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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 5.1931

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Nr. 27 (5. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44978#0311
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5- JULI 1931

V. JAHRGANG, Nr. 27

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ART»/* WORLD

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT

Das INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE und ihren markt


WERTHEIM : DAS biblographikon
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Alte Graphik Seltene Bücher Moderne Kunst

Versteigerungswesen in London

ALTE MEISTER

'Impressionisten

NEW ■ YORK

keine Rolle, ja ungereinigte Bilder können
unter Umständen Preise bringen, die weit
über ihrem wirklichen Werte liegen, da der

Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 50 Pfennig. Quartal für Deutschland inklusive Postzustellung
Mark 4,50: Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mark 5,50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mark 5,50; oder: Oesterreich ö. S. 9; Tschecho-
slowakei Ke 45; Frankreich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25: Eng-
land £ /5/6; Schweiz und die nicht angeführten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50

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Besucher eine kleine Flasche mit Tinktur vor-
holt oder gar den angefeuchteten Finger be-
nußt, um eine dunkle Stelle vorübergehend
aufzuhellen, weil er eine Signatur vermutet
oder den Zustand der Malerei untersuchen
will. Ob ein Bild schön klar gereinigt ist oder
ob die Malerei unter aiier Schmuß- und
Firnisschicht sißt, spielt für den Interessenten

Käuferpublikums und infolge eines Presse-
feldzuges wieder abgeebbt.
Alle Schaukästen kann der Besucher sich

Engländer ein leidenschaftlicher Spekulant ist
und gern auf Überraschungen hofft. Man muß
sich deshalb, namentlich in den kleineren Ver-
stieigerungshäusern, vor ab und zu vor-
kommenden künstlich dunkel gemachten
Bildern in acht nehmen.
Die uns von den Berliner Besichtigungen
bekannten Kommissionäre gibt es
in London nicht. Dagegen haben einzelne
Sammler ihre bestimmten Händler, die ge-
legentlich oder regelmäßig für sie auf Auktio-
nen bieten, ebenso wie größere Händler ge-
legentlich durch kleinere kaufen lassen.
Berufskommissionäre, die nicht auch Kunst-
händler sind, und die, wie hier, oft von Kunst
nicht die geringste Ahnung haben, finden in
London keine Existenzmöglichkeit.
Die Versteigerung selbst findet in großer
Ruhe und mit bemerkenswerter Sachlichkeit
statt. Sind die Preise unverhältnismäßig gut
oder im Gegenteil sehr schlecht — der Ver-
steigerer läßt mit keiner Miene auch nur die
geringste Aufregung erkennen, und An-
sprachen an das Publikum, in denen etwa
seine Kaufunlust getadelt wird, wie man sie
manchmal von Berliner Auktionatoren zu
hören bekommt, würden hier eisiger Ab-
lehnung begegnen. Wißworte, Zwischenrufe,
störende Unterhaltungen, Streit über den Zu-
schlag gehören hier zu den allergrößten
Seltenheiten. Troß dieser Ruhe besteht
zwischen dem Versteigerer und den Bietern
ein enger Kontakt, es gibt wahre Künstler in
ihrem Fach unter den Auktionatoren, und es
ist bewundernswert, wie dem auf dem Pult
Stehenden keine Kopfbewegung, kein Wink,
ja kein Augenblinzeln eines Bieters entgeht.
Gebote werden hier nämlich nur dann
laut abgegeben, wenn es dem Bieter gerade
so paßt, — niemand verlangt lautes Bieten,
und Einmischungen der Polizei, Vorschriften-
machen, was Formalitäten anbetrifft, gibt es
in London nicht. Niemals würde man er-
leben, wie das in einer anderen Metropole
schon vorgekommen sein soll, daß mitten in
der Auktion ein Kriminalbeamter in Räuber-
zivil auftritt und, weil es dem betreffenden
Polizeigewaltigen am Ort einmal so gefällt,
willkürlich einem Auktionator, den man ge-
rade schikanieren will, einengende Verhal-
tungsmaßregeln vorschreibt, die das' Ergeb-
nis der Auktion zunichte machen müssen.
Freilich ist hier in London der Käufer sehr
auf sein eigenes Urteil angewiesen, denn ob-
gleich die großen Versteigerungshäuser über
vortreffliche Spezialkenner verfügen, lehnen
sie — wie auch in Deutschland — jede B ii r g-
schäft für Zuschreibungen und gute Er-
haltung ab und überlassen es dem Käufer,
die Gegenstände selbst zu beurteilen und zu
prüfen. Kein Mensch lächelt hier mehr, wenn
ein mäßiges Schulwerk oder eine Kopie als
„Rembrandt" oder „Rubens" im Katalog er-
scheinen oder wenn gar auf Verlangen des
Besitzers eine kunstgeschichtlich völlig un-
mögliche Zuschreibung abgedruckt worden
ist. Manche kleineren Versteigerungsfirmen
haben die Willkür ihrer Benennungen kurzer-
hand dadurch gekennzeichnet, daß sie in
ihren Katalogen oben auf jeder Seite an der
Stelle, wo die Künstlernamen untereinander
abgedruckt sind, regelmäßig die lakonischen
Worte „by or attributed io" hinsetzen. Aber

Berlin W 9, leIP«i9er Str,

fseheint jeden Sonntag im Weltknnst-Verlag, G.m.b.H.,
erlinW62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin>.
^ankkonto: Deutsche Bank u. Disconto - Gesellschaft, Depositen-Kasse M,
erlin W 62, Kurfürstenstr. 115. Postscheckkonti: Berlin 1180 54; Den
145512; Paris 118732 i Prag 59283; Wien 114783; Zürich 8159
HISER BÜRO: 5, rue Cambon, Paris Ier, Telephone: Louvre 4444

Auguste Renoir, Mädchenbild
Portrait d’une jeune fille — Portrait of a young girl
Leinwand — toile — canvas, 81,5 : 61 cm
Versteigerung — Vente — Sale: Theodore Fischer, Luzern, und Paul Cassirer, Berlin
Luzern, I. September 1931
bei der Besichtigung selbst öffnen. Auch Ge¬
mälde kann man eingehend besichtigen, und
niemand hat etwas dagegen, wenn etwa ein

Bisheriger Titel:
Redaktion, Verlag und Leses aal:
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77 • Tel. B 5 Barbarossa 7228
Herausgeber Dr. J. I. von Saxe

-.London ist für England der alles an sich
I Giende Mittelpunkt des Kunsthandels, viel-
■e*cht mehr noch, als es Paris für Frankreich
Und mehr noch als in irgend einem an-
^eren Lande ist in England das Auktions-
kien ausschlaggebend für den gesamten
^■nsthandel, denn der weitaus größte Teil der
jjUrn Verkauf bestimmten Kunsfgegenstände
VJfnrnt in England auf dem Wege über die
|.ersteigerungshäuser auf den Markt. Viel
häufiger, als das auf dem Kontinent der Fall
sf> Pflegt man in England den Auktionator
ü‘s den gegebenen Vermittler zwischen Käufer
JJfid Verkäufer in Anspruch zu nehmen. Man
j^ehnet nicht nur bei ihm mit einem guten
reise, sondern man will auch den Kom-
. ssionär dabei sparen, den man sonst dort
j ’ehf entbehren kann, denn der Auktionator
so rechtskundig wie ein gelernter Jurist
Pd garantiert gleichzeitig dafür, daß der er-
b’elte Preis auch rechtzeitig bezahlt wird,
ewegliche wie unbewegliche Habe, Häuser
j^hd Grundstücke ebenso wie Nachlässe und
y9Ushalfe, alles erhält der Auktionator zur
^■'Steigerung. Und wer irgendwo in London
der im übrigen England etwas besißt, dem
.* Kunsfwert zumißf, der übergibt es einer
Londoner Versieigerungsfirmen, wenn er
js veräußern will. So kommt es, daß die
londoner Händler viel seltener als bei uns
Gelegenheit haben, unmittelbar aus Privat-
???■& zu erwerben; ein großer Teil ihrer
diigkeit, soweit sie sich außerhalb des Ge-
kläffes abspielt, ist deshalb in der „Season“
^gefüllt mit Besuchen von Besichtigungen
I|fJ Versteigerungen.
Die „Season“, die Hauptzeif für die Ver-
v eigerungen, dauert etwa von Mitte No-
,ehiber bis in den Juli hinein. Eine Fülle von
^■ktionshäusern liegt in der Gegend etwa
'■sehen Pall Mall und Oxfordstreei und auch
bpi- ?s^*ch des Piccadilly Circus, und jede
kJ'ebige Art von Ware, von den größten
^unstwerken bis zu Büchern, Juwelen, Brief-
marken und herab bis zum gewöhnlichen
aUsrat, kommt hier ohne Ende zum Aus-
°t- London mag die ihrem Gründungstag
^ch wohl ältesten privaten Auktionsunter-
; ehmungen der Welt besißen; das älteste und
q, der ganzen Welt bekannte ist die Firma
( drisfie, Manson & Woods in der Kingstreet
yCgr. 1766); bald ebenso bedeutend und nicht
Jel jünger ist die Firma Sotheby & Co. in der
p.eW Bond Street. In beider Nähe hat sich
y,ne Reihe mehr oder weniger bedeutender
ersteigerungsfirmen angesiedelt; die
^.duellen Unterschiede dieser und zahlloser
^■terer Firmen in anderen Stadtteilen sind
^■urgemäß beträchtlich, aber in fast jeder
^hn man gelegentlich einen Fund machen.
ii>cht selten sind auch Hausversteigerungen,
|j er die man sich in den Zeitungen orien-
l|Ten kann, und wo man bei dem alten Reich-
en? Englands manchmal bedeutende Stücke
Ijg erben kann. Die neuerdings auch in Ber-
aufkommende Unsitte, in leerstehenden
tie°;,nun9en aus Händlerware „Privatauktio-
fQ| zusammenzustellen, ist inzwischen in-
9e des nachdrücklichen Protestes des
 
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