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DIE KUNST ALBRECHT DÜRERS

1503), die Schwertlilien und Päonien kräuseln sich nochmal so zierlich, und wohin
man blickt, regt sich’s von kleinem Leben. Der Pintscher sonnt sich am Boden und
starrt einen Hirschkäfer an, der auf ihn losgeht; das interessiert den Fuchs, der an
seiner Leine herankommt; im dunklen Loch haust das Käuzchen und der Uhu; ein
Papagei hockt auf dem Pfahl der Rasenbank, Rotkehlchen und Specht treiben sich
herum: ein großes Singen und Summen füllt die Sommerluft.
Mit dem Marienleben ist aber die Holzschnittproduktion der Zeit nicht erschöpft.
Es gibt eine ganze Anzahl von Blättern gleichen Stils. Soll man etwas Charakteri-
stisches nennen, so wäre es der Besuch des Antonius bei Paulus (P. 107). Eine
Mönchsgeschichte: das Paar der alten Einsiedler, die am Waldrand zusammensitzen
und denen heute, aus Anlaß des Besuches, der Rabe wunderbar ein Doppelbrot bringt;
sehr anregend in dem Nebeneinander der zwei Figuren und gleichmäßig durchrieselt
von raschen, kurzen Linienwellen (der Entwurf der Sammlung Blasius, L. 141, W. 183,
noch wesentlich abweichend). Die Magdalena (B. 121) vor weitem Meereshinter-
grund gibt dazu den Gegensatz der Schönheit und der ganz entlassenen Schwere.
Dürer hat nichts Vollkommeneres gezeichnet als die Gestalt dieser Frau, die in Engels-
begleitung über der Erde schwebt. Sie soll dann die himmlischen Harmonien gehört
haben, und man glaubt es, so ganz ist die Bewegung in rhythmischen Wohlklang auf-
gelöst. Die Datierung des bedeutenden Blattes auf die Zeit von 1504/5 ist aber durchaus
nicht gesichert. Manches spricht für eine Entstehung erst nach der großen italieni-
schen Reise (vgl. Heidrich, Geschichte des Dürerschen Marienbildes, S. 190). Schon
die Art, wie das untere Engelpaar als Form mit dem Hügel zusammengeht, setzt
ein eigentümlich entwickeltes, großes Sehen voraus.
 
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