DIE MEISTERSTICHE UND VERWANDTES
257
hat die Wand den dunklen
Ton alten Holzes, und der
Löwe ist im Wert eines fal-
ben Gelb durchaus über-
zeugend ins Bild hinein-
gesetzt.
Das sind prinzipielle Neue-
rungen. Ganz ist man
der Farbbezeichnung al-
lerdings nie aus dem Wege
gegangen, allein hier han-
delt es sich um ein klares
System, neben dem auch
einzelne Versuche aus Dü-
rers malerischer Frühperi-
ode — die Flügel im Großen
Glück sind z. B. farbig
behandelt — nur als zu-
sammenhanglose Bemü-
hungen erscheinen.
Und nun ist es interessant,
daß er trotzdem auf eine
konsequente Durchfüh-
rung des Prinzips sich
nicht einläßt. Die Licht-
grade der Wirklichkeit
sind feiner beobachtet als
früher, aber es fiel Dürer
nicht ein, im Stich eine
genaue Reduktion der far-
bigen Werte geben zu wol-
len, ein verkleinertes Ab-
bild gewissermaßen der bunten Erscheinung: er übertreibt, wo es ihm paßt, die
Lichter und übertreibt die Schatten, das ist das gute Recht, das er für die graphische
Darstellung in Anspruch nimmt. Das Pferd von Ritter, Tod und Teufel hat große,
weiße Stellen, die nicht als bloße Glanzlichter verstanden werden können. Die Kutte
des Hieronymus ist auf der hellen Seite ganz weiß, während doch die Farbe selbst
an der offenen Sonne sich nicht so weit auflichten würde, und entsprechend ist die dem
Licht abgekehrte Seite zu schwarz nach natürlichen Verhältnissen.
Der Holzschnitt ist auf die farbigen Rechnungen gar nicht eingegangen. Nichts lehr-
reicher für die verschiedene Behandlung der Gattungen als eine Vergleichung des
Hieronymus in der Zelle
17 Wölfflin, Dürer.
257
hat die Wand den dunklen
Ton alten Holzes, und der
Löwe ist im Wert eines fal-
ben Gelb durchaus über-
zeugend ins Bild hinein-
gesetzt.
Das sind prinzipielle Neue-
rungen. Ganz ist man
der Farbbezeichnung al-
lerdings nie aus dem Wege
gegangen, allein hier han-
delt es sich um ein klares
System, neben dem auch
einzelne Versuche aus Dü-
rers malerischer Frühperi-
ode — die Flügel im Großen
Glück sind z. B. farbig
behandelt — nur als zu-
sammenhanglose Bemü-
hungen erscheinen.
Und nun ist es interessant,
daß er trotzdem auf eine
konsequente Durchfüh-
rung des Prinzips sich
nicht einläßt. Die Licht-
grade der Wirklichkeit
sind feiner beobachtet als
früher, aber es fiel Dürer
nicht ein, im Stich eine
genaue Reduktion der far-
bigen Werte geben zu wol-
len, ein verkleinertes Ab-
bild gewissermaßen der bunten Erscheinung: er übertreibt, wo es ihm paßt, die
Lichter und übertreibt die Schatten, das ist das gute Recht, das er für die graphische
Darstellung in Anspruch nimmt. Das Pferd von Ritter, Tod und Teufel hat große,
weiße Stellen, die nicht als bloße Glanzlichter verstanden werden können. Die Kutte
des Hieronymus ist auf der hellen Seite ganz weiß, während doch die Farbe selbst
an der offenen Sonne sich nicht so weit auflichten würde, und entsprechend ist die dem
Licht abgekehrte Seite zu schwarz nach natürlichen Verhältnissen.
Der Holzschnitt ist auf die farbigen Rechnungen gar nicht eingegangen. Nichts lehr-
reicher für die verschiedene Behandlung der Gattungen als eine Vergleichung des
Hieronymus in der Zelle
17 Wölfflin, Dürer.