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Erstes Buch. II. Die Kunst der Pyrenäenhalbinsel von 1550 bis 1750.
der Grieche, der Fremde, trotz der venezianischen Grundlagen seiner Kunst immer als der
eigenwillige Zukunftsmeister, dessen Art in Spanien keine Nachfolge fand.
Von den Schülern el Grecos ging keiner auf fein Überkünstlertum ein. Pedro
Orrente, der „spanische Bassano", der 1644 in Toledo starb, aber schulbildend in Valen-
cia gewirkt hatte, knüpfte, wie seine frühen Bilder in der Kathedrale zu Toledo (die An-
betung der Könige, die Anbetung der Hirten, der hl. Jldefonfo) zeigen, an den venezia-
nischen Jugendstil seines Meisters an, dem er, wie es z. B. in seiner Anbetung der Hirten im
Prado hervortritt, die plastische Rundung der Anhänger Caravaggios (S. 64) gesellte, um
sich dann mit lebhafter Beobachtung der Tierwelt einer selbständigen Nachahmung der Tier-
züge und Landschaftsfernen der Bassani (S. 76) zuzuwenden, die mit zahlreichen Bildern in
Madrid vertreten waren. Ihren: Vortrag nach sind aber die Gestalten auch dieser Bilder
tastbarer in: Helldunkel gerundet als die der Bassani. Charakteristisch sind Orrentes alt-
testamentliche Wanderzüge in Madrid, ist aber auch seiue „Begegnung Jakobs und Rahels"
in Dresden. Unter seinen acht Gemälden des Pradomuseums verzichten einige sogar auf die
Einfügung biblischer Vorgänge, um reine Naturbilder mit Hirten und Herden zu schildern.
Frisch aufgefaßt, markig und farbig gemalt, bezeichnen sie eine Bereicherung des Stoffgebietes
und der Naturauffassung der spanischen Malerei. Theotocöpulis Schüler Juan Bautista
Mayno (1569—1649) dagegen schuf sich einen formen- und farbenfrohen Übergangsstil,
der, wie feine Anbetung der Könige in Madrid und seine Anbetung der Hirten in Peters-
burg zeigen, manchmal an die blonde Frühzeit Caravaggios (S. 64) erinnert; und Luis
Tristan (1586—1640), der meistgenannte Schüler Grecos, als dessen Hauptschöpfungen
seine großen Altarwerke in der Pfarrkirche zu Pepes und in Santa Clara zu Toledo gelten,
nähert sich, formenfest und farbentief mit dunkeln Schatten und Hellen Lichtern, manchmal
sogar der Art Riberas (S. 65).
Ji: Valencia, dessen Künstlern Alcahali ein nicht besonders kritisches Lexikon gewidmet
hat, folgte auf Juanes (S. 117) sofort Francisco Ribalta (um 1555—1628), der hier den
Übergang ins 17. Jahrhundert kraftvoll einleitet. Seine Lehrjahre in Italien hatte Ribalta gut
benutzt. Vielleicht hatte er Correggios Werke in Parma selbst kennengelernt. Sicher hatte
Sebastiano del Piombo (Bd. 4, S. 415) es ihn: angetan. Nach Valencia heimgekehrt, tritt Ri-
balta uns in zahlreichen Bildern als ein Meister entgegen, der, wie ich vor Jahren in Valencia
niederschrieb, „die spanische Kunst in ihrem Durchgangspunkt zur Selbständigkeit vertritt,
schon ganz Kolorist in: Sinne einheitlicher Tonmalerei und magischen Helldunkels ist, aber
noch recht feste Forme:: und Verkürzungen mit seiner Eigenheit zu verbinden weiß". Mit
feuriger Glaubensinbrunst beseelt er feine lebenswarmen spanischen Typen. Knieend um-
drängen die Jünger die Tafel auf feinen: gefeierten „Abendmahl" im Colegio del Patriarca
zu Valencia (1605). Erschütternd wirkt die Grablegung seines prächtigen Flügelaltars in
derselben Kirche. Innig durchgeistigt und frei gestaltet erscheint sein hl. Bruno in: Museum
von Valencia, in den: noch eine Reihe anderer Bilder Ribaltas das nahezu völlig gereifte
Können der neuen spanischen Malerei zeigen. Die Freiheit der großen Vollender des neuen
spanischen Stils aber lassen selbst so wegweisende Schöpfungen Ribaltas wie der hl. Franz,
den: der geigende Engel erscheint, in Madrid, und der hl. Franz, der von dem Gekreuzigten
seine Dornenkrone erhält, in Valencia, noch vermissen.
Der älteste der ganz großen und ganz freien spanischen Meister des neuen Zeitalters
bleibt Ribaltas Schüler Jusepe de Ribera, den wir, obgleich er Spanier vom Scheitel
Erstes Buch. II. Die Kunst der Pyrenäenhalbinsel von 1550 bis 1750.
der Grieche, der Fremde, trotz der venezianischen Grundlagen seiner Kunst immer als der
eigenwillige Zukunftsmeister, dessen Art in Spanien keine Nachfolge fand.
Von den Schülern el Grecos ging keiner auf fein Überkünstlertum ein. Pedro
Orrente, der „spanische Bassano", der 1644 in Toledo starb, aber schulbildend in Valen-
cia gewirkt hatte, knüpfte, wie seine frühen Bilder in der Kathedrale zu Toledo (die An-
betung der Könige, die Anbetung der Hirten, der hl. Jldefonfo) zeigen, an den venezia-
nischen Jugendstil seines Meisters an, dem er, wie es z. B. in seiner Anbetung der Hirten im
Prado hervortritt, die plastische Rundung der Anhänger Caravaggios (S. 64) gesellte, um
sich dann mit lebhafter Beobachtung der Tierwelt einer selbständigen Nachahmung der Tier-
züge und Landschaftsfernen der Bassani (S. 76) zuzuwenden, die mit zahlreichen Bildern in
Madrid vertreten waren. Ihren: Vortrag nach sind aber die Gestalten auch dieser Bilder
tastbarer in: Helldunkel gerundet als die der Bassani. Charakteristisch sind Orrentes alt-
testamentliche Wanderzüge in Madrid, ist aber auch seiue „Begegnung Jakobs und Rahels"
in Dresden. Unter seinen acht Gemälden des Pradomuseums verzichten einige sogar auf die
Einfügung biblischer Vorgänge, um reine Naturbilder mit Hirten und Herden zu schildern.
Frisch aufgefaßt, markig und farbig gemalt, bezeichnen sie eine Bereicherung des Stoffgebietes
und der Naturauffassung der spanischen Malerei. Theotocöpulis Schüler Juan Bautista
Mayno (1569—1649) dagegen schuf sich einen formen- und farbenfrohen Übergangsstil,
der, wie feine Anbetung der Könige in Madrid und seine Anbetung der Hirten in Peters-
burg zeigen, manchmal an die blonde Frühzeit Caravaggios (S. 64) erinnert; und Luis
Tristan (1586—1640), der meistgenannte Schüler Grecos, als dessen Hauptschöpfungen
seine großen Altarwerke in der Pfarrkirche zu Pepes und in Santa Clara zu Toledo gelten,
nähert sich, formenfest und farbentief mit dunkeln Schatten und Hellen Lichtern, manchmal
sogar der Art Riberas (S. 65).
Ji: Valencia, dessen Künstlern Alcahali ein nicht besonders kritisches Lexikon gewidmet
hat, folgte auf Juanes (S. 117) sofort Francisco Ribalta (um 1555—1628), der hier den
Übergang ins 17. Jahrhundert kraftvoll einleitet. Seine Lehrjahre in Italien hatte Ribalta gut
benutzt. Vielleicht hatte er Correggios Werke in Parma selbst kennengelernt. Sicher hatte
Sebastiano del Piombo (Bd. 4, S. 415) es ihn: angetan. Nach Valencia heimgekehrt, tritt Ri-
balta uns in zahlreichen Bildern als ein Meister entgegen, der, wie ich vor Jahren in Valencia
niederschrieb, „die spanische Kunst in ihrem Durchgangspunkt zur Selbständigkeit vertritt,
schon ganz Kolorist in: Sinne einheitlicher Tonmalerei und magischen Helldunkels ist, aber
noch recht feste Forme:: und Verkürzungen mit seiner Eigenheit zu verbinden weiß". Mit
feuriger Glaubensinbrunst beseelt er feine lebenswarmen spanischen Typen. Knieend um-
drängen die Jünger die Tafel auf feinen: gefeierten „Abendmahl" im Colegio del Patriarca
zu Valencia (1605). Erschütternd wirkt die Grablegung seines prächtigen Flügelaltars in
derselben Kirche. Innig durchgeistigt und frei gestaltet erscheint sein hl. Bruno in: Museum
von Valencia, in den: noch eine Reihe anderer Bilder Ribaltas das nahezu völlig gereifte
Können der neuen spanischen Malerei zeigen. Die Freiheit der großen Vollender des neuen
spanischen Stils aber lassen selbst so wegweisende Schöpfungen Ribaltas wie der hl. Franz,
den: der geigende Engel erscheint, in Madrid, und der hl. Franz, der von dem Gekreuzigten
seine Dornenkrone erhält, in Valencia, noch vermissen.
Der älteste der ganz großen und ganz freien spanischen Meister des neuen Zeitalters
bleibt Ribaltas Schüler Jusepe de Ribera, den wir, obgleich er Spanier vom Scheitel