Modellzeichnung zum Paulus. Berlin
Reise. Eigentlich muß man sich aber wundern, daß neben der Historie kein Repräsen-
tationsbild gezeitigt wurde. Das war doch die eigentümliche Note venezianischer
Kunst: das stille repräsentative Dasein mit der feierlichen Resonanz eines einfachen
Architekturmotivs. An Anlässen hätte es doch auch in Deutschland nicht gefehlt.
Marien und Heilige brauchte man fortwährend. Die Gründe liegen offenbar tiefer,
daß Dürer auf die Nischen- und Hallenkomposition nicht eingegangen ist: das Zu-
sammenempfinden von Figur und gestaltetem Raum war ihm versagt. Die nordische
Phantasie überhaupt ist eine malerische und keine architektonische Phantasie. Besser
gesagt: eine Phantasie des bewegten, nicht ruhenden Raums. Die hierhergehörige
Zeichnung einer Maria mit vier Heiligen von 1511 in Wien (L. 521, W. 509) zeigt
den nationalen Unterschied sehr deutlich.
Aber auch das große Bild der Maria mit der Schwertlilie1) in freier Gartenland-
schaft ist keine Entschädigung. Die künstlerische Fragestellung ist eine ziemlich
gleichgültige. Dürer scheint selbst nicht allzuviel von dem Stück gehalten zu haben,
sofern man wenigstens mit Recht die im Briefwechsel mit Heller erwähnte Maria mit
unserm Bilde gleichsetzt. Brief an Heller vom 24. August 15082).
Origineller ist das in Lissabon 1914 aufgetauchte Täfelchen mit einer heiligen Fa-
milie von 1509 (Sammlung van Beuningen, Rotterdam). In raumloser Enge vor