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Als die zuletzt gefundenen Bilder in diesem ihrem gereinigten Zustande aus der Hand des Re-
staurators hervorgegangen waren und der Papst sich anschickte, ihnen einen würdigen Platz in seinen
Sammlungen zu geben, beschloss die römische Stadtbehörde ihrerseits, die beiden zuerst gefundenen, im
kapitolinischen Museum aufbewahrten Bilder dem Papste zu schenken. Der Plan scheint anfänglich auf
Widerspruch gestossen zu sein, da wir berichtet sind, dass die Schenkung schon im April 1850 angeregt
worden, während sie erst am 25. April 1853 wirklich erfolgte. Nunmehr Hess sich auch der Besitzer des
Grundstückes, welcher, wie erwähnt, Eigenthumsrechte an einem Theile des einen der kapitolinischen
Bilder geltend gemacht, erweichen und schenkte seinen streitigen Antheil ebenfalls dem Papste, ein Akt,
welchen der Berichterstatter, der päpstliche Bibliothekar Matranga, in komischer Uebertreibung als ,ge-
nerosissimo e degno di- pcrpHuo mcomio1-' hinstellt.
Im alleinigen Vollbesitze der wichüg-en Bilderreihe bestimmte Pius IX. ihnen denjenigen Platz im
Vatikan, an dem sie noch heute aufbewahrt werden. Es ist dasselbe Zimmer der vatikanischen Bibliothek,
in dem, neben anderen, die berühmte aidobrandinische Hochzeit und die Bilder der wegen seltsamer
Liebesneigungen bekannten Frauen aus Tor Marancia hängen. Unsere Odysseebilder, in der genannten
Weise zu zweien aneinandergefügt und eingerahmt, schmücken die beiden Längswände des Zimmers,
welches zu einer Zeit, da die Bilder der Titusthermen und der Villa Hadrians bereits untergegangen und
weder die wichtige Wanddekoration von Prima Porta ausgegraben noch das sog. Vaterhaus des Tiberius
auf dem Palatin biosgelegt war, in der That nicht nur die wichtigsten, sondern die einzigen wichtigen
antiken Wandgemälde, die man in Rom oder dessen Umgebung gefunden, in seinen Räumen vereinigte.
Der Werthschätzung, die das Oberhaupt der katholischen Kirche unseren Bildern zu Theil werden
liess, entsprach dann auch von Anfang an die Aufmerksamkeit, die sie in der gelehrten Welt erregten;
und wenn sie trotzdem bis heute die eingehende Würdigung, die sie verdienen, in ihrer Gesammtheit
noch nicht gefunden haben, so liegt das vielleicht einerseits daran, dass die ersten gelehrten Beschreiber
und Erklärer sich zu früh, d. h. ehe sie vollständig an's Tageslicht gezogen waren, mit ihnen beschäftigt
und nachher vergessen haben, auf sie zurückzukommen, andererseits daran, dass jenes Zimmer der vati-
kanischen Bibliothek, in dem sie auibewahrt werden, dem Publikum nicht in gleich leichter Weise zu-
gänglich ist, wie die Räume des "Museums.
Die ersten Männer der Wissenschaft, welche den Fund der gelehrten Welt bekannt machten, waren
Noel des Vergers und E. Braun, ersterer im Februarheft des „Bülletino dell Imtiiuio" von 1849, letzterer
etwa um dieselbe Zeit im „Archäologischen Anzeiger" der Gerhard'schen „Denkmäler und Forschungen"
(1849, Nr. 2 S. 27 ff.), beide zu einer Zeit, da nur erst die ersten beiden Laistrygonenbilder und die
Flälfte des dritten zum Vorschein gekommen waren. Manche Irrthümer in ihren Darstellungen erklären
sich daraus, dass ihnen, wie Braun geradezu berichtet, nur eine „flüchtige, fast verstohlene Betrachtung"
gestattet worden war. Seiner Besprechung im „Archäologischen Anzeiger" liess Braun in Nr. 14 des
„Kunstblattes" von 1S49 eine ästhetische Würdigung folgen.
Als im Herbst desselben Jahres die Ausgrabungen auch der übrigen Bilder vollendet waren, war
es zuerst L. Grifi, der Im „Giomale_di Borna'1 vom 14. Nov. 1849 eine Beschreibung der ganzen Reihe
veröffentlichte. Auch er gibt zu, die sechs letzten Tafeln nur im Dunkeln gesehen zu haben, hat aber
im Wesentlichen die Dinge und die Inschriften so angesehen, wie sie noch heute sind, und ist auch in
der Erklärung mancher Einzelheiten verständiger, als es hie und da seine Vorgänger und Nachfolger
gewesen sind. Im „Btäletino dell' Imtituto" (Februarheft 1850) ergänzte darauf E. Braun den vorjährigen
Bericht Noel des Vergers" durch die Beschreibung des grösseren neuen Fundes, obgleich auch er ihn
erst beim schwachen Scheine einer Kerze gesehen zu haben erklärt. Die erste Publikation von Bil-
Anm. I. Auch wir haben sie nicht weiter zu beachten, Sie sind der Vollständigkeit wegen auf
D (vgl. auch E u. F) mit abgebildet. Grundn?.-; und Ausgrab un^sbericlil summen im Wesentlichen aus dem Anm, C
Anm. 2. Der besseren Umrahmung unst-r^r Blätter wegen haben wir diese rolhen Pfeiler wiederholen lassen,
eines jeden Blattes identisch ist mit dem zur Linken des foigenden Blattes, mit Ausnahme der Pfeiler zur Rechten
Tai". VI, welche nicht wiederholt sind, weil zwischen ihnen das /.erstörte Bild von Mauer C, g ausgefallen ist,
Anm. 3. Unsere Nachbildungen sind nach dem Ercgciw' jrügtn An^ln-n der Originale Caksimdirt, haben aber e
Anm. 4. Taf. XLV und SLVI. Text dazu Seite 497. Vgl. „Arch. Anzeiger'' 1852 S. 153.
Anm. 5. Dem ersten Bilde fehlt die Inschrift K|»HNH, dem aweiten fehlen die Inschriften NOMXI und AAlCTfYr0,v|eC'
Gmndriss (Taf. VH) unter A, B
6 zitirten Werke Matranga's.
dass der Pfeiler zur Rechten
Taf. V und zur Linken von
■jin Fünftel der Origirialmj.su;.
dem aus dieser Reihe erfolgte im Jahre 1852 in der „Archäologischen Zeitung" *). Es waren die ersten
beiden Laistrygonenbilder, nach Kopien angefertigt, welche der Papst dem Könige Friedrich Wilhelm IV
von Preussen geschenkt hatte. Dieselben befinden sich jetzt im Antiquarlum des Berliner Museums. Sie
wurden nur einfarbig hthographirt und geben den Stil und Gesammteindruck der Originale nicht wieder,
wie ihnen auch verschiedene Inschriften fehlens). Den Text dazu schrieb Gerhard unter wesentlicher
Berufung auf Braun's ersten Aufsatz und befangen in dem Irrthum, es seien auch damals, 1852, noch
nicht mehr als die ersten drittehalb Bilder ausgegraben, während doch schon im „Bulletino dell fnstüuto"
von 1850 die Geschichte der weiteren Ausgrabungen erzählt war. In demselben Jahre 1852 hielt der
vatikanische Gelehrte D. Pletro Matranga vor der päpstlichen archäologischen Akademie zu Rom einen
ausführlichen Vortrag über unsere Bilder, besonders über die ersten beiden, aus denen er beweisen
wollte, Homers Laistrygonenstadt habe in Terracina, der Vaterstadt des Kardinals Antonelli gelegen.
Diesem gewidmet, erschien der Vortrag im foigenden Jahre zu einem dicken Quartband erweitert nebst
zwei Anhängen, deren erster sich mit der Topographie des Fundorts unserer Bilder beschäftigt, während
der zweite einen ausführlichen Bericht über die Ausgrabung und die weiteren Schicksale der gesammten
Bilderreihe gibt. Diebeiden ersten Bilder sind auch in Matranga s Werke 6) Taf.I u. II publizirt, unabhängig
von den Berlinern, in Umrissen und daher noch weniger den Stil der Originale wiedergebend, auch
keineswegs In allen Stücken richtig, wie z. B. der überhangende Felsen rechts oben auf dem ersten
Bilde irrthümlich zu einem geschlossenen Felsenthore ergänzt ist und der figürliche Theil des zweiten
Bildes an verschiedenen Ungenauigkeiten leidet. Dagegen finden sich auf den folgenden Tafeln, ausser
den faksimilirten Inschriften dieser beiden Bilder, auch verschiedene figürliche Einzelheiten, aus denen
Matranga irgend eine seiner vielen, oft seltsamen, Behauptungen beweisen wollte, in getreuer Umriss-
nachbildung wiedergegeben. Wichtig sind die Tafeln VIII, IX, X, von denen die erste den Grundriss
enthält, dem ich den meinigen unter Weglassung der irreleitenden Neubauten und unter Berichtigung
einiger Verhältnisse nachgebildet habe, während Taf. IX u. X die Aufrisse der Mauern B und C wieder-
geben und mit dem letzteren auch die Gesammtreihe unserer Bilder, so klein und flüchtig jedoch, dass
sie als Publikation nicht gelten kann. An der Richtigkeit aller dieser von Vespignam gemachten Grundrisse
und Aufrisse ist im Allgemeinen nicht zu zweifeln, und man sieht hier deutlich, dass es der Sockelfries
der Wand war, den die Fresken schmückten. Dieser Theil der Wand befindet sich heute wieder unter
der Bodenfläche des Hofes von Nr. 68, und nur ein kleines Stück der Mauer, an welcher unsere Gemälde
gesessen, ist nach den Neubauten noch sichtbar geblieben.
Weitere Publikationen aus unserem Bilderzyklus sind meines Wissens nicht erfolgt, so dass, wie die
ersten beiden hier zum ersten Male in Farbendruck erscheinen, so die übrigen überhaupt zum ersten
Male publizirt werden.
Auch ist seit den genannten Schriften nichts Zusammenhängendes über die Odysseelandschaften
mehr geschrieben worden. PI ervorragen de Männer der Wissenschaft haben ihnen jedoch gelegentlich
ihre Aufmerksamkeit zugewendet7). In neuester Zeit hat W. Heibig wiederholt auf sie hingewiesen und
wichtige Resultate für die Kenntniss der alten Naturpersonifikationen, sowie für die ganze Entwicklungs-
geschichte der hellenistischen Malerei, aus ihrer Betrachtung gewonnen8).
Ueber die Wichtigkeit einer Publikation der gesammten Reihe in stilgetreuen Färbendrucken
sind die Gelehrten unter diesen Umständen längst einig gewesen. Aber auch eine neue zusammen-
fassende und gründliche Besprechung der bedeutenden Gemälde war bei dieser Gelegenheit geboten.
Von welcher Seite man sie auch betrachtet, bieten sie interessante, wichtige und oft neue Gesichtspunkte
dar. Von diesen aus die Bilder zu beleuchten, soll im Folgenden versucht werden.
Anm. 6. „La cittä di Lamo, stabtlita in Terracin.i itVii'i.ru iit dss,:ri^i<>tn- di Omn-o i litte titg'-t anü.,'u di/imfi giä m'i irjatt sull'
Bsqwilino, t qitali la rappresentano. DiscorSO letto mW adunanzii tfeüa pontißiia aecati. mia iionuur.t ,h arclicologia nel gionio XVII die Luglio
MDCCCLII dal socio ordinario D. Fietro Matranga etc. etc." Das Werl; ist nicht mehr zu beschaffen.
Anm. 7. z. B. IL Brunn in „Jahrbücher f. cW-1-crie Philologie" Suppkmcnlband IV S. 2S6 und in der zweiten „Verteidigung derphilo
sl 1-aLisdj.Ln Gc-ni.ildi-" elitnihi Jahrj.;.. 1871 Heft I U. 2.
Anm. 8 „Rhein. Museum" 1869 S. 497 ff.; 1870 S. 393 ff.; „Untersuchungen über die camp am seile Wandmalerei'1, Luzg. 1873. S. 96, 215,
Als die zuletzt gefundenen Bilder in diesem ihrem gereinigten Zustande aus der Hand des Re-
staurators hervorgegangen waren und der Papst sich anschickte, ihnen einen würdigen Platz in seinen
Sammlungen zu geben, beschloss die römische Stadtbehörde ihrerseits, die beiden zuerst gefundenen, im
kapitolinischen Museum aufbewahrten Bilder dem Papste zu schenken. Der Plan scheint anfänglich auf
Widerspruch gestossen zu sein, da wir berichtet sind, dass die Schenkung schon im April 1850 angeregt
worden, während sie erst am 25. April 1853 wirklich erfolgte. Nunmehr Hess sich auch der Besitzer des
Grundstückes, welcher, wie erwähnt, Eigenthumsrechte an einem Theile des einen der kapitolinischen
Bilder geltend gemacht, erweichen und schenkte seinen streitigen Antheil ebenfalls dem Papste, ein Akt,
welchen der Berichterstatter, der päpstliche Bibliothekar Matranga, in komischer Uebertreibung als ,ge-
nerosissimo e degno di- pcrpHuo mcomio1-' hinstellt.
Im alleinigen Vollbesitze der wichüg-en Bilderreihe bestimmte Pius IX. ihnen denjenigen Platz im
Vatikan, an dem sie noch heute aufbewahrt werden. Es ist dasselbe Zimmer der vatikanischen Bibliothek,
in dem, neben anderen, die berühmte aidobrandinische Hochzeit und die Bilder der wegen seltsamer
Liebesneigungen bekannten Frauen aus Tor Marancia hängen. Unsere Odysseebilder, in der genannten
Weise zu zweien aneinandergefügt und eingerahmt, schmücken die beiden Längswände des Zimmers,
welches zu einer Zeit, da die Bilder der Titusthermen und der Villa Hadrians bereits untergegangen und
weder die wichtige Wanddekoration von Prima Porta ausgegraben noch das sog. Vaterhaus des Tiberius
auf dem Palatin biosgelegt war, in der That nicht nur die wichtigsten, sondern die einzigen wichtigen
antiken Wandgemälde, die man in Rom oder dessen Umgebung gefunden, in seinen Räumen vereinigte.
Der Werthschätzung, die das Oberhaupt der katholischen Kirche unseren Bildern zu Theil werden
liess, entsprach dann auch von Anfang an die Aufmerksamkeit, die sie in der gelehrten Welt erregten;
und wenn sie trotzdem bis heute die eingehende Würdigung, die sie verdienen, in ihrer Gesammtheit
noch nicht gefunden haben, so liegt das vielleicht einerseits daran, dass die ersten gelehrten Beschreiber
und Erklärer sich zu früh, d. h. ehe sie vollständig an's Tageslicht gezogen waren, mit ihnen beschäftigt
und nachher vergessen haben, auf sie zurückzukommen, andererseits daran, dass jenes Zimmer der vati-
kanischen Bibliothek, in dem sie auibewahrt werden, dem Publikum nicht in gleich leichter Weise zu-
gänglich ist, wie die Räume des "Museums.
Die ersten Männer der Wissenschaft, welche den Fund der gelehrten Welt bekannt machten, waren
Noel des Vergers und E. Braun, ersterer im Februarheft des „Bülletino dell Imtiiuio" von 1849, letzterer
etwa um dieselbe Zeit im „Archäologischen Anzeiger" der Gerhard'schen „Denkmäler und Forschungen"
(1849, Nr. 2 S. 27 ff.), beide zu einer Zeit, da nur erst die ersten beiden Laistrygonenbilder und die
Flälfte des dritten zum Vorschein gekommen waren. Manche Irrthümer in ihren Darstellungen erklären
sich daraus, dass ihnen, wie Braun geradezu berichtet, nur eine „flüchtige, fast verstohlene Betrachtung"
gestattet worden war. Seiner Besprechung im „Archäologischen Anzeiger" liess Braun in Nr. 14 des
„Kunstblattes" von 1S49 eine ästhetische Würdigung folgen.
Als im Herbst desselben Jahres die Ausgrabungen auch der übrigen Bilder vollendet waren, war
es zuerst L. Grifi, der Im „Giomale_di Borna'1 vom 14. Nov. 1849 eine Beschreibung der ganzen Reihe
veröffentlichte. Auch er gibt zu, die sechs letzten Tafeln nur im Dunkeln gesehen zu haben, hat aber
im Wesentlichen die Dinge und die Inschriften so angesehen, wie sie noch heute sind, und ist auch in
der Erklärung mancher Einzelheiten verständiger, als es hie und da seine Vorgänger und Nachfolger
gewesen sind. Im „Btäletino dell' Imtituto" (Februarheft 1850) ergänzte darauf E. Braun den vorjährigen
Bericht Noel des Vergers" durch die Beschreibung des grösseren neuen Fundes, obgleich auch er ihn
erst beim schwachen Scheine einer Kerze gesehen zu haben erklärt. Die erste Publikation von Bil-
Anm. I. Auch wir haben sie nicht weiter zu beachten, Sie sind der Vollständigkeit wegen auf
D (vgl. auch E u. F) mit abgebildet. Grundn?.-; und Ausgrab un^sbericlil summen im Wesentlichen aus dem Anm, C
Anm. 2. Der besseren Umrahmung unst-r^r Blätter wegen haben wir diese rolhen Pfeiler wiederholen lassen,
eines jeden Blattes identisch ist mit dem zur Linken des foigenden Blattes, mit Ausnahme der Pfeiler zur Rechten
Tai". VI, welche nicht wiederholt sind, weil zwischen ihnen das /.erstörte Bild von Mauer C, g ausgefallen ist,
Anm. 3. Unsere Nachbildungen sind nach dem Ercgciw' jrügtn An^ln-n der Originale Caksimdirt, haben aber e
Anm. 4. Taf. XLV und SLVI. Text dazu Seite 497. Vgl. „Arch. Anzeiger'' 1852 S. 153.
Anm. 5. Dem ersten Bilde fehlt die Inschrift K|»HNH, dem aweiten fehlen die Inschriften NOMXI und AAlCTfYr0,v|eC'
Gmndriss (Taf. VH) unter A, B
6 zitirten Werke Matranga's.
dass der Pfeiler zur Rechten
Taf. V und zur Linken von
■jin Fünftel der Origirialmj.su;.
dem aus dieser Reihe erfolgte im Jahre 1852 in der „Archäologischen Zeitung" *). Es waren die ersten
beiden Laistrygonenbilder, nach Kopien angefertigt, welche der Papst dem Könige Friedrich Wilhelm IV
von Preussen geschenkt hatte. Dieselben befinden sich jetzt im Antiquarlum des Berliner Museums. Sie
wurden nur einfarbig hthographirt und geben den Stil und Gesammteindruck der Originale nicht wieder,
wie ihnen auch verschiedene Inschriften fehlens). Den Text dazu schrieb Gerhard unter wesentlicher
Berufung auf Braun's ersten Aufsatz und befangen in dem Irrthum, es seien auch damals, 1852, noch
nicht mehr als die ersten drittehalb Bilder ausgegraben, während doch schon im „Bulletino dell fnstüuto"
von 1850 die Geschichte der weiteren Ausgrabungen erzählt war. In demselben Jahre 1852 hielt der
vatikanische Gelehrte D. Pletro Matranga vor der päpstlichen archäologischen Akademie zu Rom einen
ausführlichen Vortrag über unsere Bilder, besonders über die ersten beiden, aus denen er beweisen
wollte, Homers Laistrygonenstadt habe in Terracina, der Vaterstadt des Kardinals Antonelli gelegen.
Diesem gewidmet, erschien der Vortrag im foigenden Jahre zu einem dicken Quartband erweitert nebst
zwei Anhängen, deren erster sich mit der Topographie des Fundorts unserer Bilder beschäftigt, während
der zweite einen ausführlichen Bericht über die Ausgrabung und die weiteren Schicksale der gesammten
Bilderreihe gibt. Diebeiden ersten Bilder sind auch in Matranga s Werke 6) Taf.I u. II publizirt, unabhängig
von den Berlinern, in Umrissen und daher noch weniger den Stil der Originale wiedergebend, auch
keineswegs In allen Stücken richtig, wie z. B. der überhangende Felsen rechts oben auf dem ersten
Bilde irrthümlich zu einem geschlossenen Felsenthore ergänzt ist und der figürliche Theil des zweiten
Bildes an verschiedenen Ungenauigkeiten leidet. Dagegen finden sich auf den folgenden Tafeln, ausser
den faksimilirten Inschriften dieser beiden Bilder, auch verschiedene figürliche Einzelheiten, aus denen
Matranga irgend eine seiner vielen, oft seltsamen, Behauptungen beweisen wollte, in getreuer Umriss-
nachbildung wiedergegeben. Wichtig sind die Tafeln VIII, IX, X, von denen die erste den Grundriss
enthält, dem ich den meinigen unter Weglassung der irreleitenden Neubauten und unter Berichtigung
einiger Verhältnisse nachgebildet habe, während Taf. IX u. X die Aufrisse der Mauern B und C wieder-
geben und mit dem letzteren auch die Gesammtreihe unserer Bilder, so klein und flüchtig jedoch, dass
sie als Publikation nicht gelten kann. An der Richtigkeit aller dieser von Vespignam gemachten Grundrisse
und Aufrisse ist im Allgemeinen nicht zu zweifeln, und man sieht hier deutlich, dass es der Sockelfries
der Wand war, den die Fresken schmückten. Dieser Theil der Wand befindet sich heute wieder unter
der Bodenfläche des Hofes von Nr. 68, und nur ein kleines Stück der Mauer, an welcher unsere Gemälde
gesessen, ist nach den Neubauten noch sichtbar geblieben.
Weitere Publikationen aus unserem Bilderzyklus sind meines Wissens nicht erfolgt, so dass, wie die
ersten beiden hier zum ersten Male in Farbendruck erscheinen, so die übrigen überhaupt zum ersten
Male publizirt werden.
Auch ist seit den genannten Schriften nichts Zusammenhängendes über die Odysseelandschaften
mehr geschrieben worden. PI ervorragen de Männer der Wissenschaft haben ihnen jedoch gelegentlich
ihre Aufmerksamkeit zugewendet7). In neuester Zeit hat W. Heibig wiederholt auf sie hingewiesen und
wichtige Resultate für die Kenntniss der alten Naturpersonifikationen, sowie für die ganze Entwicklungs-
geschichte der hellenistischen Malerei, aus ihrer Betrachtung gewonnen8).
Ueber die Wichtigkeit einer Publikation der gesammten Reihe in stilgetreuen Färbendrucken
sind die Gelehrten unter diesen Umständen längst einig gewesen. Aber auch eine neue zusammen-
fassende und gründliche Besprechung der bedeutenden Gemälde war bei dieser Gelegenheit geboten.
Von welcher Seite man sie auch betrachtet, bieten sie interessante, wichtige und oft neue Gesichtspunkte
dar. Von diesen aus die Bilder zu beleuchten, soll im Folgenden versucht werden.
Anm. 6. „La cittä di Lamo, stabtlita in Terracin.i itVii'i.ru iit dss,:ri^i<>tn- di Omn-o i litte titg'-t anü.,'u di/imfi giä m'i irjatt sull'
Bsqwilino, t qitali la rappresentano. DiscorSO letto mW adunanzii tfeüa pontißiia aecati. mia iionuur.t ,h arclicologia nel gionio XVII die Luglio
MDCCCLII dal socio ordinario D. Fietro Matranga etc. etc." Das Werl; ist nicht mehr zu beschaffen.
Anm. 7. z. B. IL Brunn in „Jahrbücher f. cW-1-crie Philologie" Suppkmcnlband IV S. 2S6 und in der zweiten „Verteidigung derphilo
sl 1-aLisdj.Ln Gc-ni.ildi-" elitnihi Jahrj.;.. 1871 Heft I U. 2.
Anm. 8 „Rhein. Museum" 1869 S. 497 ff.; 1870 S. 393 ff.; „Untersuchungen über die camp am seile Wandmalerei'1, Luzg. 1873. S. 96, 215,