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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 6.1932

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Nr. 6 (7. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44980#0041
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7. FEBRUAR 1932

VI. JAHRGANG, Nr. 6

D I E

DAS INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT


Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
Bankkonto: Deutsche Bank u. Disconto - Gesellschaft, Depositen - Kasse M,
Berlin W 62, Kurfürstenstr. 115. Postscheckkonti: Berlin 1180 54; Den
Haag 145512; Paris 118732; Prag 59283; Wien 114783; Zürich 8159
PARISER BÜRO : 23, rue Claude-Pouillet, Paris 17% Tel.: Wagram 91-60

früher:


Redaktion., Verlag und Lesesaal:
Berlin W62, Kurfürstenstr.76-77 ■ Tel. B5 Barbarossa 7228
Herausgeber Dr. J. I. von Saxe

Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 50 Pfennig. Quartal für Deutschland inklusive Postzustellung
Mark 4,50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mark 5,50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mk. 5,50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Frank-
reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50

WERTHEIM:DAS


IBLOGRAPHIKON

Berlin w 9, Leipziger str. Alte Graphik Seltene Bücher Moderne Kunst

Kunstkritik
Von
Dr. Kurt Kusenberg
Der Kölner Vorfall — aktiver Protest der
Künstler gegen die Kunstkritik durch Ab-
hängen der ausgestellten Werke (vgl. Jg. V,
Nr. 51/52) — hat die Kunstkritik der
Tageszeitungen wieder einmal zur Diskussion
gestellt. Ein ergiebiges und schwieriges
Thema. Schwierig, weil man, um eine sach-
liche und unmißverständliche Untersuchung zu
führen, an konkreten Beispielen demonstrieren
üiüßte. Und das kann man aus einleuchten-
den Gründen hier nicht, sondern muß sich mit
einigen prinzipiellen Bemerkungen begnügen.
Wenn die Kunstkritik, früher ein wichtiger
Bestandteil der Tageszeitungen, heute ihr
Stiefkind ist, so trägt sie selbst die Schuld
daran. Nicht Verlagerung der allgemeinen
Interessen erklärt die Sachlage, sondern einzig
Und allein die Tatsache, daß Kunstkritik heute
in den meisten Fällen unsachlich, verständnis-
los, subjektiv und langweilig betrieben wird.
Angebot regelt die Nachfrage. Eine erneuerte,
intensivierte, rege Kritik würde bestimmt
billige Aufnahme finden und das Interesse für
den Zweck, dem sie dient, erheblich steigern.
Die Tätigkeit an den Tageszeitungen ist für
den Kritiker zweischneidig. Positiv: der weite
Aktionsradius, die unmittelbare Wirkung.
Negativ: notwendige Konzessionen und der
fast unvermeidliche Schlendrian, den regel-
hiäßige, mitunter tägliche Berichterstattung
hiit sich bringt. Denn der Kritiker darf ja
bleist gewissen hoffnungslosen Ausstellungen
gegenüber leider nicht kurz und bündig den
Standpunkt des Götz von Berlichingen ein-
behmen (er sollte es dürfen, und es wäre
besser, wenn er es ab und zu täte); er muß
sich mit allem und jedem befassen und ist
Mitunter darauf angewiesen, zwischen den
teilen ein Ventil für seinen berechtigten Un-
hiut zu suchen. Aber das sind nur technische
Schwierigkeiten, die sich beheben lassen. Der
■Kritiker hat jedenfalls mit dem vorhandenen
T'ublikum zu rechnen, nicht mit einem er-
wünschten. Es gilt, die Besten in ihm zu er-
fassen und den andern nicht völlig unverständ-
lich zu bleiben. Gelingt es, die Probleme, um

die es geht, klar herauszuheben und ihrer Dar-
stellung die Aktualität und Allgemeingültig-
keit zu verleihen, auf die sie Anspruch haben,
wird er zweifellos auch Viele zu sich herüber-
ziehen, denen vorher Kunst eine überflüssige
Geheimwissenschaft bedeutete.
Notwendige Mitgift des Kritikers: ein
sicheres und empfindsames Auge. Zuweilen

den Anschluß zu verpassen. Der amüsante
Stil verführt zur Un Sachlichkeit. Man schreibt
esoterisches Ungefähr mit dem Hinter-
gedanken, es sei intuitiv und werde das
richtige schon treffen. Man sagt das Gegen-
teil von dem, was man empfindet, weil es
besser klingt. Man produziert verlegene
Arabesken und ist bemüht, sich durch undurch-


Horatius, Opera. Paris 1797
Kostbarer Maroquinband mit dem Wappen und den Emblemen Napoleons I. — Kat. Nr. 151
Beliure en maroquin, avec les armoiries de Napoleon Ier
Versteigerung — Vente — Sale: Paul Graupe, Berlin, 15. Februar 1932

scheint dieses wichtige Organ getrübt, mit-
unter fragt man sich, ob es überhaupt vor-
handen ist. Bildende Kunst ist und bleibt eine
Angelegenheit des Auges; Denken und Emp-
finden haben sich, so wichtig ihre Mitarbeit
ist, ihm unterzuordnen. Es geht nicht an, von
vornherein literarische, philosophische, psycho-
analytische Begriffe in eine selbständige und
eigengesetzliche Erscheinung hineinzutragen.
Der Zeitungskritiker nährt unbewußt zwei ge-
wichtige Feinde, die sein Auge und Urteil ver-
unldären: den amüsanten Stil und die Angst,

sichtiges Orakeln den Rückzug zu decken für
den Fall, daß man daneben getroffen oder sich
zu weit vorgewagt hat. Sodann: tödliche
Angst, ins Hintertreffen zu geraten. Infolge-
dessen Jagd nach dem dernier cri (was bringt
Paris Neues ?) und hastiges Aufgreifen jeder
Nichtigkeit, sofern sie sich nur aktuell ge-
bärdet. Statt Richtungspfeil ist der Kritiker
Wetterfahne der Konjunktur. Es handelt sich
eben darum, gegen Verblüffung und Ver-
kalkung gleicherweise gewappnet zu sein.
Die Stellung des Kritikers, die eines Mitt-

lers zwischen Künstler und Publikum, ist ver-
antwortungsvoll. Der Vorgang ist doch der:
der Künstler hängt oder steht preisgegeben im
Ausstellungsraum, der Kritiker naht mit ge-
zücktem Bleistift und schlachtet ab. Eine
Magenverstimmung des Kritikers kann eine
gereizte Kritik zur Folge haben. Solchen
Lässigkeiten kann nur strengste Selbstdisziplin
begegnen. Wenn der Kritiker nicht „dispo-
niert“ ist, soll er lieber zu Hause bleiben. Die
Lässigkeit geht weiter: die meisten Kunst-
kritiken sind lediglich Impressionen, Para-
phrasen über Dinge der Kunst, die durch sie
zum Vorwand für recht subjektive Aus-
lassungen herabgewürdigt werden. Aus Para-
phrasen werden leicht Phrasen, und Jargon ge-
hört bestenfalls an den literarischen Stamm-
tisch. Was klar ist, kann man auch klar aus-
drücken. Kunst ist zwar eine diffizile, aber
durchaus keine verschwommene Angelegen-
heit. Kritik soll keine sybaritische Analyse
des empfundenen Gaumenreizes sein, sondern
Aufnahme des künstlerischen Tatbestandes.
Sie hat zunächst zu konstatieren, dann zu
interpretieren. Die gute Interpretation ent-
hält in sich bereits ein Drittes: das Urteil,
die Forderung. Der fordernde Kritiker muß,
Kenntnis der Entwicklung und Kunst-
witterung vorausgesetzt, genau wissen, was
er will. Gewöhnlich aber ist die
Kunstanschauung des Kritikers ein
Konglomerat aus Einzelmeinungen ohne
gemeinsamen Nenner oder ein mühsam schritt-
weise erweitertes Schema, das durch pseudo-
philosophische oder soziologische Verbrämung
auch nicht gewinnt. Der Querschnitt durch
die Berichterstattung eines Kritikers muß
Rückgrat auf weisen. Wiederum ist der Kri-
tiker nicht der liebe Gott. Er ist weder all-
gegenwärtig noch allwissend. Er hat einen
bestimmten Standpunkt, eine bestimmte innere
Struktur und infolgedessen eine bestimmte
Perspektive, unter der er sieht. Völlig ob-
jektive Kritik gibt es nicht, aber die objek-
tivste ist zu erstreben. Kunstinstinkt und
Verstand zu gleichen Teilen ist eine ideale
Mischung, aus der sich aber kein todsicheres
LTrteil ergibt. Auch der beste Kritiker ist
durch Nahsicht befangen, überschätzt mit-
unter das Modische, unterliegt dem Augen-
blick und hat am Ende seines Wirkens mehr
Superlative ausgeteilt als er verantworten
kann. Hier ist die Beobachtung einzuflechten,
daß die meisten Kritiker sich scheuen, einen

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Jllustrierter Katalog Nr. 2051
AUSSTELLUNG: Freitag, 19. Februar, 10—2 und 3—6 Uhr, Sonnabend, 20. Februar, 10—2 und 3—5 Uhr, Montag, 22. Februar, 10—2 Uhr
VERSTEIGERUNG: Dienstag, 23. Februar, vorm. ab 10 Uhr

RUDOLPH L E P K E ’ S KUNST-AUCTIONS-HAUS

BERLIN W 35

POTSDAMER STRASSE 122 a-b

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