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Woltmann, Alfred; Holbein, Hans [Ill.]
Holbein und seine Zeit (1. Band): Des Künstlers Familie, Leben und Schaffen — Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1874

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https://doi.org/10.11588/diglit.70660#0460
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4°4

HOLZSCHNITTE, SPOTTBILDER, MINIATUREN.

an Thomas Solimar, Secretär des Königs: »Darum bitte ich Dich noch,
dafs Du fo angelegentlich als möglich in meinem Namen Alle grüfseft,
mit denen Du jnich durch Umgang und Freundfchaft verbunden weifst:
Herrn Thomas Cranmer, den Erzbifchof von Canterbury ...., Herrn Cor-
nelius Heyfs, meinen Wirth, den Goldfchmied des Königs, Herrn Nicolaus
Kratzer, den königlichen Aftronomen, diefen Mann, der, in allen Ehren,
von Witzen, Poffen, launigen Einfällen ganz voll fleckt, Herrn Hanfen,
den königlichen Maler, den Apelles unferer Zeit. Ihnen wünfche und
erbitte ich von Herzen alles Frohe und Glückliche!« — Nicht nur in einer
Reihe mit feinem Landsmann Kratzer, den Holbein fchon vor Jahren
gemalt hatte, fondern auch mit dem englifchen Reformator wird Holbein
hier erwähnt. Dafs er mit diefem indefs fonft in Beziehungen geftanden,
ift nicht bekannt; ein Bildnifs des Erzbifchofs Cranmer von feiner Hand
giebt es nicht. Der Vierte des Kreifes, des Königs Goldfchmied, Corne-
lius Hayes, wird häufig fowohl in den Ausgaberegiftern des königlichen
Haushalts als der königlichen Privatfchatulle erwähnt.
Bourbon's Brief ift gleich nach feiner Abreife von England gefchrie-
ben, wo er ein Jahr in der Nähe des Hofes gelebt hatte. Seine Gefchichte
bietet das Bild folcher Humaniften- und Poeten - Exiftenzen, an welchen
das 16. Jahrhundert reich ift. Audi er war einer jener Männer ohne be-
ftimmten und geregelten Lebensberuf, die an den Höfen ihr Glück zu
machen fuchten, den höchften Wechfel äufserer Verhältniffe erfuhren,
ihre Heimat da fanden, wo gerade fich ihnen eine günftige Stätte bot,
und ohne eigentlich bedeutende pofitive Leitungen auf literarifchem Ge-
biete aufweifen zu können, fich doch durch ihren Geift und ihr Erfülltfein
mit der Bildung der Zeit einen Platz unter dem nächften Kreife der
Monarchen und Vornehmen ficherten. Im Jahre 1503 war Nicolaus
Bourbon zu Vandoeuvre unweit Bar-fur-Aube geboren und hatte fich
fchon im Alter von fünfzehn Jahren als Dichter gezeigt. In der Folge
gelangte er an den Hof Franz I. von Frankreich und kam namentlich
bei deffen Schwefter, der Königin Margarethe von Navarra, in Gunft
Aber ein Umfchlag in feinen Vermögensverhältniffen machte ihn plötzlich
arm und einige anzügliche Stellen in feinen Gedichten, namentlich zu freie
Äufserungen in religiöfer Beziehung, zogen ihm Verfolgung zu. Er ward
im Jahre 1534 ins Gefängnifs geworfen und kam nur durch Verwendung
Heinrich's VIII. frei. Durch Anna Boleyn, Welche am franzöfifchen
Hofe ihre frühere Jugend verlebt hatte, und durch den Leibarzt Dr. Butts
hatte er den König gewonnen. Jetzt, gegen 1535, ging er nach England,
und die Verbindungen, welche er bereits befafs, verfchafften ihm die
günftigfte Aufnahme, er wirkte als Lehrer und zwar bei Jünglingen
der vornehmften Kreife, auch ein Neffe der Königin, Henry Carey,
fpäter Lord Hunsdon, war darunter. Im Jahre 1536 kehrte er in die
 
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