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EXCURSE.
der Narrheit) ist zuerst 1511, die Lucian-Uebersetzung 1514 erschienen,
die lateinische Uebersetzung des Neuen Testaments und die erste Aus-
gabe des Hieronymus kamen 1516 heraus. Auch die Haltung des Eras-
mus, der sich nach rechts wendet, ist ganz geeignet, um derjenigen des
nach links schauenden Aegidius zu entsprechen; und nur das Grössen-
verhältniss stimmt nicht, indem das Bild in Hampton Court bedeutend
kleiner ist. Auch die Behandlung zeigt, dass dieses Bild nicht Quintin's
Original ist, sondern nur eine alte Copie nach der Doppeltafel sein kann.
Ja wir kennen sogar das Gegenstück dieser Copie, ein Bildniss des Petrus
Aegidius im Museum zu Antwerpen, das dort fälschlich als Erasmus von
Holbein hängt und auch von dem berühmten Maler Hendrik Leys irrthüm-
lich seinen verschiedenen Darstellungen des Erasmus zu Grunde gelegt
worden ist. Dass ein Bucli in der Hand des Mannes noch von seinem Titel
die Buchstaben:...S.ERAS.R... erkennen lässt, war wohl der Grund
zu dieser falschen Benennung. Die Höhenmasse differiren etwas, die
Breitenmasse sind beinahe gleich '), es kann eine Verkleinerung des
Bildes in Hampton Court stattgefunden haben. Das Original von dem
Erasmusporträt des Quintin Massys fehlt uns also noch immer.
Hinsichtlich der Doppeltafel von Masfys hat der oberflächliche bel-
gische Kunstschriftsteller Michiels im vierten Bande seiner histoire de la
peinture ssamande, S. 304, eine neue Verwirrung anzurichten gesucht;
er theilt, ohne im Uebrigen von der Correspondenz des Erasmus irgend
welche Kenntniss zu haben, die Verse More's auf die Bilder mit, die er
einer abgeleiteten Quelle entnommen, liest aber im 18. Verse des
zweiten Gedichtes statt indidisse ligno „incidisse" und folgert nun, Quintin
habe die Porträts in Holz geschnitten. Die Michiels'sche Lesart kommt
nirgend vor und ist an der Stelle ausserdem metrisch unmöglich, denn
incidisse ist in der zweiten Sylbe lang, aber der Phaläcische Vers ver-
langt an dieser Stelle einen Trochäus. Seine grosse Entdeckung posaunt
dann der leichtsinnige Autor mit folgenden Worten aus: „Fante d'aroir
In ou compris ce morceau, Rathgeber, Immerzeel et Felibien, qui le cite
tout entier, ont cru qu'il s agissait d'wi tableau. Pierre Aegidius ne tenait
pas non plus a la inain comme ils l'ont dit une lettre de Thomas Morus,
inais une lettre destinee au chancelier." Herr Michiels kann nämlich nicht
genug Latein, um das „ipsi littera scripta" im vierten Verse richtig zu
vergehen, und hat die vorhergehende Ueberschrift des ersten Gedichtes,
welche die genauere Beschreibung giebt, nie gelesen. Er ist aber naiv
genug, sich durch die unmittelbar folgenden Worte selbst ein Urtheil zu
sprechen: „Transcrire des vers, en corriger les eprenves saus en chercher
la signification, c'est prodigieux".
1) Das Bild in Antwerpen (aus der van I das in Hampton Court h. 0,50, br. 0,45.
Eertborn'schen Sammlung) h. 0,60, br. 0,47, 1
EXCURSE.
der Narrheit) ist zuerst 1511, die Lucian-Uebersetzung 1514 erschienen,
die lateinische Uebersetzung des Neuen Testaments und die erste Aus-
gabe des Hieronymus kamen 1516 heraus. Auch die Haltung des Eras-
mus, der sich nach rechts wendet, ist ganz geeignet, um derjenigen des
nach links schauenden Aegidius zu entsprechen; und nur das Grössen-
verhältniss stimmt nicht, indem das Bild in Hampton Court bedeutend
kleiner ist. Auch die Behandlung zeigt, dass dieses Bild nicht Quintin's
Original ist, sondern nur eine alte Copie nach der Doppeltafel sein kann.
Ja wir kennen sogar das Gegenstück dieser Copie, ein Bildniss des Petrus
Aegidius im Museum zu Antwerpen, das dort fälschlich als Erasmus von
Holbein hängt und auch von dem berühmten Maler Hendrik Leys irrthüm-
lich seinen verschiedenen Darstellungen des Erasmus zu Grunde gelegt
worden ist. Dass ein Bucli in der Hand des Mannes noch von seinem Titel
die Buchstaben:...S.ERAS.R... erkennen lässt, war wohl der Grund
zu dieser falschen Benennung. Die Höhenmasse differiren etwas, die
Breitenmasse sind beinahe gleich '), es kann eine Verkleinerung des
Bildes in Hampton Court stattgefunden haben. Das Original von dem
Erasmusporträt des Quintin Massys fehlt uns also noch immer.
Hinsichtlich der Doppeltafel von Masfys hat der oberflächliche bel-
gische Kunstschriftsteller Michiels im vierten Bande seiner histoire de la
peinture ssamande, S. 304, eine neue Verwirrung anzurichten gesucht;
er theilt, ohne im Uebrigen von der Correspondenz des Erasmus irgend
welche Kenntniss zu haben, die Verse More's auf die Bilder mit, die er
einer abgeleiteten Quelle entnommen, liest aber im 18. Verse des
zweiten Gedichtes statt indidisse ligno „incidisse" und folgert nun, Quintin
habe die Porträts in Holz geschnitten. Die Michiels'sche Lesart kommt
nirgend vor und ist an der Stelle ausserdem metrisch unmöglich, denn
incidisse ist in der zweiten Sylbe lang, aber der Phaläcische Vers ver-
langt an dieser Stelle einen Trochäus. Seine grosse Entdeckung posaunt
dann der leichtsinnige Autor mit folgenden Worten aus: „Fante d'aroir
In ou compris ce morceau, Rathgeber, Immerzeel et Felibien, qui le cite
tout entier, ont cru qu'il s agissait d'wi tableau. Pierre Aegidius ne tenait
pas non plus a la inain comme ils l'ont dit une lettre de Thomas Morus,
inais une lettre destinee au chancelier." Herr Michiels kann nämlich nicht
genug Latein, um das „ipsi littera scripta" im vierten Verse richtig zu
vergehen, und hat die vorhergehende Ueberschrift des ersten Gedichtes,
welche die genauere Beschreibung giebt, nie gelesen. Er ist aber naiv
genug, sich durch die unmittelbar folgenden Worte selbst ein Urtheil zu
sprechen: „Transcrire des vers, en corriger les eprenves saus en chercher
la signification, c'est prodigieux".
1) Das Bild in Antwerpen (aus der van I das in Hampton Court h. 0,50, br. 0,45.
Eertborn'schen Sammlung) h. 0,60, br. 0,47, 1