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Woermann, Karl
Geschichte der Kunst aller Zeiten und Völker (6): Die Kunst der jüngeren Neuzeit von 1750 bis zur Gegenwart — Leipzig: Bibliographisches Institut, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.66532#0263

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Die schwedische Malerei. Die Einigrantemnaler.

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3. Die skandinavische Malerei von 1815 bis 1848.
Zwischen 1815 und 1848 gab es eine bodenständige Malerei in Schweden nur erst in
dürftigen Ansätzen. Schwedische Kenner selbst bezeichnen noch heute die schwedische Kunst als
Treibhauspflanze. Sie bodenständig zu machen, wurde 1846 »luter der Leitung N. M. Mandel-
grens, des Herausgebers der „Monuments scandinaves du Moyenage", die „Künstlergilde"
gegründet, die mit der Feder jedoch erfolgreicher war als mit dem Pinsel. Bis 1848 bietet
die schwedische Malerei, wie sie uns von Gaufsin und voll Nordensvan geschildert worden, der
allgemeinen Kunstgeschichte nur wellig Anknüpfungspunkte dar. Durch Deutschland zogen
die jungen schwedischen Künstler nach Paris und nach Rom. Daß jeder Maler in Rom
gewesen sein müsse, galt in Schweden wie in Deutschland beinahe als selbstverständlich.
Diese „römische" Periode der schwedischen Malerei trat aber erst in den dreißiger und
vierziger Jahren stärker hervor. Voll den noch im 18. Jahrhundert geborenen schwedischen
Malern zeigen immerhin einige noch ein einigermaßen besonderes Gesicht. Dies gilt vor allem
von dem Landschaftsmaler Karl Johann Fahlkrantz (1774—1861), der, scholl Zu Anfang
des Jahrhunderts angesehen, noch während dieses ganzen Zeitraums seinen Platz in der schwedi-
schen Kunst behauptete. Sein Ziel ist die nordische romantisch-poetische Stimmungslandschaft,
wie sie Carus in Dresden predigte und, freilich in anderer Art, Kaspar David Friedrich malte.
Es lnliß Fahlkrantz hoch angerechnet werden, daß er, als ihm 1805 akademische Reise-
gelder bewilligt wurden, darum nachsuchte und die Erlaubnis erhielt, sie zu Reisen in seiner
nordischen Heimat benutzen zu dürfen. Steigerte er die Wälder, Felsen und Küsten Schwedens
ins Große und Phantastische, so war das sein Künstlerrecht; und stattete er sie mit bald kräf-
tigeren, bald zarteren, oft ungewöhnlichen Farbenwirkungen wie Violett und Rosa aus, so er-
reichte er gerade durch sie die seelischen Stimmungen, die er erstrebte. Doch reichten seine
Kräfte nur selten so weit, auch die Nachwelt zu überzeugen. Das Stockholmer Nationalmuseum
besitzt seill „Schloß Kalmar im Mondschein" und zwei kleine romantische Landschaften feiner
Hand. Reich ist er in den schwedischen Königs- und Herrenschlössern vertreten.
Von den Figurenmalern hatten Fredrik Westin (1782—1862), der seinen Zeitgenossen
als der schwedische Rafael oder Correggio erschien, und Johann Gustaf Saudberg (1782
bis 1854), der der schwedischen Bildnismalerei kräftige Akzente verlieh, noch nicht die Alpen
überschritten. Westins flaue Kunst kennzeichnet seine Verklärung Christi in der Jakobskirche
zu Stockholm. Sandbergs Hauptwerk sind feine 1831—36 entstandenen Fresken aus der Ge-
fchichteGustav Wasas imDom zuUpsala, deren sittenbildlicheZüge ihre Gesamtwirkung schwächen.
Die jüngeren, erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts geborenen schwedischen „Emigranten-
maler" können hier nicht hergezählt werden. Karl Wahlboom (1810—58), der schon in
Paris gelernt hatte, war zunächst strammer Zeichner zu Gesängen Ossians und der Edda,
dann vor allen: tüchtiger Pferde- und Tierzeichner und daher auch Schlachtenmaler. Sein
Tod Gustav Adolfs in der Schlacht bei Lützen von 1855 in Stockholm zeigt die Entwickelungs-
stufe, der er angehört. In Paris und in Rom gewesen war aber auch Niels Johann Ols-
fon Blommer (1816—53), dessen ganzes Streben dennoch der Verherrlichung der schwedi-
schen Natur und der schwedischen Sagen- und Märchenwelt galt. Seine mit nordischen
Fabelwesen bevölkerten Landschaften erinnern manchmal an die Art unseres Schwind, manch-
mal in: voraus an die Kunst Böcklins. Bilder wie sein Nöck mit Ägirs Töchtern von 1850
in Stockholm sind malerisch und poetisch zugleich empfunden.
 
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