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5. Sprache und Jorm.

Geßners Sprache hat keine großen Wandlungen durchgemacht,
sie trägt von Anfang an ihre bestimmte Farbe und wie sehr der
Daphnis von den zweiten Idyllen sich unterscheiden mag, so
überwiegen doch die durchgehenden Züge. In der Nacht, die
Geßner selbst eine Karrikatur nannte, sieht es noch recht un-
ruhig und überfüllt aus; danu aber klärt sich der Stil, er wird
reiner, durchsichtiger, ohne an Wärme etwas zu verlieren, und
in den ersten Idyllen finden sich einzelne Stücke von einer stil-
istischen Vollendung, wie man sie in Deutschland noch nie gcsehn
hatte. Den größten Glanz der Sprache entfaltet der Abel, aber
indem seine Poesie hier einen ungewohnten Schwung nehmen
will, verliert sie auch wieder viele Vorzüge, die nur deu stillern,
mildleuchtenden Idyllen eigen sind. Der zunehmende Mangel an
Unmittelbarkeit verrät sich in dem kurzen, gemessenen, oft kühlen
Stil der letzten Idyllen. Die Sprache steht im Dienste künst-
lerischer Reflexion. Der Stil wird hie und da zur Manier.

I.

Geßners erstes Ziel war, die Sprache der Natur zu sprechen?
Nicht Hirtcu darzustcllen, die so geziert denken, wie ein witziger
Dichter und die aus ihren Empfindungen eine schlaue Kunst zu
machen wissen. Von Theokrit rühmt er, er sei weit entfernt von
 
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