigen
Mittel hat das Museum nahezu jedes wertvolle
alte heimische Stück erworben, das in
den lebten Jahren in Oberschwaben gefährdet
und nicht ganz unerschwinglich war, und zwar
ausschließlich aus dem Kleinhandel und aus
Privatbesiß; ja sogar aus dem Ausland wur-
den Ulmer Stücke zurückgeholt. Daß man der-
zeit auf Auktionen teuer kaufe, ist nicht wahr.
Im Gegenteil, die Auktionen bieten gegen-
wärtig oft die einzige Möglichkeit, zwischen
dem seine Werte überschäßenden Privatbesiß
und den Museen einen vernünftigen Ausgleich
zu schaffen. Indes haf düs Ulmer Museum
von der Möglichkeit, auf Auktionen zu kaufen,
seit langem keinen Gebrauch mehr machen
können, weil es seine Mittel für Rettung hoch-
wertiger Stücke aus Privatbesiß zurückhalten
mußte; man denke an den Syrlinschrank.
Ebenso wenig hat es sich jemals auf einen
Tausch eingelassen.
Herr Auberlen mag daher theoretisch wohl
im Recht sein. Nur ist, wie eine Prüfung leicht
ergibt, das Ulmer Museum ein ungeeignetes
Beweismittel für die Berechtigung seiner und
ähnlicher Klagen. Denn, um Gesagtes zu
wiederholen: Selbstverständlich muß jedes
Provinzmuseum zunächst die Kunst seines Be-
zirkes pflegen. Aber Museen sind nicht dazu
da, dem minderwertigen Alfen und Neuen, nur
weil es örtlich bedingt ist, zur Unsterblichkeit
zu verhelfen. Ein einziges ganz großes Kunst-
werk, in dem sich die eigene Gegenwart oder
Vergangenheit zusammenfaßt, gibt einem Mu-
seum mehr Glanz und Weihe als Hunderte von
Mittelmäßigkeiten. Wie sagt doch Hesses
Goldmund von den durchschnittlichen Kunst-
werken: „Sie sind so schwer enttäuschend,
weil sie das Verlangen nach Höchstem er-
wecken und es doch nicht erfüllen, weil ihnen
die Hauptsache fehlt, das Geheimnis.“ Wel-
chen Sinn haben Museen, wenn nicht den, zum
Geheimnis und zur Andacht zu führen?
Prof. Dr. Baum
berühmte Geseßestafel des Hammurabi und
die großen Reliefs mit Bogenschüßen (heute
im Louvre) gefunden wurden, hat man neuer-
dings ganze Wände aus glasierten Tonziegeln
mit ähnlichen Darstellungen freigelegt, die zu
den hervorragendsten Denkmälern der Achä-
menidenzeit zu zählen sind. Die Perser waren
fast noch empfindsamer als die assyrischen
und neubabylonischen Tierbildner; sie ver-
suchten weniger die Kraft, als die innere Ge-
spanntheit und die Nervosität in ihren Löwen-
friesen auszudrücken. Ein neues Motiv bildet
die Sphinx mit der geflügelten Sonnenscheibe,
sicherlich die Übernahme eines ägyptischen
Mythus, der über Assyrien nach Persien ge-
langt ist. Unter der Achämenidenschicht, 6. bis
4. Jh. v. Chr., und den neubabylonischen Resten
des 7. Jh. v. Chr. entdeckte man noch Funde
der elamitischen Kultur. Man bezeichnet heute
die Schichten mit „Susa L“: Vasen mit geo-
metrischen Ornamenten und einfarbig bemalt,
und „Susa II“, mit einer Keramik, die einen
stärkeren Natursinn, aber auch plumpere
Formen der Ornamentik aufweist. Susa hat
die ganze Zeit hindurch eine bedeutsame Rolle
gespielt und ist eines der Hauptzentren öst-
licher und abendländischer Kulturkreuzung.
Noch unter den parthischen Arsakiden
(250 v. Chr.—224 n. Chr.l, dann unter den
Sassaniden (226—632) und später zur Zeit der
Araber war diese Stadt ein Durchgangspunkt
vom Orient zum Okzident.
In Til-Barsib (Teil Ahmar) hat man
einen gewaltigen assyrischen Königspalast
freigelegt, der von 745—727 v. Chr. errichtet
worden ist. Die Wände des großen Saales sind
ganz mit Fresken bedeckt, die für uns be-
Darstellung im Tempel — Präsentation au temple •— Presentation in the temple
Schule von Tournay, 15. Jh. — Ecolc de Tournay, 15ms siede — School of Tournay,
i5th Century
Holz — Bois — Panel, 86 : 51 cm — Coll. Pelletier — Kat. Nr. 35
Versteigerung — Vente — Sale: Paris, Hotel Drouot (Mes R. Hemard, F. Lair Dubreuil,
MM. J. Feral, C. Catroux, H. Lemani, 2. Dezember 1930
Brachte — adjuge — sold: 410000 fr.
sonders bedeutungsvoll sind, da die Malerei
in der assyrischen Kunst fast gänzlich ver-
loren und bis heute völlig unerforscht ist.
Stilistisch zeigen die großen Fresken eine nahe
Verwandtschaft mit den Reliefs aus den großen
assyrischen Hauptstädten Assur, Kalakh
und Ninive. Dargestellt sind große Szenen
von Palastempfängen, wobei die tributpflich-
tigen Stämme dem König Geschenke dar-
bringen und große Paraden, wobei Truppen,
Pferde, Krieger und Wagen vorbeiziehen. In
den dekorativen Ornamenten findet man die
gleichen Formelemente, wie in der ältesten
jonischen Keramik.
Ras-Shamra, das antike Zapuna, nörd-
lich von Laodicea, war ein Hafenplaß, auf
welchem die zyprischen und mykenischen Pro-
dukte gegen orientalische Waren eingetauschi
wurden. Selbst vom griechischen Festland
wurden dorthin Kunstwerke eingeführf. Auch
der ägyptische Einfluß isi erwiesen durch eine
kleine Stele, die den Gott Baal von Zapuna
darstellt. In der Nekropole in der Nähe des
Meeres fand man drei verschiedene Kultur-
schichten, die bis ins 18. Jahrhundert v. Chr.
zurückreichen und darunter noch Lehmziegel-
konstruktionen aus der Zeit der Mittani vom
Beginn des 2. Jahrtausends.
In Khan-Sheikhun, dem alten Ash-
kani, fand man sogar Reste mykenischer
Vasen, die auf der Insel Rhodos angefertigt
und später der Göttin Nin-Egal geweiht
wurden.
In B y b 1 o s , wo die berühmten und vielbe-
sungenen Riten des Adoniskultes begangen
wurden, hat man einen großen Tempel freige-
legf und in den Gräbern der Könige Gegen-
stände gefunden, die ihnen von den Pharaonen
geschenkt worden sind. Die Beziehungen zur
ägyptischen Kultur sind auch hier durch diese
Funde erwiesen.
Dura -Europos ist eine der wenigen
Städte, welche zur hellenistischen Zeit eine
große Rolle gespielt haben. Zur Zeit ger
Siege Alexanders d. Gr. haben sich hier die
griechische und orientalische Kultur vermischt.
Die Grabungen haben bereits ganze Straßen-
züge der mazedonischen und palmyrischen
Stadt freigelegt und neben der gewaltigen
Zitadelle und den Tempeln der Artemis und
der Atargatis hat man zahlreiche Inschriften,
griechische Pergamente, Malereien, Skulp-
turen und besonders Schmuckstücke gefunden,
deren orientalische Formen durch das syrische
Christentum ins Abendland drangen und der
romanischen Kunst die morgenländischen Mo-
tive vermittelten.
Die Bedeutung dieser Ausstellung, welche
die leßten Funde in schönster Auswahl ver-
einigt hat, lag besonders in den archäologi-
schen Entdeckungen, in der Erhellung der
künstlerischen und kulturellen Beziehungen der
vorderasiatischen Völker und in den Einflüssen
auf die abendländische Kunstentwicklung, die
durch die neuen Funde geklärt und vertieft
worden sind.
Der Sammler Otto Beit
Durch das Hinscheiden des Sir Otto Beit,
über dessen Tod wir in Nr. 50 der „Weltkunst“
berichteten, ist England eines der größten
Kunstsammler beraubt worden. Der Ver-
storbene lebte seit 1888 in England und hat
sein großes Vermögen neben bedeutenden
wohltätigen Stiftungen in großen Kunstsamm-
lungen angelegt. Sein bester Berater und
Freund war Wilhelm v. Bode. Die Sammlung
Otto Beit ist die bedeutendste in England
auf dem Gebiet der Niederländer, unter denen
Vermeer van Delfts „Liebesbrief“ und
„Dame am Spinett", der Gitarrenspieler von
Frans Hals und M e f s u s Briefschreiber und
Briefleser die hervorragendsten Werke sind.
Diese Hauptstücke werden eingerahmt von
solchen Meisterwerken, wie Ruisdaels Schloß
von Bentheim, Fr. Hals’ „Junger Flöte-Spieler",
Arbeiten von Hobbema, Rembrandt u. a. Dazu
kommen Werke von Goya, Murillo und Velaz-
guez. Die englische Schule des 18. Jahr-
hunderts ist durch Arbeiten von Reynolds,
Gainsborough und Raeburn hervorragend ver-
treten. Otto Beits prachtvolles altes Haus:
Tewin Water in Welwyn, wo er die leßte Zeit
lebte, stellt eine wahre Schaßkammer an
Kunstwerken dar.
L. Bernheimer
Antike
Gobelins Möbel
Stoffe Stickereien Samte
Frühe Teppiche
Ostasiatische Kunst
MÜNCHEN Lenbachplatz 3
MARGRAF & CO.
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Unter den Linden 21
Gebäude um 1780
BERLIN W8 • UNTER DEN LINDEN 21
Illustrierter Katalog a u f IK u n s c It I
W E L T KUNS T
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Die neuesten Ausgrabungen
in Vorderasien
Zur Ausstellung im Musee de 1’0 ränge rie, Paris
Von Dr. Fritz Neugass
In dem Pariser Musee de l’Orangerie wur-
den vor ihrer endgültigen Einordnung in die
verschiedenen Säle des Louvre die lebten Aus-
grabungsergebnisse der französischen Ge-
lehrten aus Susa, Tello und Syrien ausgestellt.
Die Forschungen in Vorderasien, besonders im
französischen Schubgebiet, wurden seit einem
Jahrzehnt mit besonderer Tatkraft in Angriff
genommen und brachten ein so reichliches
Material zutage, daß man bereits eine ganze
Reihe neuer Museen in Beirut, Damaskus,
Aleppo, Latocia und Antiochia eingerichtet hat,
die besonders die prähistorischen und antiken
Denkmäler bewahren sollen. Die schönsten
und eindringlichsten Stücke, die die starken
Wechselbeziehungen von orientalischer und
abendländischer Kunst am deutlichsten be-
zeugen, wurden jedoch dem Louvre Vorbe-
halten und sind in dieser Ausstellung vereinigt.
Die kunstgeschichtliche Forschung, die seit
Strzygowski sich besonders mit der Frage des
Ursprungs der europäischen Kunst beschäftigt,
wird durch diese Funde vor ganz neue Pro-
bleme gestellt.
Bei den Grabungen in Tello, die man seit
zwei Jahren durch verschiedene Schichten hin
durchgeführt hat, fand man Zeugnisse der
ältesten Kulturen, kleine Terrakottaköpfe der
gudäischen Epoche (2400 v. Chr.), sowie Idole
der präsargonischen Zeit aus dem Beginn des
3. Jahrtausends, die mit den Funden aus Assur
starke Verwandtschaft aufweisen. Die semiti-
sche Bevölkerung Mesopotamiens war also
schon sehr früh sumerischen Einflüssen unter-
worfen und hat entgegen der bisherigen An-
schauung eine eigene Kunst hervorgebracht.
In S u s a , wo bereits im 19. Jahrhundert die
Gegenwart kein Herz hat, alte, uns fremd ge-
wordene Kunst erleben? übrigens steht nur
ein Bruchteil des bescheidenen Gesamtetats
des Museums für Erwerbungen von Kunst-
werken der Gegenwart zur Verfügung. Mit
dem weitaus größten Teil der etatmäßigen
Mittel hat das Museum nahezu jedes wertvolle
alte heimische Stück erworben, das in
den lebten Jahren in Oberschwaben gefährdet
und nicht ganz unerschwinglich war, und zwar
ausschließlich aus dem Kleinhandel und aus
Privatbesiß; ja sogar aus dem Ausland wur-
den Ulmer Stücke zurückgeholt. Daß man der-
zeit auf Auktionen teuer kaufe, ist nicht wahr.
Im Gegenteil, die Auktionen bieten gegen-
wärtig oft die einzige Möglichkeit, zwischen
dem seine Werte überschäßenden Privatbesiß
und den Museen einen vernünftigen Ausgleich
zu schaffen. Indes haf düs Ulmer Museum
von der Möglichkeit, auf Auktionen zu kaufen,
seit langem keinen Gebrauch mehr machen
können, weil es seine Mittel für Rettung hoch-
wertiger Stücke aus Privatbesiß zurückhalten
mußte; man denke an den Syrlinschrank.
Ebenso wenig hat es sich jemals auf einen
Tausch eingelassen.
Herr Auberlen mag daher theoretisch wohl
im Recht sein. Nur ist, wie eine Prüfung leicht
ergibt, das Ulmer Museum ein ungeeignetes
Beweismittel für die Berechtigung seiner und
ähnlicher Klagen. Denn, um Gesagtes zu
wiederholen: Selbstverständlich muß jedes
Provinzmuseum zunächst die Kunst seines Be-
zirkes pflegen. Aber Museen sind nicht dazu
da, dem minderwertigen Alfen und Neuen, nur
weil es örtlich bedingt ist, zur Unsterblichkeit
zu verhelfen. Ein einziges ganz großes Kunst-
werk, in dem sich die eigene Gegenwart oder
Vergangenheit zusammenfaßt, gibt einem Mu-
seum mehr Glanz und Weihe als Hunderte von
Mittelmäßigkeiten. Wie sagt doch Hesses
Goldmund von den durchschnittlichen Kunst-
werken: „Sie sind so schwer enttäuschend,
weil sie das Verlangen nach Höchstem er-
wecken und es doch nicht erfüllen, weil ihnen
die Hauptsache fehlt, das Geheimnis.“ Wel-
chen Sinn haben Museen, wenn nicht den, zum
Geheimnis und zur Andacht zu führen?
Prof. Dr. Baum
berühmte Geseßestafel des Hammurabi und
die großen Reliefs mit Bogenschüßen (heute
im Louvre) gefunden wurden, hat man neuer-
dings ganze Wände aus glasierten Tonziegeln
mit ähnlichen Darstellungen freigelegt, die zu
den hervorragendsten Denkmälern der Achä-
menidenzeit zu zählen sind. Die Perser waren
fast noch empfindsamer als die assyrischen
und neubabylonischen Tierbildner; sie ver-
suchten weniger die Kraft, als die innere Ge-
spanntheit und die Nervosität in ihren Löwen-
friesen auszudrücken. Ein neues Motiv bildet
die Sphinx mit der geflügelten Sonnenscheibe,
sicherlich die Übernahme eines ägyptischen
Mythus, der über Assyrien nach Persien ge-
langt ist. Unter der Achämenidenschicht, 6. bis
4. Jh. v. Chr., und den neubabylonischen Resten
des 7. Jh. v. Chr. entdeckte man noch Funde
der elamitischen Kultur. Man bezeichnet heute
die Schichten mit „Susa L“: Vasen mit geo-
metrischen Ornamenten und einfarbig bemalt,
und „Susa II“, mit einer Keramik, die einen
stärkeren Natursinn, aber auch plumpere
Formen der Ornamentik aufweist. Susa hat
die ganze Zeit hindurch eine bedeutsame Rolle
gespielt und ist eines der Hauptzentren öst-
licher und abendländischer Kulturkreuzung.
Noch unter den parthischen Arsakiden
(250 v. Chr.—224 n. Chr.l, dann unter den
Sassaniden (226—632) und später zur Zeit der
Araber war diese Stadt ein Durchgangspunkt
vom Orient zum Okzident.
In Til-Barsib (Teil Ahmar) hat man
einen gewaltigen assyrischen Königspalast
freigelegt, der von 745—727 v. Chr. errichtet
worden ist. Die Wände des großen Saales sind
ganz mit Fresken bedeckt, die für uns be-
Darstellung im Tempel — Präsentation au temple •— Presentation in the temple
Schule von Tournay, 15. Jh. — Ecolc de Tournay, 15ms siede — School of Tournay,
i5th Century
Holz — Bois — Panel, 86 : 51 cm — Coll. Pelletier — Kat. Nr. 35
Versteigerung — Vente — Sale: Paris, Hotel Drouot (Mes R. Hemard, F. Lair Dubreuil,
MM. J. Feral, C. Catroux, H. Lemani, 2. Dezember 1930
Brachte — adjuge — sold: 410000 fr.
sonders bedeutungsvoll sind, da die Malerei
in der assyrischen Kunst fast gänzlich ver-
loren und bis heute völlig unerforscht ist.
Stilistisch zeigen die großen Fresken eine nahe
Verwandtschaft mit den Reliefs aus den großen
assyrischen Hauptstädten Assur, Kalakh
und Ninive. Dargestellt sind große Szenen
von Palastempfängen, wobei die tributpflich-
tigen Stämme dem König Geschenke dar-
bringen und große Paraden, wobei Truppen,
Pferde, Krieger und Wagen vorbeiziehen. In
den dekorativen Ornamenten findet man die
gleichen Formelemente, wie in der ältesten
jonischen Keramik.
Ras-Shamra, das antike Zapuna, nörd-
lich von Laodicea, war ein Hafenplaß, auf
welchem die zyprischen und mykenischen Pro-
dukte gegen orientalische Waren eingetauschi
wurden. Selbst vom griechischen Festland
wurden dorthin Kunstwerke eingeführf. Auch
der ägyptische Einfluß isi erwiesen durch eine
kleine Stele, die den Gott Baal von Zapuna
darstellt. In der Nekropole in der Nähe des
Meeres fand man drei verschiedene Kultur-
schichten, die bis ins 18. Jahrhundert v. Chr.
zurückreichen und darunter noch Lehmziegel-
konstruktionen aus der Zeit der Mittani vom
Beginn des 2. Jahrtausends.
In Khan-Sheikhun, dem alten Ash-
kani, fand man sogar Reste mykenischer
Vasen, die auf der Insel Rhodos angefertigt
und später der Göttin Nin-Egal geweiht
wurden.
In B y b 1 o s , wo die berühmten und vielbe-
sungenen Riten des Adoniskultes begangen
wurden, hat man einen großen Tempel freige-
legf und in den Gräbern der Könige Gegen-
stände gefunden, die ihnen von den Pharaonen
geschenkt worden sind. Die Beziehungen zur
ägyptischen Kultur sind auch hier durch diese
Funde erwiesen.
Dura -Europos ist eine der wenigen
Städte, welche zur hellenistischen Zeit eine
große Rolle gespielt haben. Zur Zeit ger
Siege Alexanders d. Gr. haben sich hier die
griechische und orientalische Kultur vermischt.
Die Grabungen haben bereits ganze Straßen-
züge der mazedonischen und palmyrischen
Stadt freigelegt und neben der gewaltigen
Zitadelle und den Tempeln der Artemis und
der Atargatis hat man zahlreiche Inschriften,
griechische Pergamente, Malereien, Skulp-
turen und besonders Schmuckstücke gefunden,
deren orientalische Formen durch das syrische
Christentum ins Abendland drangen und der
romanischen Kunst die morgenländischen Mo-
tive vermittelten.
Die Bedeutung dieser Ausstellung, welche
die leßten Funde in schönster Auswahl ver-
einigt hat, lag besonders in den archäologi-
schen Entdeckungen, in der Erhellung der
künstlerischen und kulturellen Beziehungen der
vorderasiatischen Völker und in den Einflüssen
auf die abendländische Kunstentwicklung, die
durch die neuen Funde geklärt und vertieft
worden sind.
Der Sammler Otto Beit
Durch das Hinscheiden des Sir Otto Beit,
über dessen Tod wir in Nr. 50 der „Weltkunst“
berichteten, ist England eines der größten
Kunstsammler beraubt worden. Der Ver-
storbene lebte seit 1888 in England und hat
sein großes Vermögen neben bedeutenden
wohltätigen Stiftungen in großen Kunstsamm-
lungen angelegt. Sein bester Berater und
Freund war Wilhelm v. Bode. Die Sammlung
Otto Beit ist die bedeutendste in England
auf dem Gebiet der Niederländer, unter denen
Vermeer van Delfts „Liebesbrief“ und
„Dame am Spinett", der Gitarrenspieler von
Frans Hals und M e f s u s Briefschreiber und
Briefleser die hervorragendsten Werke sind.
Diese Hauptstücke werden eingerahmt von
solchen Meisterwerken, wie Ruisdaels Schloß
von Bentheim, Fr. Hals’ „Junger Flöte-Spieler",
Arbeiten von Hobbema, Rembrandt u. a. Dazu
kommen Werke von Goya, Murillo und Velaz-
guez. Die englische Schule des 18. Jahr-
hunderts ist durch Arbeiten von Reynolds,
Gainsborough und Raeburn hervorragend ver-
treten. Otto Beits prachtvolles altes Haus:
Tewin Water in Welwyn, wo er die leßte Zeit
lebte, stellt eine wahre Schaßkammer an
Kunstwerken dar.
L. Bernheimer
Antike
Gobelins Möbel
Stoffe Stickereien Samte
Frühe Teppiche
Ostasiatische Kunst
MÜNCHEN Lenbachplatz 3
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Unter den Linden 21
Gebäude um 1780
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