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Deutscher Nationalverein [Hrsg.]
Wochen-Blatt des National-Vereins — 1865 (Nr. 1-39)

DOI Kapitel:
No. 23 - No. 26 (7. September 1865 - 28. September 1865)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44609#0181
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Herausgegeben im Auftrage des Vereins-Ausschusses.

23.

1865.

Frankfurt a. M., den 7. September.

Inhalt:
Wochenbericht. — Abiolute Einheitspolitik. — Zur deutschen Politik II.
— Nordische Nationalitäts-Regungen. — Noch einmal die Weserzeitung.
— Oesterreich und Deutschland. — Das Herzogthurn Lauenburg. —
Die deutsche Seemannsschule in Hamburg in ihrer Bedeutung für die
Zukunfts-Marine Deutschlands. — Mittheiluugen aus dem National-
verein. — Anzeigen.

Wochenbericht.
Frankfurt, 4. September.
Noch fehlt, es an tatsächlichen Anhaltspunkten für
ein sicheres Urtheil darüber, ob der Salzburger Waffenstill-
stand von Oesterreichs Seite eiugcgaugeu wurde in der mehr
oder minder deutlich bewußtcu Absicht, ihn als Brücke für-
baldigen Frieden und Rückzug zu benützen, oder nur um Zeit,
Gelegenheit und vor Allem Kräfte zn späterer Erneuerung des
Widerstandes zn gewinnen. Wir halten nach wie vor das Letztere
für überwiegend wahrscheinlich; nach einem dauerhaften und
eudgiltigen Einverständnis^, nach mehr als einem bloß vorläu-
figen, dem Wiener Kabinct lediglich durch die Verlegenheit des
Augenblicks abgedruugencn Vergleich, sieht die seitherige Hal-
tung der beiden Mächte keineswegs aus. Dabei ist indeß kaum
daran zu denken, daß sic schon in nächster Zeit wieder in ernst-
hafteren Hader gerathen sollten; ist die Scheidung von Tisch
und Bett erst vollzogen, werden sie den Herbst und Winter
nber wohl in leidlichem Frieden nebeneinander wohnen. Daß
es über die Details der Abtheiluug zu allerlei Häkeleien
zwischen ihnen kommen würde, war vorauszusehcn, doch han-
delt es sich dabei nur um Nebeupuukte, wegen deren sich neue
„Unzukömmlichkeiten" schwerlich entwickeln werden. Nach Allem,
was man hört, und trotzdem daß, wie es scheint, die Abbe-
rufung des Herrn von Halbhubcr nun doch beschlossen ist,
wird das österreichische Regiment in Holstein den Herzog
Friedrich, die Vereine und die Presse für's Erste nicht belästi-
gen. Auf Oesterreichs Eudabsichtcn läßt sich daraus freilich
nicht viel schließen; denn cs ist nnr natürlich, daß man die
Vorthcile des Rückhalts an dem „bestberechtigten Bewerber"
und der Ncchtsüberzcugung des Landes nicht leichtsinnig ans
den Händen geben wird, auch wenn man keine andere Absicht
mehr hegen sollte, als für die endliche völlige Auslieferung
der Hcrzogthümer einen möglichst hohen Preis von dem Ber-
liner Kabine! hcrauszuschlagen. Ucbrigens geht Oesterreichs
Wohlwollen für den Herzog Friedrich und die Landessache
über die Linie der bloßen Duldung nicht hinaus, von irgend
welcher thätigen Förderung ist nirgends eine Spur zu ent-
decken, und insbesondere läßt man von einer Einberufung der
Staude kein Sterbenswörtchen mehr von Wien aus laut
Mrden. Wir glauben cs gerne, auch ohne ausdrückliche Ver-
sicherung, daß man in Gastein über diesen Punkt stillschwei-
gend, ohne ihn auch nur zu berühren, einig geworden oder
vülmehr von vorncherein einig gewesen ist.

Noch weniger wo möglich als von Oesterreich, das braucht
mau nicht erst zu sagen, ist vom Bund und den Mittelstaaten
für das Volks- und Landesrecht der Hcrzogthümer zu erwarten.
Die letzten Tage haben vie gänzliche Auflösung der dritten
Gruppe wieder auf's Neue aller Welt vor Augen gebracht;
die ehemalige Mehrheil am Bunde ist nun auf zwei, höchstens
drei Stimmen — Bayern, Sachsen und Hessen-Darmstadt —
herabgeschmolzeu. Der neue Anlauf dieser letzten Drei, der
von dem Münchener Regierungsblatt mit ernster Miene und
gewichtigen Worten angeküudigt war, ist in der neulichen
Bundestags-Sitzung auf eine eben so burleske als dieser er-
habenen Körperschaft würdige Weise zu Fall gebracht worden.
Dem bayerisch-sächsischen Wunsche nach „alsbaldiger" Bericht-
erstattung des holsteinischen Ausschusses kam sie verbiudlichst
mit dem Beschluß entgegen, eine „kurze" Vertagung ihrer
Sitzungen auf acht Wochen cintreten zu lassen; zugleich be-
schloß der genannte Ausschuß selber, mit der Berichterstattung
über den Antrag vom 27. Juli zu warten, bis weitere Mit-
theiluugeu von Oesterreich und Preußen eingcgangeu seien. Auf
eine höhere Stufe als Liefe, kann die Kunst der Sclbstver-
spottung allerdings nicht gebracht werden, auch wenn die na-
türliche Anlage so außerordentlich, uud mit so beharrlichem
Fleiß kultivirt ist, wie bei der Bundesversammlung.
Das schleswig-holsteinische Volk wird gut thun, falls es
sein Recht auf Mitbestimmung seines Schicksals noch irgend
zur Geltung gebracht scheu will, sich mit allem Ernste des
Spruchs zu erinnern: Selbst ist der Mann. Wir denken na-
türlich nicht an eine Selbsthülfe im physischen^Sinne des Worts,
die ebenso durch die Natur der Menschen, wie die Lage der
Dinge in den Herzogthümern ausgeschlossen ist. Aber zwischen
der Anrufung des Nothrechts und der gegenwärtigen Haltung
der Schleswig-Holsteiner, liegt doch noch sehr Vieles inmitten,
uud die Einmüthigkeit der Volksgesinuung und des Volks-
willens, wie sie, allen Berichten zufolge, namentlich in Hol-
stein herrschen soll, müßte doch noch in nachdrücklicherer und
rastloserer Weise den Machthabern deutlich, uud vor allen
Dingen unerträglich gemacht werden, als cs bisher geschehen
ist. Die Erfahrung anderer Völker lehrt zur Genüge, daß
auch die bloß friedliche Agitation, wenn sie nur unermüdet
fortgesetzt wird, einen Zustand der öffentlichen Dinge zu er-
zeugen vermag, den auch die verstocktesten Gewalthaber in die
Länge nicht auszuhalten im Stande sind. Vor Allem wäre
cs au den gesetzlichen Vertretern des Landes, auf dieser Bahn
vorauzuschrciten; will man sie durchaus nicht unberufen, so
mögen sie sich aus eigener Macht versammeln. Es wird sich
ja dann zeigen, ob und wie weit Oesterreich gesonnen ist, durch
Verbote und Unterdrückungen für Herrn von Bismarck zu
arbeiten; jedenfalls kann die größere Klarheit der Lage nur
Vorthcil bringen. Nach den neuesten Berichten aus Holstein steht
denn auch wirklich eine Zusammenkunft von Stäudcmitglie-
dern bevor, uud überhaupt' größere Regsamkeit in Aussicbr.
Der Secksuuddreißigcr-Ansschuß hat in seiner gestern
 
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