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ANMERKUNGEN UND ZUSÄTZE

sition des Gewölks, des Ginsterstrauchs
usw. ist so groß, daß das Abhängigkeits-
verhältnis unmöglich geleugnet werden
kann.
118 J) Durch die Pollaiuolo-Zeichnung von
1495 ist ein Anhalt zur Datierung ge-
geben. H. Tietze u. E. Tietze-Conrat,
Der junge Dürer. Nr. 43 datieren mit
1494 sicher zu früh. Dodgson Nr. 6 hält
1496 fiir wahrscheinlich.
119 Cimas Sebastian, den ich hier abbilde,
ist dem großen Altarbild der Akademie
in Venedig entnommen, fiir das Rudolf
Burckhardt einen gewissen Dragan als
Besteller nachgewiesen hat und das,
nach seiner chronologischen Rechnung,
Dürer in Venedig wohl gesehen haben
kann. Jedenfalls wäre das Motiv für
1495 gesichert durch den übereinstim-
menden Sebastian auf dem Biide bei
Mond (London), das zu dem so datierten
Mittelbild einer Verkündigung in Pe-
tersburg gehört (Burckhardt, Cima da
Conegliano, S. 143). Die Figur ist offen-
bar verwandt mit der typischen Bewe-
gung Peruginos, und Cima muß dabei
als der Empfangende, nicht als der Ge-
bende betrachtet werden. Perugino war
1494 in Venedig gewesen.
3) Es wäre dilettantisch, wenn man die
kahlen Bäume bei Schongauer irgend-
wie anders deuten wollte denn als de-
koratives Linienspiel, von derselben
Empfindung eingegeben, die den Körper
eckig und die Gewandfalten hartbrüchig
haben wollte. Der entblätterte Baum
war eben schöner als der belaubte. Er
wird der Maria im Freien als freund-
liche Begleitung beigegeben und wenn
er auf der Kreuzigung sich findet, so
beweist schon das gleichzeitige Vor-
kommen der Baumkugeln im Hinter-
grunde, daß nicht eine besondere Jahres-
zeit angedeutet werden sollte. Vgl. dazu
Fritz Zink, Die Passions-Landschaft in
der oberdeutschen Malerei und Graphik
des 15. und 16. Jahrhunderts, 1941.
(Würzburger Studien zur Kunstge-
schichte, Hefti, S. 118).

3) Vgl. zur Stellung den Hauptengel auf
B. 66 der Apokalypse, zum Kopf seinen
Nachbarn (Abb. vorn S.71).
122 J) Möglich, daß es doch die Charitinnen
sind, die gleichgesetzt mit den Horen in
der Vierzahl in Pirkheimers Distichen
auftreten. Teutsche Akademie a. a. O.
Er v/endet sich vermutlich gegen van
Mander, het Schilder-Boeck, fol. 208
(le livre des peintres ed. Hymans I, 144).
3) Eine einleuchtende Erklärung der vier
Hexen hat H. Rupprich, Willibald Pirk-
heimer und die erste Reise Dürers nach
Italien. Wien 1930, S. 77 ff. gegeben. Er
läßt die von Sandrart bekämpfte An-
schauung wieder zu Ehren kommen,
mit dem Hinweis auf Vier Distichen in
Pirkheimers Reisetagebuch 1494, worin
von den vier Charitinnen die Rede ist,
die sich in zwei Paaren gegenüberstehen.
,,Von diesem Bildgedicht hat also die
Interpretation für Dürers Stich von den
,,Vier nackten Frauen“ auszugehen.
Denn auch auf ihm stehen die vier
Frauen in gleicher Weise nackt, zweien
(I und II) zugewendet steht eine andere
(III) von zweien (III und IV) während
zv/ei den Beschauer gut anblicken kön-
nen. Zwei der Frauen (I und III) ver-
mögen den Beschauer zu sehen, aber
mit dem Körper zugewendet ist uns nur
eine (IV). — Die mit der Zweizahl in den
Distichen durchgeführte komplizierte
Gruppierung ist bei Dürer auf den ersten
Blick ersichtlich und wird außerdem
durch die verschieden hohe Stellung der
> beiden Paare ausgedrückt. Sie haben
auch den gemeinsamen Schleier.“
De Charitibus
Stant pariter nudae, sed stat conversa
duabus
Altera, quum duae nos bene conspi-
ciunt.
Pinguntur nudae communi velamine:
debet
Nullo infecta bonis gracia adesse viris.
Pinguntur nexae, quod mutua foedera
iungunt
Et duret cunctis gracia temporibus.
 
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