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Woermann, Karl
Geschichte der Kunst aller Zeiten und Völker (6): Die Kunst der jüngeren Neuzeit von 1750 bis zur Gegenwart — Leipzig: Bibliographisches Institut, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.66532#0123

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Die deutsche Malerei. Rade. Chodowiecki.

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verliehen. Beide Richtungen kreuzen sich in dem Meister, der jedenfalls über die akademische
Schablone hinausstrebte. Klengels Dresdener Bilder, wie die Abendlandschaft mit Apoll rind
den Herden Admets und die arkadische Landschaft mit dem Wasserfall, kennzeichnen seine
Durchschnittsart. Klengels Dresdener Mitschüler Christoph Nathe(1753—1808),vondem
sich nur Wasserfarbblätter, z. B. in Berlin, erhalten haben, wirkt in seiner frischen, unmittel-
baren Naturnähe bereits als Vorläufer des Impressionismus.
Auch im Berlin Friedrichs des Großen gaben, wie wir schon gesehen haben (Bd. 5,
S. 429), um die Mitte des 18. Jahrhunderts noch französische Meister den Ton an. Charles
Amedee Philippe van Loo (1719 bis nach 1790) wurde gleich 1751 Hofmaler des
großen Königs, Blaise Nicolas Lesueur (1716 — 82) wurde nach Antoine Pesnes (1683
bis 1757) Tode Direktor der Berliner Kunstakademie.
In Berlin geboren aber waren die jüngeren Mitglieder der ihrerzeit gefeierten, unter
sich verschwägerten Bildnismalerfamilien Lisiewski und Matthieu, deren gefällige und
geschmeidige Kunst noch im Boden des Rokokos wurzelte. Der Stammvater der Familie,
der Pole Georg Lisiewski (1674—1746), wurde auf Kosten des Baumeisters Eosander
von Goethe (Bd. 5, S. 389) in Berlin ausgebildet, wo er sich niederließ. Sein Sohn und
seine Töchter spielten als Hofmaler und Hofmalerinnen in deutschen Ländern eine Rolle.
Ain bedeutendsten war sein Enkel Georg David Matthieu (1736—78), über den Stein-
mann und Witte ein Buch veröffentlicht haben. Er wurde schon 1762 mecklenburgischer Hof-
maler in Ludwigslust; Bilder seiner Hand lernt man an: besten in: Schweriner Museum kennen.
Der erste in Berlin geborene Maler aber, der in seiner Vaterstadt (1783) Akademie-
direktor wurde, war Christian Bernhard Rode (1725—97), ein Schüler Pesnes und van
Loos (Bd. 5, S. 429), der wie diese doch noch in: Rokokorausch befangen war. Zahlreiche
blühende, leicht hingeworfene Deckengemälde seiner Hand in Berliner und Potsdamer Schlössern,
z. B. in: Elisabethsaal des Berliner Schlosses, denen sich Altarblütter wie die Kreuzabnahme
in der Marienkirche zu Berlin anschließen, zeigen seine geschickte Art, ohne sonderlichen Auf-
wand von Geist oder Kraft den ihn: gestellten Aufgaben gerecht zu werden.
Schüler Rodes, wenigstens im Aktzeichnen, war dann der erste selbständig und eigenartig
empfindende deutsche Künstler, der Danziger Daniel Chodowiecki (1726—1809), dessen
Gesamtwirken Dettingen und Kämmerer geschildert haben. Als Dilettant hatte er in einen:
Ladengeschäft mit der Herstellung kleiner Schmelzbilder für Dosendeckel begonnen. So
wenig wie diese zeigen seine immer noch rokokohast empfundenen kleinen Ölbilder, wie „die
Gesellschaft in: Tiergarten" in Leipzig, das Blindekuhspiel, der Hahnenschlag und die Bild-
nisse im Kaiser-Friedrich-Museun: zu Berlin, ein selbständig bedeutsames Gesicht. Aufsehen
erregte jedoch 1767, zunächst des damals vielbesprochenen Gegenstandes, doch auch seiner an-
schaulichen Wiedergabe seelischer Znstände wegen, sein Ölgemälde des Abschieds des unschuldig
verurteilten Calas von den Seinen, das in die Berliner Nationalgalerie ausgenommen worden
ist. Die Vervielfältigung dieses Bildes führte Chodowiecki zur Kupferätzung, die nun sein
eigentliches Lebenselement wurde. Seine Radierungen, die Engelmarn: zusammengestellt hat,
gehören zu den feinsten Blättern ihrer Zeit. Es sind Buchillustralionen, Almanachfolgen
und Einzelblätter. Der: Klassizismus machte Chodowiecki, wo der Gegenstand es mit sich
brachte, aus gewisser Entfernung mit. In seinen bürgerlich-sittenbildlicher: Darstellungen
aber, die seine Stärke sind, folgte er, wenn auch nicht ganz manierfrei, der Natur und dem
Leber:, den: Geiste der Zeit und seinem eigenster: Empfinden, das sich als schlichtes deutsches
 
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