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Wölfflin, Heinrich [Hrsg.]; Johannes <Evangelist> [Hrsg.]
Die Bamberger Apokalypse: eine Reichenauer Bilderhandschrift vom Jahre "1000" — München, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.27911#0019
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V7

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Der Lichtdruck wird der Ruhe und Einheitlichkeit des Bildes nicht ganz gerecht. Der blau-
violette Mantel des Johannes geht mit dem Lila-Grund viel mehr zusammen als es hier der Fall zu
sein scheint. Der Mantel Christi ist rotviolett und die Leuchter bläulich-rot. Dazwischen überall das
bindende Weißblau (die Tuniken, das Schwert, der Schnitt des Buches, die Leuchterdorne, die Sterne).
Das Fleisch beidseits fahlgelb mit grünlichen Schatten, eine Farbgebung, die zwar auch in unheiligem
Sinne gelegentlich gebraucht wird, im allgemeinen aber das Hehre bezeichnet. Auch die Nimben
beidseits gleich.

3. Johannes erhält die Weisung an die Gemeinden von Ephesus und Smyrna zu
schreiben (Fol. 4^; nach II, 11).

Die Weisung erfolgt wie auf Bild 1 durch eine aus Wolken vorstoßende flügellose Figur,1)
Johannes nimmt sie stehend entgegen, die Feder in der Rechten, das Buch in der Linken. Der Inhalt
4er himmlischen Botschaft angedeutet durch zwei Gebäudegruppen, die die zwei Städte darstellen.

Das Bild ist offenbar von fremder Hand hergestellt und zwar handelt es sich nicht nur um eine
Überarbeitung, sondern die Zeichnung ist von Grund aus anders als bei unserm Meister. Verglichen
mit 6 wirkt das Ganze als schwache Nachahmung. Zu Kopf und Hand vgl. den Johannes auf 5, oben.
Perspektive, Stadtansichten und Ornamentik sind grundsätzlich anders. Ein farbiger Grundstreifen
fehlt. Im übrigen spielt das Silber eine bedeutende Rolle, das sonst in den Bildern gar nicht vorkommt.

4 und 5. Johannes erhält die Weisung an die Gemeinden von Pergamus und Thyatira
zu schreiben (Fol. 6v; nach II). Desgleichen an die Gemeinden von Sardes und Philadelphia

(Fol. 8r; nach III, 13).

Je zwei Darstellungen auf einem Blatt vereinigt. Das Stadtbild nimmt jedesmal die (ungefähre)
Mitte ein. Es wechselt in den Farben, nur das Zinnoberrot der Dächer behauptet sich gleichmäßig.
Goldgrund. Andeutung des Erdbodens mit allmählich sich verflachenden braunen Hügelwellen. Bei
den Linienansätzen sprießt Gras hervor. Johannes, weißbärtig, mit offenem Buch (oder Rolle) und
Schreibgerät als Halbfigur, zuerst grün, dann stumpfviolett. Der vom Himmel auf ihn einredende
Herr drängt von Mal zu Mal tiefer ins Bild hinein; die Wolkenscheiben werden immer größer. Auch
bei ihm wechselt Rolle und Buch. Man beachte, wie der Finger stets an die Stadtsilhuette rührt und
wie von der andern Seite das Buch des (ebenfalls in der Bewegung gesteigerten) Johannes anschneidet.

6. Johannes erhält die Weisung an die Gemeinde von Laodicea zu schreiben (fol. gg;
nach III, 22).

Weit ausgebreiteter Goldgrund, mit grünem Bodenstreifen. Die stille Feierlichkeit gerade im
Vergleich mit Tafel 3 gut zu ermessen. Johannes (hier braungelb) hart am Rand. Der Aufblick von
großem Nachdruck. Die Divergenz der »Parallelen« von Mund und Augen hier am größten.

7. Der Thronende im Himmel (Fol. iov; nach IV, 8).

Christus in Mandorla, auf Regenbogen sitzend und (griechisch) segnend, umgeben von den
vier »Tieren« der Evangelisten, die Füße auf der Weltkugel, aus der Blitze brechen; darunter das
»gläserne Meer« (IV, 6), mit antikischer Personifikation. Die gekrönten Ältesten mit flammenden
Hörnern (phialae),2) nicht auf Stühlen sitzend (IV, 4), sondern stehend. Es sind statt 24 nur 8 dargestellt.

Zur Richtigstellung des Eindrucks muß man sich vergegenwärtigen, daß die Mandorla mit ihrer
blauen Füllung als größte Form von vornherein das Ganze beherrscht. Das Blau durch waltet das Bild
vollständig, denn es wiederholt sich ganz gleichmäßig je in der vorletzten Gestalt der Greise gegen
den Rand hin und kommt auch in einem Ring der Weltkugel noch einmal vor. Auch in den andern
Gewändern der Ältesten und in den Flügeln der Tiere ist die Farbe symmetrisch verteilt. Die Blitze,
die aus der grünen Erdscheibe hervorgehn, sind rot. Das Gold des Grundes wird nur in kleinen Aus-
schnitten sichtbar. Das Ganze sehr prächtig in seinem gehaltenen Reichtum.

8. Die Änbetung der 24 Ältesten und das verschlossene Buch (Fol. n»; nach V, 5).

Die (8) Ältesten legen vor dem Thronenden ihre Kronen nieder. Es sind sieben diademförmige

Kronen, über den Häuptern der Männer sieben Schalen mit Flammen (Rauchwerk, vgl. V. 8). Der

1) Hier fehlt das Kreuz im Nimbus, das erst bei den folgenden (allein ächten) Bildern wiederkehrt.

2) Im Text werden diese »Schalen mit Rauchwerk« erst später erwähnt, V, 8.

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