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Woltmann, Alfred; Holbein, Hans [Ill.]
Holbein und seine Zeit (1. Band): Des Künstlers Familie, Leben und Schaffen — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.70660#0229
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MALER UND FORMSCHNEIDER.

eine treue Nachahmung des Meifters, fondern die Originalzeichnung felber
giebt. Dafs feinfinnige Kunftkenner dies klare Verhältnifs nicht verftan-
den und als das Verdient eines Einzigen anfahen was dem Zufammen-
wirken von zwei Künftlern zu danken ift, hat feinen Grund darin, dafs
die technifchen Fortfehritte, welche die Formfehneider felbft machen,
gleichzeitig mit der Theilnahme der Maler beginnen und zunehmen.
Aber dies ift ganz natürlich. Dafs Meifter erften Ranges fie nach ihren
Zeichnungen arbeiten liefsen, übte Einflufs auf die Formfehneider, liefs
fie wachfen mit ihren gröfseren Zwecken. Die künftlerifche Anleitung
bildete fie felbft zu Künftlern aus.
Dabei ift freilich felbftverftändlich, dafs fich der Maler im Allge-
meinen das Verftändnifs der Technik angeeignet haben wird, welche
feine Erfindungen vervielfältigen follte. Diefes brauchte er, um zu wiffen,
was er ihr zumuthen darf und was nicht. Hiefür legt ein Brief Conrad
Peutinger's an den Kaifer Maximilian Zeugnifs ab, wo über die Holz-
fchnittwerke verhandelt wird, welche der Kaifer zu Augsburg machen
liefs. »Der Formfehneider, fo die Form zu Ew. Majeftät Gefchlecht (d.
h. des Kaifers Genealogie, nach Zeichnungen Burckmair's) bisher gefchnitten
hat, ift hinterrücks und ohne mein Wiffen von hier weg, und ich kann
nicht erkunden, wann er wiederkommt; da nun fonft keiner, der folches
könnte, zu Augsburg ift, werde ich deshalb von dem heillofen Manne
an Ew. Majeftät Arbeit verhindert, will aber, foviel an mir ift, allen
Fleifs daran wenden, dafs ich ihn oder einen Andern zu wegen bringe;
der Maler allhie ift ganz gefchickt dazu1)«. Das läfst uns einen klaren
Einblick in die Verhältniffe thun; Burckmair, der Maler, wenn er auch
nicht zu fchneiden pflegt, verfteht fich doch auf die Sache, und im Noth-
falle, wenn kein Formfehneider in Augsburg aufzutreiben ift, will Peu-
tinger ihn zu gewinnen fuchen, um die angefangene Arbeit zu vollenden.
In folcher Weife mag auch Dürer fich auf den Holzfchnitt verftanden
und wohl einmal einen Verfuch darin gemacht haben. Dagegen haben
wir durch Neudörffer die beftimmte Nachricht, dafs die Hauptwerke
unter den Holzfchnitten von Dürer's Compofition durch Meifter Hiero-
nymus Refch, genannt Jeronymus Andre, zu Nürnberg gefchnitten
find, der als der Erfte und Gefchicktefte in diefer Arbeit galt. In einem
gleichen Verhältnifs fleht Joft de Necker in Augsburg zu Hans Burck-
mair. Oft aber fielen die Erfindungen der grofsen Meifter auch ' fehr
geringen Formfehneidern in die Hände, was fich durch die Ungleich-
artigkeit der Arbeiten vielfach in recht greller Weife kundgiebt.
Soviel im Allgemeinen vom Verhältnifs des Malers zu den Arbeiten

9 Th. Herberger, C. Peutinger in feinem Verhältnifs zum Kaifer Maximilian, Augs-
burg 1851. p. 3°-
 
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