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332

DIE KUNSTALBRECHTDÜRERS


aushob. Der Kardinal
hatte wüste, vorquel-
lende Augen, einen
gemein-sinnlichen,
schwulstigen Mund und
wuchernde Fettmassen
um Kiefern und Kinn.
Es war Dürer zunächst
darum zu tun, das fa-
tale Dominieren des
Untergesichts zu besei-
tigen, darum stülpte er
die Miitze iiber den
Kopf, hinter der man
unwillkürlich einen be-
deutenderen Schädel
ergänzt, als er in Wirk-
lichkeit vorhanden war.
Die monströsen For-
men sind, ohne ihren
eigentlichen Charakter
zu verleugnen, mitDis-
kretion behandelt. Die
Hauptrechnung aber
war, daß in der Profil-
ansicht das am wirk-
samsten sich behaupten
Kurfürst Friedrich von Sachsen. Paris, Sammlung Valton würde, wasindemKopf
wirklich groß war. Die
Kraft der Formbildung, die freilich etvas brutaler Art ist, kommt in dieser Ansicht
so energisch heraus, daß man die bloße Anschwemmungsmasse darüber vergessen
kann. Das kleinformige Wappen ist ein vorteilhafter Kontrast dazu.
Ein zweites Porträt aus dem Jahre 1524 ist mit mehr innerem Anteil gemacht, der
Kurfürst Friedrich von Sachsen, Dürers alter Gönner. In ein fast quadratisches
Feld eng eingepackt gibt er uns den Kopf des (offenbar sitzenden) Modells, schwer
und unbehilflich, aber doch ausgestattet mit der ganzen Kraft des Wollens und Be-
harrens. Die Vorzeichnung bestand in einer Silberstiftstudie nach der Natur (L. 387,
W. 897), nicht größer als der Stich. Dürer muß über ein eminentes Gedächtnis ver-
fügt haben, denn der Stich, zu dem der hohe Herr gewiß nicht noch einmal tagelang
gesessen ist, gibt überall, wo man nachprüft, viel mehr Form als die Zeichnung. Ne-
ben der Präzision der Modellierung von Augenfältchen, Lippen usw. auf der Kupfer-
 
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