NEUER GRAPHISCHER STIL. DIE KLEINERN PASSIONEN
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sant, weil der Widerstand fehlt,
der Knecht am Boden ohne
Kraft in seiner aktiven Be-
wegung und ohne Schwere
im Aufliegen, die Zeichnung
versagt an den entscheiden-
den Punkten, — hier dagegen
ein reicher und eng zusam-
mengeschlossener Bewegungs-
knäuel, nicht mehr Profil- und
Flächendarstellung, sondern
Verkürzung und Drehung, der
Knecht, auf dem Rücken lie-
gend, sucht den Hieb mit der
Laterne zu parieren und stößt
dabei mit dem Fuß den An-
greifer vor die Brust, indem
er gleichzeitig am Mantel ihn
näher heranzieht, damit der
Stoß mehr Wucht bekomme.
Petrus aber in seiner unsiche-
ren Bewegung ist hier der alte
Mann, der er sein soll, und
nicht ein Engel vom Euphrat.
DieVorf ührungen. —Griine
P. (2) 15041), kleine HP. (3),
die vierte Vorführung (Hero-
des) datiert 1509, KP. (2) 1512. Während man sich sonst begnügt nur die Vor-
führung Christi vor den Hohenpriester und vor Pilatus darzustellen, gibt die kleine
Holzschnittpassion mit ihren einfachen Mitteln auch noch die Begegnung mit Hannas
und mit Herodes2). Der psychologische Inhalt der verschiedenen Begegnungen ist nun
zwar nicht derselbe, aber wenn die redende Kunst hier unterscheiden konnte, so re-
duzierte sich für die bildliche Darstellung der Inhalt doch wesentlich auf das eine
Problem: der Gefangene vor der Autoritätsperson. Es sind Variationen über ein ein-
faches Thema, wesentlich formale Exerzitien, die Dürer hier macht.
Er versucht verschiedene Möglichkeiten der räumlichen Stellung. Neben der normalen
Begegnung im Profil, die die grüne Passion allein kennt, gibt er die Begegnung unter
einem Winkel, mit Höhendifferenzen an Stufen empor, ja mit Christus im tiefge-
legten Mittelgrunde wie beim Pilatus der kleinen Holzschnittpassion, wo zudem eine
Zickzackbewegung in die Komposition hineingebracht ist.
Die Behandlung des architektonischen Hintergrundes, bei der grünen Passion noch
Die Gefangennahme (Kleine Holzschnittpassion)
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sant, weil der Widerstand fehlt,
der Knecht am Boden ohne
Kraft in seiner aktiven Be-
wegung und ohne Schwere
im Aufliegen, die Zeichnung
versagt an den entscheiden-
den Punkten, — hier dagegen
ein reicher und eng zusam-
mengeschlossener Bewegungs-
knäuel, nicht mehr Profil- und
Flächendarstellung, sondern
Verkürzung und Drehung, der
Knecht, auf dem Rücken lie-
gend, sucht den Hieb mit der
Laterne zu parieren und stößt
dabei mit dem Fuß den An-
greifer vor die Brust, indem
er gleichzeitig am Mantel ihn
näher heranzieht, damit der
Stoß mehr Wucht bekomme.
Petrus aber in seiner unsiche-
ren Bewegung ist hier der alte
Mann, der er sein soll, und
nicht ein Engel vom Euphrat.
DieVorf ührungen. —Griine
P. (2) 15041), kleine HP. (3),
die vierte Vorführung (Hero-
des) datiert 1509, KP. (2) 1512. Während man sich sonst begnügt nur die Vor-
führung Christi vor den Hohenpriester und vor Pilatus darzustellen, gibt die kleine
Holzschnittpassion mit ihren einfachen Mitteln auch noch die Begegnung mit Hannas
und mit Herodes2). Der psychologische Inhalt der verschiedenen Begegnungen ist nun
zwar nicht derselbe, aber wenn die redende Kunst hier unterscheiden konnte, so re-
duzierte sich für die bildliche Darstellung der Inhalt doch wesentlich auf das eine
Problem: der Gefangene vor der Autoritätsperson. Es sind Variationen über ein ein-
faches Thema, wesentlich formale Exerzitien, die Dürer hier macht.
Er versucht verschiedene Möglichkeiten der räumlichen Stellung. Neben der normalen
Begegnung im Profil, die die grüne Passion allein kennt, gibt er die Begegnung unter
einem Winkel, mit Höhendifferenzen an Stufen empor, ja mit Christus im tiefge-
legten Mittelgrunde wie beim Pilatus der kleinen Holzschnittpassion, wo zudem eine
Zickzackbewegung in die Komposition hineingebracht ist.
Die Behandlung des architektonischen Hintergrundes, bei der grünen Passion noch
Die Gefangennahme (Kleine Holzschnittpassion)